Start Politik Lobbyregister kommt: Einigung zwischen Union und SPD (Update)

Lobbyregister kommt: Einigung zwischen Union und SPD (Update)

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Als Lobbyverband sucht der Game-Verband die Nähe der Politik - hier Geschäftsführer Felix Falk mit CSU-Digitalpolitikerin Dorothee Bär und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) während der Gamescom 2019 (Foto: GamesWirtschaft)
Als Lobbyverband sucht der Game-Verband die Nähe der Politik - hier Geschäftsführer Felix Falk mit CSU-Digitalpolitikerin Dorothee Bär und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) während der Gamescom 2019 (Foto: GamesWirtschaft)

Amthor und die Folgen: Die Chef-Einflüsterer von Lobbyverbänden sollen Termine mit Ministern und Abgeordneten offenlegen – doch das Lobbyregister bleibt umstritten.

Update vom 3. Juli 2020: Die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD haben sich heute auf die Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters verständigt. Geplanter Termin: Herbst 2020.

Man habe eine Lösung gefunden, die „deutlich mehr Transparenz herstellt, ohne dass der wichtige Kontakt zu Abgeordneten erschwert wird“, hieß es von Unions-Seite.

Die Regierungskoalition verweist insbesondere auf den verpflichtenden Charakter des Lobbyregisters: Verstöße gegen die Registrierungspflicht sollen künftig als Ordnungswidrigkeit gelten und ein Bußgeld nach sich ziehen.

Meldung vom 30. Juni 2020: Die deutsche Fleischwarenindustrie, die Klein- und Obstbrenner, die Gipsindustrie und der Chaos Computer Club – sie alle und mehr als 2.300 weitere Initiativen, Berufs- und Branchenverbände sind in der sogenannten „Lobbyliste“ des Deutschen Bundestags aufgeführt.

Ebenfalls in der amtlichen Lobbyliste vertreten: der eSport-Bund Deutschland (ESBD) und der Verband der deutschen Games-Branche, kurz: Game – beide mit Sitz in Berlin. Namentlich hinterlegt sind der jeweilige Vorstand samt Geschäftsführung und jene Personen, die im Auftrag des Verbands handeln. Im Falle des Game sind dies die Mitarbeiter der politischen Kommunikation, der Pressesprecher und der Chefjurist.

Die Liste ist bei weitem nicht vollständig, denn die Eintragung ist freiwillig – so sind Unternehmen oder Kanzleien darin nicht enthalten, was beispielsweise die Aufklärung von Scheuers Maut-Affäre mutmaßlich erheblich beschleunigen würde. Die Registrierung führt allenfalls dazu, dass Verbände wie der Game oder der ESBD zu Anhörungen geladen und zur Abgabe von Stellungnahmen aufgefordert werden.

Amthor und die Folgen: Kommt das Lobbyregister?

Die weiterhin ungeklärten Facetten der Nebentätigkeit von CDU-Nachwuchspolitiker Philipp Amthor lassen nun Forderungen nach einem ‚richtigen‘ Lobbyregister lauter werden, um bereits den Anschein von Hinterzimmer-Kungelei oder gar Korruption zu unterbinden.

Denn natürlich ist Lobbyismus als solcher gleichermaßen legitim wie unverzichtbar: Minister, Fraktionen, Partei-Funktionäre, Ausschuss-Mitglieder und Abgeordnete stehen zwangsläufig in regelmäßigem Austausch mit den für sie „zuständigen“ Interessensgruppierungen – wer sich wann mit wem zu welchem Thema bespricht, lässt sich allerdings selten nachvollziehen.

Denn bislang finden regelmäßig Treffen zwischen einflussreichen Politikern und Lobby-Gruppierungen statt, ohne dass die Öffentlichkeit davon erfährt – etwa jener laue Frühlingsabend im April 2019, als sich die Kanzlerin im Vorfeld der Computerspielpreis-Verleihung bei Buffet und Weißwein mit Verbands-Spitzen und Unternehmern austauschte. Ebenfalls mit am Kanzlertisch: Haushaltspolitiker Rüdiger Kruse (CDU) und Merkels Digitalbeauftragte Dorothee Bär (CSU). Die Presse war bei diesem Treffen nicht zugegen – zumindest nicht offiziell.

Unterhielten sich über den deutschen Spiele-Markt: Game-Geschäftsführer Felix Falk und Kanzlerin Angela Merkel
Unterhielten sich über den deutschen Spiele-Markt: Game-Geschäftsführer Felix Falk und Kanzlerin Angela Merkel

Geschadet hat der Dialog jedenfalls nicht: Wenige Monate später stimmte Haushälter Kruse jenen 50 Millionen Euro zu, die der Branchenverband als jährlichen Subventions-Bedarf für die darbende Industrie errechnet hatte. Sein Argument: „Der Entwicklerstandort Deutschland muss gestärkt werden, da wir bei der Spiele-Entwicklung im internationalen Vergleich noch hinterher hinken“ – schöner hätte es der Verband kaum formulieren können.

Mittlerweile sprechen sich nicht nur Verbraucherzentralen und Initiativen wie Transparency International, Lobbycontrol und Abgeordnetenwatch für ein Lobbyregister aus – selbst mächtige Branchenverbände wie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sind dafür. Credo: Je mehr Transparenz, desto besser – nicht zuletzt mit Blick auf das Vertrauen der Bevölkerung in politische Entscheidungsprozesse und Gesetzgebungsverfahren.

Game-Geschäftsführer Felix Falk mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beim Rundgang auf der Gamescom 2017 (Foto: Franziska Krug / Getty Images for Game)
Game-Geschäftsführer Felix Falk mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beim Rundgang auf der Gamescom 2017 (Foto: Franziska Krug / Getty Images for Game)

Die genaue Ausgestaltung ist allerdings heftig umstritten: FDP, Linke und Grüne wollen sich nach eigenem Bekunden für ein umfassendes Lobbyregister einsetzen – entsprechende Vorstöße waren in der Vergangenheit jedoch regelmäßig am Widerstand der Regierungskoalition gescheitert. Mindestens CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak will das Register noch in dieser Legislaturperiode – also vor Herbst 2021 – auf den Weg bringen.

Die unter serienmäßigem Vetternwirtschafts-Verdacht stehende EU ist an diesem Punkt übrigens schon weiter: Abgeordneten des Europäischen Parlaments müssen öffentlich machen, mit welchen Lobbyisten und registrierten Verbänden sie sich treffen.