„I want it all and I want it now“ – der Refrain aus dem Queen-Klassiker könnte als Überschrift über dem Medienkonsum im Jahre 2019 stehen.

Fröhlich am Freitag 12/2019: Die wöchentliche Kolumne aus der Chefredaktion

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

in meiner Kindheit gab es zweieinhalb Fernsehprogramme. Jede einzelne Kalenderwoche war daher eng durchgetaktet und orientierte sich im Wesentlichen an den TV-Serien, die in der Fernsehzeitschrift sorgfältig mit dem Textmarker angestrichen waren, um ja keine Sendung zu verpassen – „Ein Colt für alle Fälle“, „SOKO 5113“, „Eine schrecklich nette Familie“, „Captain Future“, „Löwenzahn“. Wann immer der Abspann einer Folge über den Schirm flimmerte (ja, damals flimmerten Fernseher tatsächlich noch), musste man eine geschlagene Woche bis zur nächsten Episode warten.

Daran führte kein Weg vorbei. Das TV-Gerät lehrte Demut und Geduld.

Ähnlich verhielt es sich mit Games. Wer einen Trailer begutachten oder eine Demo ausprobieren wollte, musste zwangsläufig alle paar Wochen eine Fachzeitschrift mit beigepackter CD-ROM erwerben. Noch vor 20 Jahren wurden Patches vom Hersteller via Diskette versandt – gegen Briefmarken und Rückumschlag. Selbst die Installation und Inbetriebnahme von Computerspielen artete in ein absurdes Prozedere aus, bei der ganze Stapel an Datenträgern nacheinander abgearbeitet werden mussten. Zuweilen waren auch noch chirurgische Eingriffe in System-Dateien erforderlich, um hinreichend Speicherplatz freizuschaufeln.

Ein solch entwürdigendes Schauspiel wäre heute keinem Verbraucher mehr vermittelbar. Amazon Prime, Netflix, Spotify, Twitch und YouTube erziehen uns dazu, dass wir einer Endlosschleife an ständig verfügbaren Medieninhalten ausgesetzt sind. Per Fernbedienung springen wir zwischen ganzen Serien-Staffeln hin und her, für die man noch vor wenigen Jahren dicke DVD-Boxen für mehrere hundert Euro erwerben musste.

Wir erwarten maximale Auswahl an Musik, Serien, Filmen, Hörspielen, Games – und bekommen sie auch. Nie war der Zugriff einfacher, schneller, komfortabler und: günstiger. Alles auf Knopfdruck und alles sofort.

Mitten hinein in diese Gemengelage wird demnächst Google ein neues Produkt einführen, das exakt diesem „Sofort!“-Zeitgeist entspricht und über das derzeit die halbe Games-Branche hitzig debattiert: Stadia. Spielstart in fünf Sekunden, nahtloser Übergang von einem Spiel-Gerät zum anderen, direkte YouTube-Integration, alles griffbereit in der Cloud – mehr „Sofort!“ war nie.

Unterstellt, das klappt wirklich so gut, wie Google es verspricht: Jeder Plattform-Betreiber, der den Kunden künftig deutlich mehr als fünf Sekunden Wartezeit abverlangt, wird mittelfristig aus dem Markt gespült. Sicherlich nicht sofort. Aber es könnte passieren, dass Ihnen selbst die zwei Minuten Ladezeit von „Red Dead Redemption 2“ schon bald ungefähr zwei Minuten zu lang vorkommen.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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