
Nächste Etappe in der FIFAisierung des E-Sport: Das Königreich Saudi-Arabien organisiert ab 2024 den Esports World Cup.
FIFA-Boss Gianni Infantino und Superstar Cristiano Ronaldo (spielt derzeit für den saudischen Klub al-Nassr FC) saßen in der ersten Reihe, um der Ankündigung von Mohammed bin Salman zu lauschen: Der Kronprinz und Premierminister von Saudi-Arabien will ab 2024 den Esports World Cup alljährlich in der Hauptstadt Riad ausrichten – auch der dazugehörige Pokal wurde bereits präsentiert.
Die Veranstaltung ersetzt das Gaming-Festival Gamers8 und ist jeweils für den Sommer geplant, um den temperaturbedingt schwächelnden Tourismus in diesem Zeitraum anzukurbeln.
Saudi-Arabien will mit massiven Investitionen die bislang fossile Wirtschaft diversifizieren und soll sich nach Vorstellung des Monarchen zu einem Gaming-Hotspot entwickeln – mit Events, Studios und Turnieren. Dazu hat das Land unter anderem den Kölner E-Sport-Veranstalter ESL für eine Milliarde Dollar übernommen und das Unternehmen mit einem britischen Wettbewerber zur ESL Faceit-Gruppe verschmolzen. Deren Vorsitzender – ESL-Gründer Ralf Reichert – wird seinen Posten aufgeben und die WM-Organisation übernehmen.
Um das Interesse kommerzieller E-Sport-Organisationen am Esports World Cup müssen sich die Ausrichter mutmaßlich wenig Sorgen machen, denn das Land winkt mit dem „höchsten Preisgeld der E-Sport-Geschichte“. Völlig unklar ist indes zur Stunde, welche E-Sport-Disziplinen überhaupt zur Anwendung kommen. Denn die Rechte liegen bekanntlich bei den jeweiligen Spieleherstellern, die ihrerseits eigene Turniere und Ligen betreiben.
Mit Blick auf potenzielle Kandidaten werden die Ausrichter insbesondere um die Zuneigung westlicher Publisher werben müssen, zu denen es via ESL teilweise schon bestehende Verbindungen gibt:
- Valve (USA): Counter-Strike 2, Dota 2
- Microsoft / Activision Blizzard (USA): Call of Duty, Overwatch
- Electronic Arts (USA): EA Sports FC 24, Apex Legends
- Epic Games (USA): Fortnite, Rocket League
- Ubisoft (Frankreich): Rainbow Six: Siege
- Tencent Games (China): League of Legends, Valorant, Arena of Valor, Clash of Clans, Brawl Stars, Clash Royale
- Bytedance (China): Mobile Legends: Bang Bang
Praktisch aus Sicht der Organisatoren: Saudi-Arabien ist über den Staatsfonds bereits substanziell an einigen der genannten Unternehmen beteiligt und hält etwa knapp 10 Prozent an Electronic Arts. Dieser Anteil wurde erst im Sommer 2023 aufgestockt – möglicherweise im Vorgriff auf Einfluss hinsichtlich einer E-Sport-WM.
Die staatliche Savvy Games Group hat außerdem Milliarden-Beträge in Embracer, Take-Two, Activision Blizzard, Nintendo oder Capcom investiert. Zuletzt wurde die Übernahme des Mobilegames-Entwicklers Scopely abgeschlossen.
Ungeachtet umgesetzter und geplanter Reformen steht Saudi-Arabien weiterhin in der Kritik von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch – auch hinsichtlich von Imagepflege in Form von ‚Sportswashing‘. Im Vorgriff der als Formsache geltenden Vergabe der FIFA-Fußball-WM 2034 an Saudi-Arabien wurde unter anderem der Umgang des Deutschen Fußballbunds (DFB) mit dem Königreich als „wirklich beschämend“ eingestuft – der Fußball habe nichts aus der Causa Katar gelernt und mache sich „zum Handlanger“.
Hintergründe zur E-Sport-Strategie von Saudi-Arabien lesen Sie in diesem Beitrag.
Wenn gaming zum Propagandainstrument wird dann haben wir einen neuen Tiefpunkt der etisch-moarlischen Menscheitskriese erreicht!
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