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Gamescom 2024: Fachbesucherinnen mit Kindern wehren sich gegen Ausschluss (Update)

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Sie müssen draußen bleiben: Games-Entwicklerin Katharina Weiß wird samt Kind am Zutritt zur Business Area der Gamescom 2024 abgewiesen (Foto: privat)
Sie müssen draußen bleiben: Games-Entwicklerin Katharina Weiß wird samt Kind am Zutritt zur Business Area der Gamescom 2024 abgewiesen (Foto: privat)

In ihrem Gastbeitrag schildert Games-Entwicklerin Katharina Weiß ihre Gamescom-Erlebnisse als berufstätige Mutter – und sagt, was sie von den Veranstaltern konkret erwartet.

Update vom 29. August 2024 (8 Uhr): Mit Blick auf die ‚Schärfe‘ einzelner Kommentare zu diesem hochemotionalen Thema bitten wir dringend um eine zivilisierte Diskussionskultur – die insbesondere ohne Beleidigungen und Unterstellungen auskommt, weil wir solche Beiträge nicht dulden und somit erst gar nicht freischalten.

Wir behalten uns auch vor, entsprechende Passagen im Nachgang zu entfernen.

In diesem Zusammenhang noch einmal der Hinweis für jene, die den Gastbeitrag nur an-, aber nicht durchlesen: Es geht hier nicht um die Entertainment Area (also den Privatbesucherbereich), sondern um Fachbesucherinnen und deren Zugang zur Gamescom Business Area (Hallen 2 bis 4 sowie Confex).


Update vom 27. August 2024 (17 Uhr): Der Branchenverband Game als Gamescom-Co-Veranstalter äußert sich auf Anfrage wie folgt:

„Der Zutritt für Kinder unter 4 Jahren zur Gamescom ist grundsätzlich untersagt, um die Sicherheit und den Schutz von Babys und Kleinkindern zu gewährleisten. Diese Regelung ist an verschiedenen Stellen, beispielsweise direkt beim Ticket-Kauf auf unserer Website, seit Jahren, klar und öffentlich kommuniziert.

Die Veranstaltung umfasst Bereiche mit hoher Lautstärke und starkem Besucherandrang, die sich schnell über verschiedene Flächen verteilen können. Wir verstehen, dass diese Regelung für berufstätige Eltern eine Herausforderung darstellen kann, bitten jedoch um Verständnis, dass aus Jugendschutz- und Sicherheitsgründen keine Ausnahmen möglich sind.

Gleichzeitig nehmen wir Feedback immer ernst und diskutieren intern mögliche Lösungen, die aber auch in der Praxis umsetzbar sein müssen. Im Übrigen haben wir in der Family & Friends Area der Gamescom einen Kindergarten eingerichtet und somit ein Angebot geschaffen, bei dem Eltern ihre Kindern ab 4 Jahren für eine gewisse Zeit betreuen lassen können. Dies ist aus unterschiedlichen Gründen für jüngere Kleinkinder und Babys allerdings nicht möglich.“


Update vom 27. August 2024 (16 Uhr): Der Gastbeitrag von Katharina Weiß hat in der Branche und weit darüber hinaus ein breites Echo und eine intensive Debatte ausgelöst – neben Zustimmung und Verständnis zeigt sich in den Kommentaren vielfach auch das exakte Gegenteil, also erbitterter Widerspruch und Unverständnis.

Die Verbands-Tochter Game Events, die den vorgelagerten Fachkongress Devcom organisiert, stellt auf Anfrage klar, dass die Teilnahme an der dreitägigen Konferenz nur Personen ab 18 Jahren gestattet ist: „Allerdings sind wir uns der besonderen Bedürfnisse von Teilnehmenden, darunter auch stillender Mütter, bewusst und bemühen uns, eine Teilnahme möglichst inklusiv zu gestalten.“

Das erstmals genutzte Confex-Gebäude biete die Möglichkeit für Rückzugs- und Ruheräume – auch die Vorträge und Panels fänden überwiegend in abgetrennten, ruhigen Bereichen statt. Daher habe man auf Anfrage einer teilnehmenden Person die Teilnahme gestattet – inklusive kostenlosem Zugang für die begleitende Betreuung.


Meldung vom 26. August 2024:

„Zur Gamescom ist öffentliches Publikum ab 4 Jahren zugelassen.“

So steht es geschrieben in den Teilnahmebedingungen und im Ticket-Shop der Koelnmesse für die Kölner Gamescom, die am Sonntag zu Ende ging. Wer das Gedränge und die Lautstärke auf einer der größten Fach- und Publikumsmessen Deutschlands kennt, wird bestätigen: Für diese Regelung gibt es gute Gründe.

Doch wie verhält es sich mit frischgebackenen Eltern, die ihrem Beruf im ungleich ruhigeren Business-Bereich des Messegeländes nachgehen wollen und müssen – etwa als Aussteller, Dienstleister, Fachbesucher oder Referent im Rahmen von Fachkonferenzen wie Devcom und Gamescom Congress?

Gleich mehreren Teilnehmerinnen samt Nachwuchs wurde der Zugang zum Gelände und in die Hallen verweigert – eine Regelung, die vielfach als diskriminierend empfunden wurde. Zwar schreibt sich die Games-Industrie und auch die Koelnmesse die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf die Fahnen; doch ausgerechnet die wichtigste Branchen-Veranstaltung des Landes schließt berufstätige Mütter mit Kindern kategorisch aus – und zwar buchstäblich.

Noch während der laufenden Gamescom-Woche haben betroffene Fachbesucherinnen ihrem Ärger in sozialen Netzwerken Luft gemacht und sich sowohl an die Veranstalter als auch an Beratungsstellen und Medien gewandt.

Gamescom 2024: Fachbesucherinnen mit Kindern wehren sich gegen Ausschluss

Katharina Weiß hat ihre Gamescom-2024-Erlebnisse nun aufgeschrieben: Weiß ist seit fast 17 Jahren Jahren für das Wuppertaler Studio SilentFuture tätig und dort Teil des Management-Teams sowie Creative Director. Darüber hinaus engagiert sie sich bei der Standortinitiative Games NRW, wo sie sich seit Mai den Vorstands-Vorsitz mit Ubisoft-Blue-Byte-Chef Benedikt Grindel teilt.

GamesWirtschaft dokumentiert die Schilderung von Katharina Weiß im Wortlaut. Parallel haben wir die Gamescom-Ausrichter – Koelnmesse und Verband – um Stellungnahmen gebeten (Update folgt).


Gastbeitrag: Fachbesucher*innen mit Kindern: Ausschluss von der Gamescom und was sich ändern muss

„Nachdem mir wegen meinem Neugeborenen der Zutritt zur Gamescom verweigert wurde, haben mich verschiedene Berichte von betroffenen Eltern erreicht, die als Fachbesucher*innen an dem wichtigen beruflichen Ereignis teilgenommen haben und teilnehmen wollten, aber wie ich ausgeschlossen wurden.

Dabei erlebten wir eine herablassende und unangenehme Behandlung durch das Personal. Hierbei kam es zu belehrenden und aggressiven Äußerungen, die in einem professionellen Umfeld absolut inakzeptabel sind.

Daher trete ich dafür ein, dass niemand in Zukunft ähnliche Erfahrungen machen muss und alle Fachbesucher*innen – unabhängig von ihrer familiären Situation – ohne Angst und Sorge an Veranstaltungen teilnehmen können.

Gründe für den Ausschluss oder Willkür

„Der Zutritt für Kinder unter 4 Jahren zur Gamescom ist grundsätzlich untersagt, um die Sicherheit und den Schutz von Kleinkindern zu gewährleisten. Diese Regelung ist an verschiedenen Stellen (bspw. auf unserer Website), seit Jahren, klar und öffentlich kommuniziert. Die Veranstaltung umfasst Bereiche mit hoher Lautstärke und starkem Besucherandrang, die sich schnell über verschiedene Flächen verteilen können. Wir verstehen, dass diese Regelung für berufstätige Eltern eine Herausforderung darstellen kann, bitten jedoch um Verständnis, dass aus Sicherheitsgründen keine Ausnahmen möglich sind.“ 

Hat man als Fachbesucher*innen ein entsprechendes Ticket gebucht, war kein Hinweis auf eine Altersbeschränkung zu finden. Besonders irritierend ist, dass trotz dieses Ausschlusses von Kindern unter 4 Jahren dennoch Kleinkinder und Babys auf der Messe zu sehen waren, was auf eine inkonsistente und willkürliche Anwendung der vermeintlichen Sicherheitsvorgaben hindeutet.

Ein bekanntes Problem – und eine vertane Chance

Es ist enttäuschend, dass diese Probleme nicht neu sind. Bereits 2019 wurde mir mit dem Ausschluss von der Gamescom gedroht, weil ich mit meinem ersten Sohn als Fachbesucher die Messe besuchen wollte. Nach öffentlicher Kritik wurde damals eingelenkt und eine Verbesserung der Situation versprochen.

Doch die diesjährigen Vorfälle zeigen, dass keine nachhaltigen Maßnahmen getroffen wurden, um die Situation für Eltern zu verbessern. Dass ein Problem, das seit Jahren bekannt ist, immer noch nicht angegangen wurde, ist ein Versäumnis, das dringend behoben werden muss.

Bedeutung von Diversität und Inklusion auf der Gamescom

Der Game-Verband hat sich in der Vergangenheit stark für Diversität in der Spielebranche eingesetzt und entsprechende Kampagnen ins Leben gerufen. Auch auf der diesjährigen Gamescom wurden erfreulicherweise Maßnahmen wie ein Safer Space und eine Safer Space Policy eingeführt, die beim Ticketkauf akzeptiert werden mussten.

Diese Initiativen sind grundsätzlich sehr zu begrüßen und setzen wichtige Signale für eine inklusive Branche. Umso gravierender ist es jedoch, wenn genau die Gruppen, die eigentlich von diesen Maßnahmen profitieren sollen, im realen Kontext der Messe diskriminiert und ausgegrenzt werden.

Eltern, die in der Spielebranche arbeiten, dürfen nicht systematisch ausgeschlossen werden, nur weil sie auf die Mitnahme ihrer Kinder angewiesen sind. Solche Ausschlüsse behindern nicht nur unsere berufliche Entwicklung, sondern widersprechen auch den Grundsätzen der Inklusion, die Sie selbst propagieren.

Die Notwendigkeit einer familienfreundlichen Messekultur

Die Gamescom ist nicht nur ein Treffpunkt für Spielerinnen, sondern auch ein bedeutendes Business-Event für Fachbesucher*innen aus der gesamten Games-Industrie. Für viele Eltern, die in dieser Branche arbeiten, ist es unerlässlich, dass sie ihre Kinder mitbringen können, insbesondere wenn diese noch gestillt werden müssen oder keine andere Betreuungsmöglichkeit besteht.

Anstatt diese Fachkräfte auszuschließen, sollte es im Interesse der Veranstalter sein, Rahmenbedingungen zu schaffen, die ihre Teilnahme ermöglichen. Dazu gehören kinderfreundliche Bereiche, geeignete Still- und Wickelräume sowie eine Schulung des Personals im Umgang mit solchen Situationen.

Entscheidungsfreiheit der Eltern

Ein zentrales Argument ist, ob die Eltern nicht selbst am besten wissen, was für ihr Kind geeignet ist. Eltern tragen in der Regel die Verantwortung dafür, ihre Kinder vor Überforderung und Gefahren zu schützen.

Wenn klare Informationen und Beschilderungen über ungeeignete Bereiche vorhanden sind, können Eltern selbst entscheiden, ob sie ihre Kinder in bestimmte Bereiche mitnehmen oder lieber die ruhigeren Bereiche nutzen. Zudem könnte die Bereitstellung von speziellen Gehörschützern für Kleinkinder und Babys das Lärmproblem lösen.

Ein Appell für konkrete Maßnahmen

Daher appelliere ich die Vorfälle ernst zu nehmen und konkrete Schritte zu unternehmen, um sicherzustellen, dass die Gamescom in Zukunft wirklich alle willkommen heißt. Diese Maßnahmen sind nicht nur im Interesse der betroffenen Fachbesucher*innen, sondern tragen auch dazu bei, dass die Branche insgesamt offener, vielfältiger und gerechter wird.

Dazu gehören eine transparente Aufarbeitung der Vorkommnisse sowie eine Überprüfung der bisherigen Praktiken.

Ich möchte betonen, dass ich mich nicht gegen Sicherheitsvorgaben ausspreche – ganz im Gegenteil. Es geht um faire, transparente und familienfreundliche Bedingungen, die es uns ermöglichen, sowohl beruflich als auch familiär unseren Verpflichtungen nachzukommen und dass Diversität und Inklusion nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben.“


Hinweis: Gastbeiträge geben grundsätzlich die Meinung des Autoren oder der Autorin wieder und decken sich nicht zwingend mit der Auffassung der Redaktion.

99 Kommentare

  1. richtig so, Babys haben auf so einer messe bzw Veranstaltung nichts verloren. und wenn die Dame schon in vorherigen Jahren Probleme mit Kind hatte hätte sie sich schon im Vorfeld beim Ticketkauf erkundigen können ob sie ihr Kind mitnehmen kann (und ja es wird drauf hingewiesen das kinder unter 4 nicht mit dürfen)…

  2. In der heutigen Zeit kommt wieder ein ganz großes Problem auf, an dem vor allem wir in Deutschland leiden. Nämlich ‚meine Meinung ist immer die Richtige!‘ Mentalität.
    Dies merkt man schon daran, dass viele schreiben das sie entsetzt sind von den Kommentaren. Eher wohl das sie nicht diese Meinung teilen. Dabei gab es hier aus meiner Sicht sehr gute Meinungen von beiden Seiten.
    Zusammengefasst. Ich verstehe wenn Mütter soviel Zeit wie möglich mit ihrem (neugeborenen) Kind verbringen möchten. Auch wenn sie noch in der Stillphase sind, alleinerziehend, Kind krank ist usw.
    Aber irgendwo sind nun mal auch Grenzen!
    Wie einer schon gut geschrieben hat, was wäre wenn der Handwerker mit Baby umgeschnallt kommt um laute Arbeit zu verrichten. Soll dann der Bauherr auch eine Eltern zone einrichten?
    Das muss einfach nicht sein! Dafür gibt es KiTas, Großeltern, Partner usw.
    Und wenn es den seltenen Fall gibt das nichts davon geht, dann geht es halt nicht! Dann muss man halt mit dem Arbeitgeber sprechen und eine Lösung finden die zum Wohl aller ist. Wenn die Person so wichtig ist vor Ort muss eher die Firma sich dann bemühen. Oder würde homeoffice mit live schalte nicht auch reichen von zu Hause aus?
    Wir sprechen hier von Kindern von 0-3 Jahren! Das erste Jahr ist sowieso noch Mutterschutz, also sprechen wir hier von 2 max. 3 mal gamescom wo man sich arrangieren muss.
    Meine Meinung: in der Tat bieten immer mehr Cons eine ruhige Eltern Area an. Das ist eine gute Sache. Kinder sollten nicht zu lange großen Trubel ausgesetzt sein in jungen Jahren und Eltern nicht ganz ausgeschlossen.
    Aber, bei Babys hört es dann bei mir auf wenn es um so Messen wie eben die gamescom geht. Auch am Fachbesucher Tag, ich war schon dort, ist es eben auch laut.
    Bei ich glaube über 350tsd. Besucher (Fachbesucher 50tsd.) würde ich niemals mein Kind unter 4 Jahren mitnehmen. Weder privat und schon gar nicht wenn ich dort beruflich wäre.
    Aus meiner Sicht hat die Autorin den Bogen völlig überspannt, zumal sie von den Regeln wusste. Dann das Personal angehen das seinen Job macht, übertrieben negativ davon berichten, ganz großes Kino.
    Aber auch ich als Arbeitgeber würde gar nicht auf die Idee kommen meine Mitarbeiter mit Kind unter 4 Jahren auf die gamescom zu schicken. Auch das sollte man mal hinterfragen welcher Arbeitgeber das zulässt und wenn die dann so im Regen stehen lässt und sich nicht selbst um Räume für diese Mitarbeiter kümmert

  3. Also es ist schon beachtlich was sich hier Leute für Kommentare erlauben. Also erstmal ein Beispiel von dem Game Studio in dem ich arbeite. In unserem Game Studio ist es Müttern erlaubt ihre Kinder mit zur Arbeit zu nehmen, sogar Hunde sind erlaubt. Frauen sich sogar bei zu starken Menstruations Schmerzen krank schreiben. Und das sind die minimum base standards.

    Also erstmal ist sie eine Fachbesucher*inn und geht auch nicht zu den öffentlichen Besucher Tagen hin – wobei die mittlerweile auch schon voll sind mit fragwürdigen Leuten die offensichtlich nicht in der Games Branche arbeiten. Dennoch an solchen Tagen ist es eher leiser und ruhiger und wenn sie in den B2B Bereich geht, der ja an allen Tagen für normale Besucher tabu ist, dann ist es noch viel viel ruhiger.

    Also die Regelung Der Zutritt für Kinder unter 4 Jahren zur Gamescom ist grundsätzlich untersagt, ist in dem Falle lächerlich an nicht Besucher Tagen.

    • Es ist ein Unterschied ob in einem ruhigen Büro wo man mit einer handvoll Menschen nur ist, oder eben auf der gamescom wo eben auch am fachbesucher Tag 30 bis 50tsd. Leute sind mit ständen wo über 80db Musik und krach gemacht wird. Schickt euer Studio etwa seine Mitarbeiter mit Kind unter 4 dahin? Ohne sich dann um einen Raum für das Kind zu bemühen? Oder um eine Alternative? Wohl dann doch nicht so fortschrittlich

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