Start Wirtschaft Avorion: Wie verkauft man eigentlich 285.000 Spiele auf Steam? (Update)

Avorion: Wie verkauft man eigentlich 285.000 Spiele auf Steam? (Update)

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Konstantin Kronfeldner hat sich mit der Boxelware GmbH einen Kindheitstraum erfüllt (Foto: Boxelware)
Konstantin Kronfeldner hat sich mit der Boxelware GmbH einen Kindheitstraum erfüllt (Foto: Boxelware)

Das im fränkischen Erlangen ansässige Indie-Studio Boxelware hat von „Avorion“ 285.000 Stück via Steam verkauft – für Tarife zwischen 18 und 25 Euro. Wie geht das?

Update vom 23. März 2020: Zwei Wochen nach dem offiziellen Verkaufsstart von „Avorion“ am 9. März melden die fränkischen Entwickler erste Absatzzahlen. Demnach wurden seit Ende der Early-Access-Phase mehr als 25.000 Exemplare zum Preis von je 24,99 Euro verkauft. In Summe wurden mehr als 285.000 Spiele abgesetzt. Die Zahl der täglich aktiven Spieler (DAU = Daily Active Users) beziffert Boxelware mit 13.000.

Meldung vom 23. Oktober 2019:

„Hallo, mein Name ist Konstantin. Ich habe mit der Arbeit an ‚Avorion‘ vor vier Jahren begonnen, als Hobbyprojekt parallel zu meinem Studium.“

So beginnt der Text der Kickstarter-Kampagne zum Sandbox-Weltraumspiels „Avorion“, mit der jener Konstantin Kronfeldner im April 2016 den Grundstein für sein Studio gelegt hat. Die Boxelware GmbH ist mittlerweile in der Innenstadt von Erlangen ansässig – nur einen Steinwurf vom idyllischen Schlossgarten entfernt.

Knapp 500 Unterstützer haben damals fast 17.000 Euro für dieses Spiel beigesteuert, das die Entwickler grob mit „Minecraft in Space“ umschreiben. Das Ziel: ein Weltraumspiel zu entwickeln, „bei dem die Raumschiffe auch an der Stelle kaputt gehen, wo sie angeschossen werden.“ Mit dem selbstgebauten Geschoss stürzen sich die Spieler in Weltraumschlachten, die in einer prozedural, also immer wieder neu generierten Galaxie mit unterschiedlichen Fraktionen stattfinden.

Seit Januar 2017 befindet sich „Avorion“ nun in der Test-Phase („Early Access“) der Online-Plattform Steam. Mehr als eine Viertelmillion Exemplare wurden in den zweieinhalb Jahren abgesetzt, zum Stückpreis von 17,99 Euro. Durchschnittliche Bewertung bei über 3.700 User-Reviews: „Sehr positiv“ – ein außergewöhnlicher Wert.

Für 2020 ist der offizielle Verkaufsstart geplant.

Unendliche Weiten: Die Galaxien in "Avorion" werden prozedural generiert (Abbildung: Boxelware)
Unendliche Weiten: Die Galaxien in „Avorion“ werden prozedural generiert (Abbildung: Boxelware)

Avorion-Macher Konstantin Kronfeldner: „Hauptsache: Später mal was mit Computerspielen!“

Im GamesWirtschaft-Interview verrät der 31jährige Jungunternehmer, wie er es angestellt hat, quasi aus dem Nichts ein Studio mit fünf Mitarbeitern aufzubauen.

GamesWirtschaft: Konstantin, du sagst, du hättest dir mit der Entwicklung von „Avorion“ einen Kindheitstraum erfüllt. Wie genau sah der aus?

Kronfeldner: Der Kindheitstraum ist simpel: Ich wollte schon immer Spieleentwickler oder -tester werden. Hauptsache: Später mal was mit Computerspielen zu tun haben! Ich habe auch schon immer  mit Lego gespielt und bin schon ewig Sci-Fi-Fan. In „Avorion“ kommt also für mich wirklich alles zusammen.

Wie habt ihr die Entwicklung des Spiels finanziell und technisch gestemmt? Von wem gab es Unterstützung – was erwies sich als Bremse?

„Avorion“ war ursprünglich ein Hobbyprojekt von mir. Nach einigen Jahren Entwicklung habe ich gemerkt, dass ich da ja mittlerweile ein richtiges Spiel habe – und habe dann alles in die Wege geleitet, um es auf Steam zu bekommen.

Das Ganze war also von Anfang an ein Herzensprojekt, gelebt habe ich damals von meinem Nebenjob als Werkstudent. Als das Spiel dann im Dezember 2015 durch Steam Greenlight kam, habe ich Philipp (Erhardt, Entwickler, Anm. d. Red.) an Bord geholt, und wir haben im April 2016 einen erfolgreichen Kickstarter über 15.000 Euro durchgezogen.

Das Geld war in erster Linie für bisherige Unkosten – und um ein bisschen Geld für Assets, etwa Musik, und sonstige Ausgaben parat zu haben. An Gehälter war damals überhaupt nicht zu denken. Philipp und ich haben da noch keinen Cent am Spiel verdient. Erst mit dem Release im Early Access Anfang 2017 haben wir dann tatsächlich Geld verdient – durch die Einnahmen von Steam-Verkäufen.

Auf der technischen Seite ist das Spiel mit einer selbstgeschriebenen Engine umgesetzt. Das liegt schlicht daran, dass es zuerst ein privates und nicht auf Profit ausgelegtes Projekt war, an dem ich mich einfach neben dem Informatikstudium austoben wollte. Heute würde ich mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer fertigen Engine wie Unreal arbeiten.

Konstantin Kronfeldner (links) beschäftigt in der Boxelware GmbH mittlerweile fünf Festangestellte (Foto: Boxelware)
Konstantin Kronfeldner (links) beschäftigt in der Boxelware GmbH mittlerweile fünf Festangestellte (Foto: Boxelware)

Was natürlich alle Indie-Entwickler brennend interessiert: Wie genau schafft man es, 250.000 Einheiten via Steam abzusetzen?

Ich denke, da gibt es kein vorgefertigtes Erfolgsrezept. Wichtig ist natürlich zunächst einmal, ein Spiel zu haben, das Spaß macht, recht stabil läuft und das eine gewisse Nische füllt. Man muss eine Community aufbauen. Diese nimmt einem dann auch viel Arbeit ab, indem sie sich gegenseitig hilft und moderiert, Guides herauskommen und die Leute ihren Freunden von dem Spiel erzählen.

Ansonsten sind wir ständig dabei, „Avorion“ zu verbessern, Updates herauszubringen und die Community einzubinden, womit diese begeistert bleibt und das Spiel weiterhin gerne spielt. Für uns als Sandbox-Game-Entwickler ist die Entwicklung ein Marathon, kein Sprint.

Angesichts der Flut an Spielen ist es für jedes Indie-Studio schwer, auf dem Radar von Presse und Influencern aufzutauchen. Wie habt ihr es angestellt? Beziehungsweise: War das überhaupt nötig?

Wir haben vor dem Launch Streamer und Youtuber ausfindig gemacht, die auf Weltraumspiele stehen und die Spiele gespielt haben, die so ähnlich sind wie „Avorion“. Ich habe monatelang nach solchen Influencern gesucht und ihnen Vorab-Exemplare von „Avorion“ zukommen lassen.

Ein relativ großer Youtuber, der nur Weltraum-Games spielt und deswegen eine für uns perfekte Zielgruppe bedient, hat „Avorion“ dann tatsächlich gespielt. Einfach aus persönlichem Interesse, ohne Honorar. Das war der wichtigste Boost kurz vor Launch.

Dadurch haben wir viele Wishlist-Einträge bekommen und am ersten Tag viele Verkäufe und durch die passende Zielgruppe gute Bewertungen. So sind wir dann in die Top-Seller in Steam gerutscht, was die Sache noch massiv verstärkt hat. Natürlich haben wir auch klassische Print-Medien und Games-Webseiten kontaktiert, aber da hat man es leider als Newcomer mit einem noch nicht einmal veröffentlichten Spiel schwer.

Steam-Hit "Avorion": Aus unterschiedlichen Komponenten und Materialien baut der Spieler sein persönliches Raumschiff (Abbildung: Boxelware)
Steam-Hit „Avorion“: Aus unterschiedlichen Komponenten und Materialien baut der Spieler sein persönliches Raumschiff (Abbildung: Boxelware)

Für 2020 ist der „Full Release“ geplant. Welche Schritte und Vorbereitungen sind bis dahin noch erforderlich?

Wir möchten noch einige Updates veröffentlichen, bevor der Full Release dann schließlich kommt. Wir würden gerne noch mehr Inhalte wie Events, Waffen, Endbosse, Feinde und aber vor allem Missionen in „Avorion“ einbauen, denn momentan ist man noch ein wenig auf sich alleine gestellt in der komplexen Sandbox-Welt.

Und natürlich haben wir noch einige Kanten abzuschleifen und Bugs zu fixen. Im Prinzip möchten wir alle Ungereimtheiten loswerden, die man einer Early-Access-Version vielleicht verzeiht, die aber in einer 1.0- Version nichts mehr zu suchen haben.

Welche Vision für die weitere Entwicklung der Firma und des Teams hast du? Wie soll das Setup auf Sicht von ein, zwei, drei Jahren aussehen?

Unser Team hat momentan eine sehr angenehme Größe von fünf festangestellen Personen. Wir wollen uns in der Zeit nach dem 1.0-Release um einige kostenlose Updates, aber auch DLCs kümmern und „Avorion“ für die nächsten Jahre noch weiter supporten.

Deswegen wird das Team wohl zunächst nicht so stark wachsen. Für die Zeit danach haben wir aber neue Projekte geplant, und dafür brauchen wir zumindest noch eine weitere Stelle: einen 3D-Artist! Den haben wir momentan nämlich tatsächlich gar nicht, denn in Avorion ist alles prozedural generiert. In diesem Bereich ist also definitiv noch Luft nach oben.