Start Meinung GameStop-Kahlschlag: Ausverkauf im Videospiele-Handel (Fröhlich am Freitag)

GameStop-Kahlschlag: Ausverkauf im Videospiele-Handel (Fröhlich am Freitag)

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Immer mehr GameStop-Stores verschwinden im ersten Quartal von der Landkarte (Abbildung: Gamestop Storefinder / Screenshot / Google Maps)
Immer mehr GameStop-Stores verschwinden im ersten Quartal von der Landkarte (Abbildung: Gamestop Storefinder / Screenshot / Google Maps)

Alles muss raus: Kein Tag vergeht, ohne dass weitere Filial-Schließungen von GameStop-Stores bekannt werden. Was ist da los?

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,
verehrte GamesWirtschaft-Leserin,

Douglas, Blume 2000, Christ, Depot, dm, H&M, ein MediaMarkt oder Saturn, Nanu-Nana, Esprit, Footlocker, Thalia, New Yorker, McDonald’s, Deichmann, Peek & Cloppenburg, Hunkemöller, S. Oliver, Rossmann, Tchibo, Burger King, Butlers, Galeria, Body Shop, Nordsee, Apollo, Tom Tailor, Vodafone, O2, WMF, die Telekom, Zara – und eine GameStop-Filiale.

So in etwa sehen handelsübliche Einkaufszentren und Fußgängerzonen überall in Deutschland aus – mindestens einmal auch in Ihrer Nähe. Dabei ist es völlig egal, ob Sie sich gerade in der Kölner Schildergasse, im Main-Taunus-Zentrum vor den Toren Frankfurts, in der Hamburger Mönckebergstraße, im Elbepark Dresden, im Berliner Hauptbahnhof oder in der City einer beliebigen 100.000-Einwohner-aufwärts-Stadt aufhalten.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Shops und Sortimente sind in weiten Teilen völlig identisch. Das ist einerseits gut, weil es Berechenbarkeit schafft – und das mag der Verbraucher ja ganz gerne. Wer etwa einen Tchibo-Shop betritt (also einen Aktionswaren-Laden mit angeschlossenem Kaffee-Ausschank), wird nicht unnötig mit zu viel Individualität verwirrt. Selbst die Auslagen sind einheitlich bestückt.

Gleichzeitig sorgt die Filialisierung für ein stromlinienförmiges, zunehmend eintöniges Einkaufserlebnis – so wie in Motel-One-Hotels, wo Sie nach dem morgendlichen Aufwachen nicht mit letzter Sicherheit sagen können, ob Sie sich gerade in München, Zürich oder Düsseldorf befinden.

Vorteil: Man weiß, was man kriegt. Nachteil: Man kriegt, was man kennt.

Nun steht der stationäre Einzelhandel bekanntlich unter enormem Druck. Amazon, davongaloppierende Quadratmeterpreise, Lockdowns, zuletzt die konjunkturelle Abkühlung: Ein perfekter Sturm hat sich da zusammengebraut. Einstige Riesen wie Galeria Kaufhof, die schon vor der Krise in der Krise steckten, kämpfen ums Überleben – und um ein tragfähiges Geschäftsmodell.

Lange Zeit galten ‚Service‘ und ‚Beratung‘ als Rettungsanker. Es spricht leider viel dafür, dass man sich diese vermeintlichen Stärken selbst schön geredet hat. Denn der Kunde war noch nie so gut vorbereitet wie heute: Preise und Features lassen sich on-the-fly ergoogeln und vergleichen – zuweilen werden die Konditionen der Konkurrenz vom Personal unaufgefordert kommuniziert („Ich schau mal schnell für Sie im System, dann brauchen Sie nicht rüberrennen …“ – selbst erlebt).

Bei Auswahl, Lieferzeit, Verfügbarkeit und Service hat Amazon die Industriestandards gesetzt: Was nicht passt, wird passend gemacht – im Zweifelsfall bekommt man den Kaufpreis erstattet. Ohne Diskussion. Und natürlich muss man sich auch die Frage stellen, ob es ökonomisch und ökologisch Sinn ergibt, wegen einer 20-€-Ladestation ins Auto zu steigen, wenn sie auch tags drauf frei Haus geliefert werden könnte (zuweilen noch am selben Tag). Abgesehen davon, dass die Auf-Lager-Echtzeit-Abfrage oft nur so semi-zuverlässig funktioniert.

Nicht ausgeschlossen ist daher, dass sich das Filialkonzept in einzelnen (längst nicht allen) Branchen schlichtweg überlebt hat.

Zu den Filialisten, die seit Jahren nach einem klugen Konzept fahnden, gehört GameStop. Der deutsche Ableger der US-Videospiele-Kette hat 2022 noch landesweit 170 GameStop-Stores mit mehr als 900 Angestellten betrieben – mittlerweile läuft vielerorts der Ausverkauf. In den Schaufenstern werben große, bundesweit einheitliche Schilder mit Rabatten („Alles reduziert – jeden Tag neue Ware“ / „10 Prozent auf alles“).

Wie viele Geschäfte letztlich übrig bleiben, dazu schweigt GameStop trotz Nachfrage sehr konsequent. Das ist legitim. Dem Vernehmen nach sind es nicht sehr viele. In der Branche wird spekuliert, dass vorerst nur ganz wenige Standorte überleben – zum Beispiel dort, wo langlaufende Mietverträge kurzfristig keine Schließung zulassen.

Immerhin: In der Schweiz – die von der GameStop Deutschland GmbH mitbetreut wird – hat sich wohl ein Käufer für das Filialnetz gefunden. In den sieben Geschäften in Österreich sind die Lichter hingegen endgültig ausgegangen: Der ‚Store-Finder‘ auf gamestop.at ist bereits deaktiviert.

Wie kam’s?

Der Gebrauchtspiele-An- und -Verkauf – lange Zeit eine Spezialität von GameStop – leidet unter Spiele-Codes (statt Disc), Abo-Flatrates (statt Einzelkauf), Free2Play-Games (statt Vollpreisspiel), dem preisaggressiven Direktvertrieb von Publishern und immer größeren Abständen zwischen Blockbuster-Releases. Bei PC-Spielen liegt der Download-Anteil längst jenseits der 90 Prozent.

Diese Entwicklung, so ehrlich muss man bei aller Nostalgie sein, wird sich auch nicht wieder zurückdrehen. Wörtlich heißt es im jüngsten GameStop-Geschäftsbericht der deutschen Niederlassung: „Bei digitalen Spielen wird es zukünftig noch einfacher sein, auf den stationären Einzelhandel zu verzichten.“

Deshalb hat GameStop die Ladenfläche für PlayStation-, Xbox- und Switch-Games zunehmend reduziert und stattdessen mit Zubehör und Merchandise aufgerüstet – Controller, Headsets, Hoodies, Tassen, Plüschfiguren, Trading-Cards, Gamer-Energy-Drinks. Doch dieses Business ist offenkundig nicht auskömmlich genug, um das engmaschige Filialnetz kostendeckend zu unterhalten: Allein in Wuppertal gab es bis vor kurzem drei GameStop-Läden.

Noch vor Ostern wird die gewohnte GameStop-Leuchtreklame damit vielerorts aus dem Straßenbild verschwinden. Die verbleibende Videospiele-Laufkundschaft in Deutschlands Innenstädten teilen sich MediaMarkt / Saturn, Euronics, Expert, Medimax und Müller.

Die GameStop-Hoffnungen ruhen indes auf dem Online-Shop. Durch dessen Ausbau und Modernisierung will das Management möglichst viele Kunden halten und vermehrt digitale Inhalte, Bonusmaterial und ‚Spiele-Coins‘ (also Spielwährung und Guthaben) verkaufen.

Der Haken: Im Netz konkurriert der Handel mit den Spieleherstellern höchstselbst. Der seit November 2021 betriebene Sony-Werksverkauf PlayStation Direct bietet zum Beispiel neben Neu- und Gebraucht-Konsolen eine immer länger werdende Liste an Produkten exklusiv an – den Vorverkauf von PlayStation VR2 wickelt Sony komplett in Eigenregie ab.

Bei dieser Gemengelage bleiben dem innerstädtischen Handel nur zwei Optionen: Rückzug oder Flucht nach vorne. Wie eine Antwort auf das wachsende Einzelhandels-Defizit aussehen könnte, ist ab heute am Berliner Alexanderplatz auf über 2.000 Quadratmetern zu besichtigen: Unterstützt von prominenten Influencern eröffnet Saturn mit dem Xperion eine weitere permanente Mini-Gamescom.

Ein schönes Wochenende und alles erdenklich Gute für 2023 wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

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3 Kommentare

  1. Danke für den Beitrag, hatte mir noch eine Einordnung dazu gewünscht, auch wenn diese Schließungen alles andere als überraschend kommen.

    Ja, der Wandel ist in vollem Gange – die Pandemie war da, im Zusammenspiel mit dem veränderten Konsumverhalten, der Turbocharger. Im Moment trifft es ja einige große Unternehmen.

    Auch wenn ich weiterhin physische Exemplare bevorzuge, hatte ich bei GameStop hin und wieder nur noch die 9,99er-Aktion genutzt, so konnte man leicht alte Spiele loswerden und gleichzeitig günstig große Titel erwerben, die man selbst wieder veräußern konnte. Auffällig oft waren im Aktionszeitraum dann ,beliebte‘ Spiele wie die NBA2K-Reihe, die bei Gamestop auf der Liste standen, für 5-10 € bei der direkten Konkurrenz zu bekommen, GameStop wiederum wurde dann mit diesen Spielen regelrecht geflutet. Die musst du erstmal wieder gewinnbringend verkaufen.

    Was vielen Kunden auch die Stimmung verderben hat, zeigen ja ganz viele Memes, war die Tatsache, dass man für neuwertige Spiele oft wenig bis gar nichts bekommen hat, während GameStop die sich dann für ein Vielfaches ins Regal gestellt hat.

    Für den Verkauf habe ich nach und nach ausschließlich eBay KA genutzt (der Verweilzeit der Angebote nach zu urteilen, haben das viele gemacht) – das war einerseits deutlich ertragreicher und unkomplizierter – und für den Kauf Portale wie reBuy, wie mein Vorredner schon sagte. Sehr viel angemessenere Preise und oft sogar Sammlereditionen.

  2. 1. Mittlerweile gibt es deutlich bessere Unternehmen für gebrauchte Spiele und Konsolen. Momox, reBuy und co bieten einfach zwei Dinge: ein breites deutschlandweit verfügbares Sortiment und PayPal als sichereres Zahlungsmittel. Letzteres ist immer dann nützlich wenn ein Problem auftritt und sich Händler quer stellen. Zumal die Preise von GameStop zuletzt ziemlich happig waren.

    2. Auch für den Verkauf von Nebenartikeln wie Sammelkarten oder Merch gibt es spezialisierte Händler. MKM, also Magikkartenmarkt ist darauf spezialisiert Händler so wie Privatverkäufer und Kunden zusammenzubringen. Da kann man genau so druckfrische Neuware wie auch Sammlerstücke bekommen. Da kann GameStop einfach weder beim Sortiment noch der Beratung mithalten. Inzwischen verkauft jeder Kiosk solche Produkte, die Konkurrenz ist also groß.

    3. Arbeiten bei GameStop auch „nur“ Verkäufer, zumindest in der Regel. Wenn man fachlichen Rat wirklich sucht, gibt es da einige kleine und echte Fachläden für Computer- und Video- , so wie Brettspiele. Die kennen sich nicht nur mit dem Kassensystem sondern auch den aktuellen Neuheiten und einigen Insiderinformationen aus.

    Im Fazit ist GameStop heutzutage nichts halbes und nichts ganzes mehr. Auch wenn ich früher mein Gamecube Bundle dort gekauft habe, sind diese Zeiten aller Nostalgie zum Trotz dennoch vorrüber

    • echt schade drum wahr jahrelang stammkunde die drecks online geschäfte machen echt alles kaputt ich halte von online schoppen nix 1 gibt es keine sichere bezahlarten 2 keinerlei beratung 3 oftmals überteuerte preise beispiel die xbox series x neu bei gamestop 299 online 399 was games angeht ich bevorzuge dvd/cds und keine sch.. downloadcodes naja mit gamestop geht eine weiter era zuende schade

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