Start Meinung Clickbait (Fröhlich am Freitag)

Clickbait (Fröhlich am Freitag)

20
Im Bild: ein Clickbait-Opfer (Abbildung: Midjourney)
Im Bild: ein Clickbait-Opfer (Abbildung: Midjourney)

Der Games-Journalismus steckt angeblich in der Krise. Schon wieder. Wenn das mal keine Fake-News sind. Oder schlimmer noch: Clickbait.

Verehrter GamesWirtschaft-Leser,
verehrte GamesWirtschaft-Leserin,

in dieser Woche hat mir der Facebook-Algorithmus einen hübschen Beitrag der Taz in den Feed gespült. Überschrift: „Neue Clickbait-Opfer“.

Der Artikel nimmt die jüngste Einstellung der Traditions-Zeitschriften GamePro und Games Aktuell zum Anlass, eine „Krise der Gaming-Magazine“ festzustellen, die arglose Gamer in die Fänge schamloser Online-News-Fabriken treibt.

Erster Gedanke: Krise‘? Welche ‚Krise‘? Schließlich ist dies ein Prozess, der seit etwa zwei Jahrzehnten anhält. Und irgendwann mit der Einstellung einzelner Produkte endet, weil sie sich möglicherweise nicht länger rechnen. Sicher, die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber sie stirbt.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Dieser Prozess hat mit Druck- und Papierkosten zu tun, mit Logistik, mit Sichtbarkeit im Handel, mit Druckauflagen-Steuerung, mit dem Anzeigengeschäft, mit veränderten Spielgewohnheiten, mit dem Netz und mit Demografie. Ein durchschnittlich sozialisierter Teenager richtet seinen Alltag nun mal nicht an der Taktung des Fernsehprogramms aus und käme im Leben nicht auf die Idee, Siebeneurofuffzich für eine Spiele Zeitschrift auszugeben.

Das war vor 15, 20 oder 25 Jahren noch anders – auch deshalb, weil die beigeklebten Disketten, CDs und DVDs vielfach der einzige Weg waren, um an Demos, Trailer und Updates heranzukommen. Bis heute wird mit Vollversionen ’nachgeholfen‘.

Mittlerweile lassen sich nur noch vier IT-Titel von der IVW testieren, darunter kein einziges Games-Magazin. Die ‚harte Auflage‘ der Computer Bild – einst Springer-Flaggschiff mit Millionen-Auflage – ist demnach gegenüber 2022 um weitere 20 Prozent eingebrochen. Via Abo und Kiosk werden noch knapp 70.000 Hefte verkauft.

Speziell für den Niedergang des Games-Journalismus diagnostiziert Taz-Autor Martin Seng vor allem inhaltliche Gründe . Denn immer noch stünde viel zu oft die Technik der Spiele im Vordergrund – nicht oder zumindest nicht in hinreichender Menge finden hingegen statt: der „Rechtsextremismus im Gaming“, der „wachsende Brancheneinfluss Chinas“, „russische Spiele-Propaganda“ oder auch „unreflektierter US-Patriotismus“.

Der Taz-Artikel flötet also jene Melodie, wie sie Christian Schmidt – einst GameStar-Redakteur, später InnoGames-Analyst, heute erfolgreicher Podcaster – anno 2011 in einem Beitrag für Spiegel Online vorgetragen hat. Die Überschrift lautete: „Mehr Geist bitte, liebe Games-Tester“. Seine Forderung: mehr Recherche, mehr Professionalität, mehr Kontext.

Die Streitschrift löste damals (zurecht) ein breites Echo und noch breitere Zustimmung aus – was ist schon gegen „mehr Geist“ einzuwenden? Das galt in deutlich vermindertem Maße für meine etwas pampig daherkommende Läuft-doch-Replik, die der Spiegel 24 Stunden später freischaltete.

Ich kann das erklären. Wirklich. Denn wenn man selbst in der Verantwortung steht, blickt man natürlich anders auf ’sein‘ Baby. Wird jeder kennen, der zum Beispiel Spiele baut oder vermarktet.

Außerdem bin ich mit der Stiftung-Warentest-Attitüde von Power Play und PC Player aufgewachsen – auch heute denke ich noch in erster Linie in „Nutzwert“– und „Service“-Kategorien. Solange honorige Publisher für ein Call of Duty: Modern Warfare 3 weiterhin 60, 70, 80 € berechnen, erscheint mir die gute alte Kaufberatung mit Wertungs- und Meinungskasten samt Wertung auch im Jahre 2024 als werthaltiges Angebot, unreflektierter US-Patriotismus hin oder her.

Schmidts Schmähungen sind jetzt fast 13 Jahre her. Die Debatte – und da ist der Taz-Artikel nur ein weiterer Beleg – hat sich seitdem um keinen Millimeter weiterentwickelt.

Dabei müsste man doch irgendwann mal zur Kenntnis nehmen, dass der feuilletonistische Edelfeder-Ansatz analog zum real existierenden Sozialismus gescheitert ist. Immer und immer wieder. Von der Nachfrage nach einer solchen Dienstleistung könnten grob geschätzt keine 20 Leute auskömmlich (sprich: hauptberuflich) leben – in ganz Deutschland.

Gar regelrechte Stresspustel löst bei mir die regelmäßige Abkanzelung des ‚Reichweiten-Journalismus‘ aus, also jenem Modell, das (auch, aber nicht nur) Suchmaschinen und Social Media im Blick hat. Übersetzt: den Kunden. Journalismus ohne Reichweite ergibt keinen Sinn – genauso wenig wie ein Game ohne Spieler.

Mehr noch: Das Geschäftsmodell – wurscht ob Abo, Crowdfunding, Affiliate, Werbung – sagt ungefähr nichts über die Produkt-Qualität aus. Rundfunkgebührfinanzierter Käse koexistiert ganz hervorragend neben rundfunkgebührfinanzierter Premiumware.

Au contraire: Das durchsichtige Argument, dass Journalismus zwingend etwas kosten dürfen muss, um den Leser verlässlich ans Licht führen zu können, beschert uns regelmäßig Lokalzeitungs-Perlen wie „Hessischer Autozulieferer pleite“. Achso, Sie wollen wissen, wie dieser Zulieferer heißt? Dann gerne hier ein Jahres-Abo abschließen. Clickbait wie aus dem Bilderbuch. Wo Redakteuren doch schon in ihren Lehrjahren eingebimst wird, die wesentliche Botschaft direkt in der Headline zu verarbeiten. Es ist ein Kreuz.

Print war und ist serienmäßig mit einer solchen Paywall ausgestattet – was Sie leicht nachprüfen können, wenn Sie mal testweise an der Tanke eine Zeitschrift aus der Auslage fischen und das Geschäft verlassen wollen, ohne zu bezahlen.

Dass gerade Fachzeitschriften schnell mal sechs, acht, zehn Euro oder mehr kosten, hat zu keinem Zeitpunkt redaktionelle Unabhängigkeit sichergestellt. Beispiel: Seit vielen Jahren beziehe ich ganze Regalmeter unterschiedlichster Garten-Zeitschriften im Abo. Wenn auf Seite 5 ein neuer Rasenmäher vorgestellt wird, kann man immer noch die Uhr danach stellen, dass 20 Seiten später das entsprechende Inserat folgt. Quid pro quo, Clarice. Möglicherweise handelt es sich auch einfach nur um einen schönen Zufall.

Journalismus folgt wie jedes andere Gewerbe einer wirtschaftlichen Logik. Und das fängt schon mit der schlichten Frage an, welches Spiele-Motiv es auf Start- oder Titelseite schafft. Wer allen Ernstes behauptet, sich davon freimachen zu können, möge stets die ultradünnen Wände im Glashaus im Blick behalten, aus dem heraus er argumentiert.

Leser, Zuschauer und Hörer sollten sich daher sehr dringend von der Illusion lösen, dass man Qualität am angehängten Preisschild erkennen könne. Lassen Sie sich da bloß nix einreden. Schließlich würde auch (hoffentlich) niemand behaupten, Free2Play-Games seien per se von minderer Qualität im Vergleich zu Vollpreis-Titeln, nur weil sie initial nix kosten – viel zu oft ist das exakte Gegenteil der Fall.

Und irgendwann müssen wir vielleicht auch mal die schlechte Angewohnheit überwinden, verschiedene Stilrichtungen und Formate gegeneinander auszuspielen. News, Guides, Tests (für die Feingeister: Rezensionen) haben am Markt genauso ihre Relevanz wie Essays, Interviews oder Investigatives.

Mein GameStar-Kollege Markus Schwerdtel diagnostiziert jedenfalls völlig zu Recht, dass Spiele-Journalismus so gut wie nie da steht. Einfach deshalb, weil Games in einer viel, viel, viel größeren Vielfalt und Tiefe besprochen werden wie noch vor 10, 20, 40 Jahren. Wer will, der kriegt.

Man müsse sich nur von der Idee lösen, dies allein an ‚Print‘ oder ‚Website‘ festzumachen. Oder eben am Geschäftsmodell.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

Immer freitags, immer kostenlos: Jetzt GamesWirtschaft-Newsletter abonnieren!

20 Kommentare

  1. Alle Kommentare sind sich hier wohl einig, Frau Fröhlich.
    Ich Artikel ist sehr unreflektiert und verdreht in Teilen sogar die Tatsachen. Wo ist das Problem? Dass der Taz Text den Finger in eine Wunde legt, die längst bekannt ist? Dass Sie selbst oft mit Webedia und anderen Verlagen zusammenarbeiten und daher keine Kritik an einer kaputten Branche möchten?
    Sie rechtfertigten den Klickbait Journalismus damit, dass er Erfolg bringt und dadurch einige wenige Recherchen finanziert werden können. Die kann man übrigens bei Gamestar, rbtv und co. an einer Hand abzählen. Investigativ ist dort kaum etwas.

    Eine Branche muss auch Kritik zulassen können. Sie stellen sich aber so rigoros dagegen, dass es verbissen wirkt. Der Taz Text ist dabei sogar noch verhalten, denn in dieser Industrie gibt es noch viel größere Missstände. Reichweite ist Teil des Journalismus, aber definitiv nicht in der extremen Form, wie es der Spielejournalismus macht. Der hat schon seit Jahrzehnten – manche würde sagen nie – nichts seriöses mehr. Aber das wollen sich die großen Verlage nicht eingestehen und setzen solange auf Reichweite, wie es noch geht. Aber die Kritik daran wächst massiv – das merken Sie auch in Ihrem Kommentarbereich.

    • Herzlichen Dank für das Feedback – und Kritik ist natürlich vollkommen okay und gewünscht. Wer diesem Beruf nachgeht und Meinung veröffentlicht, sollte mit gegenteiligen Ansichten klar kommen.

      Würde aber dennoch dabei bleiben wollen, dass der Games-Journalismus in seiner Vielfalt und Breite in deutlich besserem Zustand ist als er in den 90er und Anfangs-2000ern stattgefunden hat. Was auch an der breiteren Basis der Geschäftsmodelle liegt, die – je nach Publikum – als Abo, mit klassischer Werbung oder via Crowdfunding funktionieren.

      Was in meinen Augen gar nicht funktioniert: Die Krise der Branche an der Einstellung zweier Print-Magazine festzumachen.

      Petra Fröhlich
      GamesWirtschaft

      • Die Krise der Branche macht doch niemand an der Einstellung zweier Print-Magazine fest. Stattdessen zeigt sie sich u.a. darin, wie diese Hefte aussahen, bevor sie eingestellt wurden. Sie erkennen hoffentlich einen Unterschied zu den Heften, die unter Ihrer Chefredaktion entstanden?

        Eines sollte man nicht vergessen: Die heutigen Games-Webseiten werfen für die Betreiber so viel Rendite ab, dass größerer Aufwand für Printhefte schlicht unrentabel ist, selbst wenn man mit den Heften Geld verdient. Die Online-Kohle kommt praktisch automatisch rein, wenn man sich nicht völlig doof anstellt.

        Wie lukrativ das reichweitengetriebene Onlinegeschäft mit Google Anzeigen, Outbrain & Co.-Zumüllung sowie Amazon-Links ist, ist wohl eines der bestgehüteten Geheimnisse. Weil, es könnte Neid erzeugen und Konkurrenten neugierig machen.

        Nehmen wir doch nur diese Seite: Eine ehemalige (entsprechend bezahlte) Print-Chefredakteurin würde wohl kaum ihre Zeit hier verschwenden, wenn nicht monatlich mind. 5000 Euro aus der Seite rauskommen, oder? Und scheinbar braucht sie dafür ja keine Steady-Fans, um gut über die Runden zu kommen. Und sie macht auch keinen Podcast darüber, wie es um die Finanzierung des Projektes und ihre Einnahmen/Ausgaben steht.

        Also: Es gibt keine finanzielle Krise. Nur eine Krise in Sachen Anspruch und Qualität.

        • Um aus dem Nähkästchen zu plaudern: Ganz zu Beginn der Website lautete der Plan tatsächlich, auf Werbung zu verzichten und vollständig auf Abo zu setzen. Zwei Haken: Der deutschsprachige Teil der Branche und damit die Zahl möglicher Abonnenten ist sehr, sehr, sehr klein. Zweitens (und noch viel wichtiger): Die Abonnenten wären deckungsgleich mit jenen, über die man täglich berichtet – das ist aus allen Perspektive keine gute Idee, weil es Abhängigkeiten und Erwartungen schafft.

          Will sagen: Für jedes Medium (Podcast, Blog, YouTube, Stream, Print …) und für jede Zielgruppe (B2C, B2B, Mix) gibt es ein passgenaues Refinanzierungs-Modell. Die These der Kolumne lautet nur: Das gewählte Modell sagt wenig bis nichts über die redaktionelle Qualität aus, die man als Verbraucher bekommt. In jedem Segment gibt es Beispiele für Top-Qualität und gelebte Kundenverachtung.

  2. Grundsätzlich ein schwieriges Thema. Einerseits ist es eine Tatsache, dass Spieleseiten von Printmedien tendentiell wirklich sehr werbelastig sind, andererseits fühlt man sich dort nicht wirklich wohl und aufgehoben. Fürher, zu Heft-Zeiten, hatte man das Gefühl der Geborgenheit, es gab spannende Themen abseits des Mainstream und fundierte Tests. Heute wechselt man dann einfach zu anderen Anbietern, Seiten mit Faible für Spielereviews und Hintergrundwissen. Kann sein, dass all dies an dem Niedergang der Printhefte liegt, aber wohl auch am Sparzwang und dem Willen zur Gewinnoptimierung. Passion für das eigene Schaffen sieht anders aus. Damit ist aber nicht Games Wirtschaft gemeint, doch der Hinweis auf die Unabdingbarkeit des Profits scheint zu kurz gedacht. Man sollte neben der wirftschaftlichen Seite immer das Produkt ins Zentrum stellen. Wirtschaftlicher Erfolg sogt nicht für guten Journalismus, aber guter Journalismus sorgt für witschaftlichen Erfolg.

    • Ist doch das gleiche Thema wie bei den Entwicklern/Publishern auch. Am Ende gibt es eben gute Produkte wie Baldur’s Gate oder Palworld, wo der Spieler und die Vision des Teams im Vordergrund stehen und eine Menge „schlechte“ Produkte wie aktuell Avatar oder zuletzt Starfield, wo vielleicht am Anfang noch eine Vision im Raum stand, die aber nach und nach wegmonetarisiert und durch Budgeoptimierungen schlicht zu einem unförmigen Wesen verkrüppelt wurde um den eigenen profit zu steigern und die Investoren zufrieden zu stellen

  3. Gamepro und Gamestar sind die Regenbogenpresse unter den Spielewebsites. Auf den US-Seiten steht auch manchmal Mist, aber da gibt es keine VG Wort die völlig falsche Anreize setzt.

    In puncto Print kann ich die M!Games und Retro Gamer empfehlen. Da gibt es genügend Artikel und Tests, die man so im Internet einfach nirgendwo findet. Zielgruppe sind natürlich eher Ältere, aber würde sich auch für junge Erwachsene mit Interesse am Medium lohnen.

  4. Ich will keinen feuilletonistische Edelfeder-Ansatz, sondern ehrlichen Spielejournalismus. Wenn eine Seite wie Gamepro.de unzählige News und Live-Ticker zu „The Day Before“ macht und alle meine Kommentare ausgeblendet und mein Account gesperrt wird, weil ich sage, dass mich als Konsolenspieler der Titel nicht interessiert und sie bitte über interessantere Spiele berichten sollten, dann ist das einfach keine Seite mehr, auf der ich mich wohlfühle. Offenbar sind nicht mehr die Spieler die Zielgruppe, sondern irgendein Google-Algorithmus, der den Content bestimmt.

    • Ich wiederhole mich zwar aber: Willkommen im Kapitalismus!

      Spiele werden ja auch nur noch selten für Spieler oder „Kunden“ gemacht sondern für die Investoren

  5. Ganz platter Beitrag und ein Einzeiler wie „der Markt regelt das schon“ hätte völlig ausgereicht. Eine hohe Reichweite und wirtschaftlicher Erfolg sagen nichts über journalistische Qualität aus.

    Ihre Gleichsetzung von Klickbait online und Klickbait im Print-Journalismus greift völlig daneben. Im Print-Journalismus kann es Texte und einzelne Artikel geben, da der Kauf der Zeitschrift entscheidend ist und nicht der einzelne Klick auf den Online-Artikel. Das ist ein wichtiger Unterschied, der eigentlich so offensichtlich ist, dass es schon fast banal ist.
    Es wäre außerdem wünschenswert, wenn sie die wirtschaftlichen Verstrickungen im Journalismus auch an anderer Stelle aufzeigen würden und nicht nur dann wenn es Ihne gerade zufällig gut für die eigene Argumentation dient.

    Den Beleg wo Spiele mit „viel, viel, viel größeren Vielfalt und Tiefe besprochen werden“ bleiben sie auch schuldig. Sie scheinen doch relativ glücklich damit zu sein, dass bei Spielen immer noch weitestgehend nach dem Stiftungwaren-Test-Prinzip verfahren wird, wie es am Anfang des Beitrages zu lesen ist.

    Aber warum überhaupt so tun, als würde es Ihnen um journalistischen Inhalt gehen. Ihre Wertschätzung gegenüber dem Free2Play-Modell rührt wahrscheinlich auch nur von positiven Quartalszahlen und nicht weil sie großer Fan von Microtransaktionen und anderer zweifelhaften ingame-Mechaniken sind.

  6. So wie niemand die Tageszeitung jemals wegen der Opern-Kritik gekauft hat, wurden Spiele-Zeitschriften nie wegen den spiele-feuilletonistischen Beiträgen gekauft. Aber man hat diese sich eben (neben den Tests und Tipps) gegönnt und dem Leser ein nicht beleidigendes Angebot gemacht.

    Man nehme sich gerne die ersten Ausgaben der PC-Player zur Hand und vergleiche diese mit den aktuellen PC Games. Nicht mal die Leserbriefonkels wollte man sich zuletzt noch leisten. Kleine Infokästen, Bildunterschriften, Freisteller, alles viel zu aufwendig. Dafür QR-Codes zu Amazon! Was noch „Journalismus“ bei PC Games genannt werden kann, kommt praktisch nur vom Gamesinsider-Team. 20 in Deutschland, die davon leben können? Halte ich für sehr hochgegriffen.

    Was man auf Gamestar.de, Eurogamer.de, 4Players.de usw. lesen kann, ist Reinkippen, aber kein Journalismus. Zig Onlineartikel, sprich SEO-URLs über Palworld? Na logo, und die Autoren werden von der VG Wort bezahlt, die zu doof ist, die Clickbait-Artikel zu erkennen.

    • Dass Jugendliche (und junge Erwachsene) heute keine Printmagazine lesen, ist der Lauf der Zeit. Sie schauen auch kein lineares Fernsehen und wählen keine Altparteien mehr. Aber das heißt nicht, dass sie kein Interesse an tiefergehenden Analysen hätten. Nur finden sie diese nicht auf den reichweitenorientierten Seiten, sondern bei YouTube, Twitch oder in Podcasts. So Seiten wie Gamestar Tech wollen mit ihren Artikeln jeden ansprechen, Oma Erna auf Facebook genauso wie Onkel Willi bei MSN. Daher gibt es dort seltener Nerdthemen oder Themen die nur Jugendliche interessieren, sondern so Allerweltssachen, die jeden potentiell interessieren könnten.

      • Spätestens als der Verweis auf „Altparteien“ kam, war es vorbei mit Neutralität. Absolut daneben, denn jeder weiß, wessen Ideologie dahinter steht.

        • Also ich wähle diese Parteien noch, aber ich schaue auch noch die Tagesschau um 20 Uhr und kaufe die Gamestar am Kiosk. Den Begriff gab es auch schon vor der AfD, man sollte sich von der Partei nicht vorschreiben lassen welche Wörter man benutzen darf und welche nicht.

        • Gehört hier zwar nicht her aber ich finde deinen Kommentar dann auch etwas überzogen. Ja man sollte schon aufpassen was man aktuell von sich gibt aber nur weil es auf den ersten Blick braun aussieht muss es keine Scheiße sein. Schokolade ist auch braun 😉

    • Mal davon abgesehen, das viele dieser Seiten auch eine vorgegeben Meinung vertreten. Laut Eurogamer sei Palworld „Leer und Seelenlos“, trotzdem gab es zuletzt 19 Mio. Spieler. Laut Golem will Nintendo Palworld verklagen, was einfach nur eine Clickbait-Schlagzeile ist weil davon im Artikel selbst nichts mehr zu finden war. Laut Gamepro soll ein namenhafter deutscher Anwalt bereits gezeigt haben, dass Palworld ein Plagiat ist und nur eine Frage der Zeit bis es von Nintendo weggeklagt wird. Im Artikel selbst allerdings findet man nur eine Wage Erläuterung der grundsätzlichen Rechtslage im Fall eines solchen Verstoßes. Also auch hier wird nichts als polarisiert und Clickbait betrieben um aus den beiden aktuell noch bestehenden Lagern möglichst viel Kapital zu schlagen.

      Das Ganze ist alles aber vor allem ziemlich lächerlich. Ich trage deswegen auch nur noch News in meine Bubble weiter, die ich vorher selbst auf Plausibilität überprüft habe

  7. Muss meinem „Vorredner“ teilweise recht geben, um es kurz zu halten:

    Was teilweise einem auf der Frontseite der aktuellen Gamingportale entgegenkommt geht nicht mehr auf die sprichwörtliche Kuhhaut. Und ich bin wirklich,wirklich hartgesotten, aber spätestens in den letzten 2 Jahren ist das Niveau noch mal gefallen was Headlines und deren Formulierungen, als auch dem Content inklusive Seitenaufbau angeht.

    Langfristig kann das „der Sache“ nicht gut tun, ich teile aber die Einschätzung, dass die „Mehr Geist“ Geschichte nur für ein sehr überschaubares Publikum ist und für große Portale primär uninteressant. Das kann man auf Blog Niveau machen (oder ihre Bewegtbild-Entsprechung) aber das war es wohl auch.

    Eine Lösung habe ich auch nicht am Start, aber ich vermeide schon den direkten kontakt mit den Startseiten diverses Portale und starte – sofern noch vorhanden – direkt in die Community/Forenbereiche durch, da ist es noch erträglicher.. aber auch da wird es unangenehmer von Jahr zu Jahr, weil natürlich auch die „Alten“ abwandern weil das Kernprodukt immer unerkennbarer wird.

    Traurig, aber ich habe weder Hoffnung noch eine Patentmethode für eine Lösung, aber vielleicht bin ich ja das Problem, weil ich etwas erwarte was es so nicht mehr gibt oder geben kann.

  8. Ein recht einseitiger und unreflektierter Artikel, im Gegensatz zu dem der Taz, der eigentlich ganz gut die zwei verschiedenen Stellungen zum Ausdruck brachte. Wieso wird „Wir müssen mehr und mehr Geld machen!“ immer als Normalität und höchstes Maß angesehen? Es geht bei der Sache doch nicht um Überleben oder nicht Überleben, sondern nur immer und immer mehr Profite. Und natürlich bewegt sich da auch die Debatte keinen Meter weiter, wenn die Games Magazine komplett aus den Augen verlieren, was sie eigentlich mal sein wollten, immer auf ihre Einnahmen hämmern und damit alles als gesagt ansehen. Oder um es mal so zu sagen: Keine Leidenschaft für die Themen mitbringen, über die sie schreiben, da sie für mehr und mehr Klicks schreiben müssen. Deswegen trennten sich ja auch die Wege von einem Sasha Penzhorn mit der Gamestar. Weil er für die Spiele schrieb und nicht für das Geld. Und da ist das Problem begraben: Der Gaming Journalismus will Geld, die Spieler Enthusiasmus.

    Gerade wenn man sich die Gamestar ansieht, sieht man das Problem damit doch ganz gut: Man bezieht sich zu großen Teilen auf Reddit-Threads, weil die Schreiber selbst offenbar nicht weit genug in den diversen Themen drin sind, um eigene Artikel zu verfassen. Und die Magazine selbst merken auch, dass irgendwo das Ende der Einnahmen erreicht ist, die man mit Gaming erreichen kann. Also wendet man sich komplett vom Kernthema ab, um auf andere Weise noch Wachstum zu erzielen. Eine Art von Wachstum, die die Spieler nicht brauchen. Die Lösung wäre simpel: Sich zufrieden geben. Damit leben, dass man vielleicht jedes Jahr nur 500.000 macht, oder wie viel auch immer. Dann gäbe es halt keine Ausläufer wie GameStar Tech… aber damit würde man auch nichts von Wert verlieren. Nur eine der tausenden Seiten die mit reißerischen Überschriften, jedoch belanglosen Inhalten Geld machen will. Und bei diese Themenwahl kann einem niemand erzählen, dass es da wirklich darum ging, weil jemand von ganzem Herzen sehr, sehr fragwürdige Artikel verfassen wollte wie „Eure Batterien zu überbrücken ist eine super Idee!“

    Die Gaming-Magazine sollten sich einfach selbst die Frage stellen: Ist es wirklich der eigene Anspruch, dass man absolut alles hinnimmt, nur damit man wachsen kann? Oder sollte man sich nicht vielleicht nur auf das konzentrieren, weswegen man ursprünglich in die Branche ist? Spaß am Spielen. Zu einer Zeit, als man dafür von der Allgemeinheit verachtet wurde und dadurch aufgrund der Natur der Sache eine Nische war, und über Nischen berichtete. Kleinere Projekte zeigen, dass es geht. Dass man sich sehr wohl mit einer etablierten Fanbasis halten kann, ohne einfach absolut jeden erreichen zu müssen. Sicher wird der Gehaltscheck dann nicht jedes Jahr größer, aber man merkt an den Themen, dass man da noch viel mehr bei der Sache ist und eben nicht belanglose Inhalte zu Dingen verfasst, für die man sich persönlich nicht interessiert. Weil das ist der Grund, warum es den Reichweiten-orientierten Magazinen heutzutage komplett an Charakter fehlt, egal ob bei GameStar, GamePro, IGN oder sonstwo: Man schreibt nicht mehr darüber, was den Autoren selbst gefällt, sondern nur über die Dinge, die die meisten spielen. Das kann man den Autoren dann aber auch nicht vorwerfen, die Probleme liegen da eher beim Management begraben, die genauso ticken wie bei den ganzen AAA-Firmen, die derzeit massenweise Mitarbeiter entlassen, damit die Zahlen am Ende besser aussehen.

    Und dadurch hat Martin Seng sehr wohl recht: Damit schafft sich der Games Journalismus auf lange Zeit selbst ab. Weil was interessieren mich als Spieler die Beiträge von jemanden, der die von mir geliebten Titel für uninteressant erachtet und nichtmal selbst spielt? Wenn ich ein Call of Duty Fan bin, wieso sollte ich dann bei der GamePro, GameStar oder Computer Bild lesen, statt mich direkt mit anderen Enthusiasten der Marke auf Reddit zu unterhalten, oder einer wirklich auf das Thema fokussierten Seite?

    Und was soll man mit der abschließenden Aussage überhaupt anfangen? „Man müsse sich nur von der Idee lösen, dies allein an ‚Print‘ oder ‚Website‘ festzumachen. Oder eben am Geschäftsmodell.“

    Woran soll man es denn sonst festmachen, außer an dem Produkt, das geliefert wird? Zumal gerade der Reichweitenorientierte Journalismus, der hier ja verteidigt wird, exakt den in diesem Artikel kritisierten Clickbait nutzt. Die ganze Argumentation hier ist nur ausgelegt darauf, dass Nischen keinerlei Belang haben. Niemand soll Ananas-Pizza essen, weil es die Mehrheit nicht tut. Die wenigen, die sie dennoch mögen, kann man einfach auf der Strecke lassen. Im Falle von Gaming heißt das: Die größten Enthusiasten auf der Strecke lassen, weil Leute, die nur nach dem Feierabend kurz eine Stunde abschalten wollen, die Mehrheit sind. In einem Magazin, dass sich eigentlich mal um die Kernzielgruppe Spieler drehte.

    Der Spielejournalismus mag also von den Einnahmen her besser dastehen als je zuvor… nicht aber von der Qualität. Doch während die verantwortlichen ihren Erfolg nur an ersterem festmachen, geht es Spielern um letzteres.

    • Herzlichen Dank für das ausführliche und kundige Feedback. Um auf einen Punkt einzugehen: Dass es so viele und so nachhaltige Nischen gibt, ist ja gerade der Beleg für eine Vielfalt des Spiele-Journalismus, wie es sie eigentlich noch nie gegeben hat.

      Auch GamesWirtschaft ist ja im Kern Nische-Nische-Nische – aber immer auch mit der wirtschaftlichen Perspektive im Blick, dass Personalmeldungen und Quartalszahlen (also Ananas-Pizza) alleine nicht ‚reichen‘. Da braucht es dann eben andere Konzepte und Ansätze – die bei jedem Angebot anders ausfallen können. Bei Podcasts mögen es Abos sein, im News-/Video-Bereich eben Werbung. Umgekehrt würde es eher nicht funktionieren. Aber das sagt per se noch nichts über die dahinterstehende Qualität aus.

      Natürlich kann man immer auch boulevardeske Beiträge und zugespitzte Headlines kritisieren. Aber ich finde, man muss schon das komplette Angebot in seiner ganzen Breite heranziehen. Und ja, natürlich gibt es auch Portale, die sich rein über Clickbait definieren und finanzieren, keine Frage.

      Der Eingangs-These, dass es hier nicht um „Überleben oder Nicht-Überleben“ geht, würde ich heftig widersprechen wollen. Genau darum geht es. Deshalb sterben Hefte.

      Petra
      GamesWirtschaft

      • Die Hefte sterben, weil es physische Printmedien durch die weite Verbreitung digitaler immer schwerer haben. Das ist Entwicklung, wo es aber auch Umwege gäbe. Wie etwa Print-on-Demand. Aber es ist halt auch keine gute Werbung für ein Printmedium, wenn ich auf den dazugehörigen Webseiten nur noch mit Deals zubombardiert werde, die dazu noch komplett themenfremd sind und die eigentlich qualitativen Artikel die absolut Minderheit des Contents ausmachen.

        Dadurch fühle ich mich dann auch nicht gerade dazu animiert, einer Seite Geld zu geben. Auf der einen Seite, weil die kostenlos verfügbaren Inhalte für mich ein Spiegelbild dessen sind, was ich von den bezahlten zu erwarten habe. Hier ruiniert man sich komplett den eigenen Ruf und wundert sich, wieso einem die alten Leser wegrennen. Zum anderen, weil ich nicht denke, dass eine Webseite, die zu 50 Prozent oder mehr aus Affiliate-Anzeigen besteht, dazu noch gesponsorte Artikel bringt und als Bonus obendrauf noch Werbung schaltet, von meinem Geld abhängig ist. Der Reichweitenorientierte Journalismus kann sich kaum noch als Gaming-Journalismus bezeichnen, wenn der Hauptcontent mittlerweile die Werbeabteilung ist, die ungefiltert absolut alles verkauft und man die Gaming-Artikel suchen muss. Zumal man ja nichtmal einen Vorteil durch diese ganze Werbung sieht. Für die großen Artikel muss man dennoch zahlen. Wieso, wenn die Seite doch so viele andere Einnahmequellen besitzt, die doch eigentlich die Gaming-Sparte finanzieren sollen? Es wirkt unehrlich, immer zu sagen, Werbung finanziere alles, wenn man dann dennoch Geld für all das verlangt, was angeblich durch die Werbung getragen wird. Wenn sich die Seite durch direkte Zahlung finanziert, ist das in Ordnung. Aber dieses übliche Spiel aus: „Wir schalten Werbung um uns zu finanzieren … aber ihr müsst zahlen um uns zu finanzieren!“ zielt klar auf maximale Profite ab.

        Ich denke, man sollte Geld mit dem Hauptcontent machen. Und wenn man irgendwann die Grenze erreicht und nicht mehr bekommt, dann ist das halt so. Jede Nische hat ihre Grenzen. Bei Dingen wie den Spieleveteranen etwa funktioniert das, weil man sich klar an seine Nische richtet und von ihr das Geld bekommt. Ebenso machte sich jüngst Second Wind sehr medienwirksam selbstständig. Deren Reaktion auf die große Unterstützung? „Wir bringen alles gratis für alle, um die Community nicht zu spalten und hören mit Zeitexklusivität für Zahler auf!“ Sowas ist unterstützenwert. Und was ist das Resultat? Ein qualitativ hochwertiges Produkt statt einer Ansammlung von Werbeartikeln, zwischen denen potentiell irgendwo ein guter Artikel vergraben liegt. Und obendrauf kein Clickbait. Die Macher können Content machen, egal wie nischig er ist, da sie von ihren Fans getragen werden, die genau das mögen.

        Das Problem beim Reichweitenjournalismus: Man sieht offenbar Werbung als Haupteinnahmequelle und damit auch Hauptcontent an, obwohl man die Jahre über sah, dass diese Einnahmen auf lange Zeit nicht funktionieren werden. Doch statt nach neuen Wegen zu suchen, hat man sich auf die Werbung versteift und sah als Lösung nur noch eins: Mehr und mehr Reichweite. Es ist der Versuch, an einem untragbaren Konzept festzuhalten und entfremdet die einstige Kernzielgruppe. Und dann verteidigt man dem Pfad ganz nach dem Motto „Der Zweck heiligt die Mittel!“, obwohl die Einnahmen letztendlich nur dazu genutzt werden, weitere themenfremde Projekte für noch mehr Reichweite zu stemmen, anstatt das auszubauen, was man der Community immer verspricht.

        Der Reichweitenjournalismus ist einfach ein fehlgeschlagenes Konzept, das sich die treibenden Manager dahinter jedoch nicht eingestehen wollen, da sie nur die Profite im Auge haben, nicht jedoch, auf welche Art und Weise sie die generieren. Zudem kann jede Seite, die darauf aufbaut, mit nur einem einzigen Update von Google untergehen. Eine Problematik, die man offenbar ignoriert, weil aktuell ja aus finanzieller Sicht alles funktioniert. Aber was, wenn Google jetzt plötzliche neue Maßstäbe an Qualität ansetzt, durch die Massenmarktseiten komplett abgestraft werden? Dann gibt es bald die nächste Massenentlassungswelle.

Kommentarfunktion ist geschlossen.