Start Sport Eintracht Spandau-Chef Baltes: „Wir brauchen langsam echt mal einen Pokal“

Eintracht Spandau-Chef Baltes: „Wir brauchen langsam echt mal einen Pokal“

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Christian Baltes, ab 1.1.24 Geschäftsführer bei Eintracht Spandau
Christian Baltes, ab 1.1.24 Geschäftsführer bei Eintracht Spandau

Zum 1. Januar 2024 übernimmt Christian Baltes die Geschäftsführung von Eintracht Spandau – eine Herausforderung, die ihn „gleichermaßen ehrt und mit Demut erfüllt“.

Vereinsheim, Ultras, Mitgliederversammlungen, Präsidium – Eintracht Spandau soll sich wie ein ‚richtiger‘ Klub anfühlen und dadurch Fan-Nähe herstellen. Bislang betreibt das E-Sport-Joint-Venture der Agenturen Instinct3 und Jung von Matt Nerd nur eine einzige Disziplin: League of Leagends – und zwar in der höchsten deutschen Spielklasse Prime League.

Dies soll sich demnächst ändern – eine Aufgabe für Christian Baltes, der zum Jahreswechsel die Nachfolge von Johannes Gorzel in der Geschäftsführung von Eintracht Spandau antritt. Im GamesWirtschaft-Interview skizziert der ‚Neue‘, welche Schwerpunkte er setzen will.

Christian Baltes: „Ich brenne total für das, was ich jeden Tag tue.“

GamesWirtschaft: Christian, du hast eine beeindruckende Karriere hingelegt – vom Community Manager zum Senior Product Manager und Product Director und jetzt zum Geschäftsführer. Was treibt dich an?

Baltes: Wie viele im E-Sport habe ich damals im Ehrenamt angefangen. Das war 2012 für die Community-Website joinDOTA, für die ich erst den Matchticker befüllte, später dann die Liga mitadministrierte und schließlich sogar News schrieb.

Trotzdem war mir bis zu meinem Praktikum und dann baldigen Festanstellung bei Freaks 4U Gaming absolut nicht bewusst, dass man im Gaming/E-Sport auch als Nicht-Profispieler tatsächlich arbeiten kann. Davor war für mich das in etwa so wie ‚Rockstar‘ sein – das gibt es ja auch nicht als Ausbildungsberuf. Sein Hobby zum Beruf machen zu dürfen ist ein absolutes Privileg, denn ich brenne total für das, was ich jeden Tag tue.

Als ich dann hörte, dass auf der anderen Seite der Havel ein eigenes E-Sport Team geplant wird, war mir direkt klar, dass dies mein absoluter Traumjob wäre: Einen integralen Teil in der deutschen E-Sport-Szene spielen zu können, diese mitzuprägen und zum Besseren hin mitentwickeln zu können – besser geht’s ja gar nicht.

Nach über zwei Jahren Eintracht Spandau bekomme ich jetzt die Zügel komplett in die Hand – eine Herausforderung, die mich gleichermaßen ehrt wie mit Demut erfüllt. Ich werde aber weiterhin einfach mit voller Leidenschaft dafür kämpfen, dass wir eine Vorreiterrolle im deutschen E-Sport einnehmen.

Seit Anfang 2023 bist du Product Director: Was war dein wichtigstes ‚Learning‘ in dieser Zeit?

Für mich stand das gesamte Jahr unter dem Stern der „Reise zur Geschäftsführung“. Das bedeutet, dass ich unter anderem von Hendrik Ruhe und Johannes Gorzel immer wieder Coachings und Einblicke in die Arbeit als Geschäftsführer erhielt, um mich auf meine neue Rolle nächstes Jahr vorzubereiten.

Die wichtigsten Learnings waren dabei sicherlich Resilienz, das aktive Steuern meiner Aufmerksamkeitsökonomie sowie die Erkenntnis, nicht mehr alles selbst anpacken zu können, sondern besser in der Führungsrolle zu deligieren und Andere zu empowern.

Fans und Präsidium wünschen sich ja dringend was Haptisches für die Vitrine. Wie sieht der Masterplan für Titel und Trophäen aus?

Ich habe volles Vertrauen in die sportliche Arbeit, die das Team rund um Kevin Westphal leistet und bin mir sicher, dass wir früher oder später unseren Fleiß auch mit einem Titel belohnen dürfen. Ansonsten müssen wir wohl einen Wettbewerb erfinden, bei dem wir sicher gewinnen, denn wir brauchen langsam echt mal einen Pokal.

Eintracht Spandau ist mit Blick auf Positionierung und Anteilseigner ja ein sehr besonderer ‚Verein‘. In welchen Bereichen siehst du das größte Potenzial bzgl. Vermarktung und Reichweite?

Ich glaube, dass viele Teams überschätzen, wie viel Wert in der Internationalisierung liegt. Für uns war es bisher fast schon ein USP, dass unsere Fanbase nahezu komplett deutschsprachig ist. Das macht uns natürlich genau für Brands interessant, die mit ihren Budgets den DACH-Markt bespielen wollen.

Ansonsten ist uns immer wichtig, dass wir etwas zu erzählen haben – egal wie es sportlich gerade läuft. Dass sportlicher Erfolg nicht garantiert werden kann, haben wir in den letzten zwei Jahren ja schmerzhaft lernen müssen. Umso wichtiger, dass wir durch unsere Art des Storytellings das ganze Jahr über große Reichweiten generieren und garantieren können. Das macht uns – bei aller Bescheidenheit – zum Marktführer und zur besten Option für Marken, die in der deutschen League of Legends-Szene werben möchten.

Wie blickst du auf die deutsche E-Sport-Landschaft, die ja zuletzt durch weniger schöne Schlagzeilen von sich reden machte? In welchem Zustand ist der Profi-Betrieb aus deiner Sicht?

Es wundert mich nicht, dass vor allem die E-Sport Branche in der aktuellen Wirtschaftslage gelitten hat. Gerade in Franchise-Ligen hatte man als Außenstehender oft das Gefühl, dass einige Teams da einfach nur Geld verbrennen und das muss aufhören. Daher war es von Anfang an unser Anspruch, einen nachhaltigen Business-Case aufzubauen und insbesondere beim Sportbudget keine Luftschlösser zu bauen.

Trotzdem war dieses Jahr für uns wie für viele andere Unternehmen auch außerhalb des E-Sports wirtschaftlich herausfordernd. Ich bin mir aber sicher, dass wir es durch die aktuelle Marktkonsolidierung schaffen und danach der E-Sport Markt gesünder als vorher aufgestellt ist.

Eintracht Spandau heißt League of Legends. Ist eine Ausweitung auf andere Disziplinen denkbar beziehungsweise sinnvoll?

So viel kann ich schon einmal sagen: 2024 wird Eintracht Spandau nicht nur in League of Legends sportlich aktiv sein. Schon im Januar spielen wir in einer neuen Liga. (Anm. d. Red. Im Nachgang zum Interview wurde öffentlich, dass sich das Unternehmen dem Fußball-Segment zuwenden wird).