Start Politik Bayern zockt: Die bittere Bilanz des Fußball-EM-Projekts

Bayern zockt: Die bittere Bilanz des Fußball-EM-Projekts

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Bayerns Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) und BFV-Präsident Christoph Kern beim 'Bayern zockt'-Finale am 13. Juli in Augsburg (Foto: BFV / Simone Hörmann)
Bayerns Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) und BFV-Präsident Christoph Kern beim 'Bayern zockt'-Finale am 13. Juli in Augsburg (Foto: BFV / Simone Hörmann)

Die gute Nachricht: Die umstrittene EM-Aktion Bayern Zockt hat dem Steuerzahler weniger gekostet als geplant. Das Ergebnis fällt trotzdem ernüchternd aus.

450.000 €. In Worten: vierhundertfünfzigtausend Euro.

Auf dieses sportliche Volumen belief sich die Zusage des Bayerischen Digitalministeriums im Sommer vergangenen Jahres gegenüber dem Bayerischen Fußballverband (BFV) für das Projekt „E-Sport trifft auf Fußballvereine im Rahmen der EM 2024“.

Der unverhoffte Geldsegen stammte aus einem „Sonderbudget“ zur Fußball-Europameisterschaft, die auch in München Station machte. Der Verband wollte damit EA Sports FC-Online-Matches samt einem Final-Event sowie E-Sport-Abende in Vereinsheimen (‚TeamNights‘) finanzieren.

In Deutschlands E-Sport-Szene, die unterjährig um jeden Förder-Euro und die Anerkennung ehrenamtlichen Wirkens kämpft, herrschte von Anfang an mittelgroße Fassungslosigkeit – erstens, weil das Projekt bilateral zwischen Verband und Ministerium eingetütet wurde. Und zweitens wegen der schieren Dimension der veranschlagten Subventionen.

So ätzte der E-Sport-Bund Deutschland (ESBD): „Für ein EM-Happening mal eben knapp eine halbe Million rauszuhauen, kann weder nachhaltig noch fördernd für den lokalen E-Sport sein.“

Das Digitalministerium reagierte verschnupft und beklagte fehlende Rückendeckung bei der gemeinsamen Mission.

Mittlerweile sind die Wogen geglättet. Doch die Frage bleibt: Für welche Leistungen wurde das viele (Steuer-)Geld eigentlich konkret eingesetzt? Genau an dieser Transparenz mangelte es vom Start weg: Die Behörde von Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) verwies auf die operative Zuständigkeit des Fußballverbands – dort wurden Anfragen unter Verweis auf „Vertragsdetails“ routiniert wegmoderiert.

Bayern zockt: Die bittere Bilanz des Fußball-EM-Projekts

Ziemlich genau ein Jahr nach der Ankündigung legt das Digitalministerium auf GamesWirtschaft-Anfrage die Ergebnisse des Projekts vor.

  • Gute Nachricht 1: Dank eines „effizienteren Mitteleinsatzes als ursprünglich geplant“ habe sich der tatsächliche Förderbedarf auf exakt 325.262,80 € reduziert.
  • Gute Nachricht 2: Die gesetzten Ziele seien erreicht worden – zumindest aus Sicht von Mehrings Ministerium.

Gleichwohl ist selbst für den Laien offenkundig, dass sich die leisen und lauten Zweifel an der beabsichtigten höheren „Sichtbarkeit“ für E-Sport made in Bavaria als absolut berechtigt erwiesen haben.

Dies gilt insbesondere für die EA Sports FC-Online-Matches auf einer Turnier-Plattform der verbandseigenen BFV Service GmbH: Die ursprüngliche Zielmarke von „ca. 1.000 Teilnehmern“ entlang der 30 geplanten Qualifikationsturniere wurde mit offiziell gemeldeten 1.017 Spielern bemerkenswert präzise getroffen.

In der Pressemitteilung war zunächst von 600 Teilnehmern und einer „unglaublichen Resonanz“ die Rede. Unabhängige Auswertungen deuten infolge von (zulässigen) Mehrfach-Teilnahmen auf eine ungleich niedrigere Zahl an ‚Unique Usern‘ hin – und das, obwohl eigens Influencer, Social-Media-Kampagnen und Advertorials (u. a. beim Fachblatt Kicker) gebucht wurden. Dadurch seien weitere „580.000 Nutzerinnen und Nutzer in der relevanten Zielgruppe“ erreicht worden.

Dass einzelne Partien ausfielen und sich andere wie Geisterspiele anfühlten, hat Gründe – zum Beispiel, dass die Termine parallel zu den EM-Vorrunden-Spielen der Nationalmannschaft angesetzt wurden.

Die 64 besten Spieler qualifizierten sich für ein abschließendes Finale in einer Stadion-Loge des FC Augsburg – ein Heimspiel für Digitalminister Mehring im eigenen Wahlkreis. Am 13. Juli 2024 traf die „Crème de la Crème der regionalen Gaming-Community“ (O-Ton) in der WWK-Arena aufeinander. Der damals erst 13jährige Robert Brysik, der mit Mühe die EA Sports FC 24-Altersfreigabe erfüllte, deklassierte die Konkurrenz.

Bayern zockt: ‚TeamNights‘ werben für E-Sport im Verein

Noch während der EM startete außerdem die erste von insgesamt zwölf ‚TeamNights‘: Die Vereinsheime des TSV Trudering, des BC Rinnenthal, des SV Thenried und des FC Wacker Trailsdorf gehörten zu ausgewählten Austragungsorten. Einen Abend lang wurde dort EA Sports FC unter Anleitung an eigens aufgebauten Spielstationen praktiziert.

Das Digitalministerium nennt eine Gesamtzahl von 550 TeamNights-Teilnehmern – also im Schnitt weniger als 50 Personen pro Abend, die um „spannende Sachpreise“ im Wert von jeweils 2.500 € spielten. Das Interesse an der Durchführung solcher Events sei weiterhin groß: Nach wie vor würden Anfragen von Klubs eingehen, heißt es beim BFV, der im Herbst ein einstündiges Webinar (Aufzeichnung) zum Thema ‚E-Sport im Verein‘ abgehalten hat.

Folgt man den offiziellen Zahlen, errechnet sich für die TeamNights plus ‚Bayern zockt‘-Turnier eine Brutto-Reichweite von knapp 1.600 Kontakten  – wohlgemerkt bei einem ursprünglichen Budget von 450.000 €.

Immerhin wurde nicht der komplette Rahmen ausgeschöpft: Weil es sich im Behörden-Jargon um eine sogenannte „Fehlbedarfsfinanzierung“ handelt, übernimmt der Freistaat nur die tatsächlich angefallenen Kosten – in diesem Fall eben 325.262,80 €. Die eingesparten Mittel verfallen nicht, sondern kommen anderen Projekten im Games & XR-Referat des Digitalministeriums zugute.

Dadurch eröffnen sich neue Spielräume: So hat sich das Ministerium vorgenommen, den E-Sport in den ländlichen Raum zu tragen. Gemeinsam mit dem E-Sport-Verband Bayern e. V. ist ein ganzes Maßnahmenbündel verabredet worden, das heute angekündigt wurde: Der Freistaat nimmt dafür knapp 136.000 € in die Hand.


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