Start Wirtschaft Unity Runtime Fee: Kritik an Gebühren-Modell hält an (Update)

Unity Runtime Fee: Kritik an Gebühren-Modell hält an (Update)

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Unity gilt neben der Unreal Engine als eines der populärsten Tools bei der Entwicklung von Videospielen (Abbildung: Unity Technologies)
Unity gilt neben der Unreal Engine als eines der populärsten Tools bei der Entwicklung von Videospielen (Abbildung: Unity Technologies)

Außergewöhnlich heftig fallen die Reaktionen auf ein neues Gebühren-Modell aus: Die Unity Runtime Fee greift ab 2024.

Update vom 18. September 2023 (10 Uhr): Für die entstandene „Konfusion und Sorgen“ mit Blick auf die angekündigte Runtime Fee bittet Unity um Entschuldigung. Das Unternehmen kündigt Änderungen an – ein Update werde „in eigenen Tagen“ erfolgen (Details).


Update vom 14. September 2023 (17 Uhr): Der Verband der europäischen Spiele-Entwickler EGDF erwartet „drastische Auswirkungen“ auf die Games-Industrie infolge des veränderten Unity-Geschäftsmodells.

Konkret habe man es mit einem Marktversagen zu tun, weil kleine wie große Spielehersteller gezwungen seien, die Konditionen zu akzeptieren. Schließlich sei Unity neben der Unreal Engine der Quasi-Industriestandard und stelle das technische Fundament für mehr als 750.000 Spiele von mehr als 230.000 Entwicklern; viele Nachwuchs-Spieldesigner und -Programmierer würden auf Unity ausgebildet. Mit Blick auf die meist jahrelangen Entwicklungszeiten könnten Studios nicht ohne Weiteres auf alternative Systeme wechseln.

Daher sei nun die EU-Kommission aufgerufen, den Fall zu untersuchen – nötigenfalls müssten die europäischen Wettbewerbsbehörden einschreiten.


Update vom 14. September 2023 (14 Uhr): Auch 48 Stunden nach Ankündigung der ‚Unity Runtime Fee‘ reißt die Kritik der Unity-Kunden nicht ab – das Unternehmen sieht sich in Foren und via Social Media mit einem Mix aus Konfusion, Wut, Frust und Sarkasmus konfrontiert.

Dass laut Unity 90 Prozent der Nutzer von der Preiserhöhung gar nicht betroffen seien, wird beispielsweise von mehreren Kanälen in Zweifel gezogen. So gäbe es eine riesige Zahl an Hobby-Entwicklern und Studenten, die (noch) gar keine kommerziellen Ziele verfolgen. In der Praxis seien bereits kleine Studios mit zwei, drei, vier Mitwirkenden von der Neuregelung betroffen.

Zwischenzeitlich hat Unity weitere Eingrenzungen vorgenommen. Gebührenpflichtig seien demnach nur Spiele-Installationen, die ab dem 1. Januar 2024 erfolgen – es erfolgt keine rückwirkende Berechnung. Nicht gebührenpflichtig sind außerdem ‚Re-Installs‘, unrechtmäßige Kopien, Demo-Versionen, Web- und Streaming-Spiele sowie Games, die Teil von Wohltätigkeitsprojekten sind.

Die Ergänzungen stehen teils im Widerspruch zu Aussagen, die noch am Dienstag oder Mittwoch getroffen wurden.


Update vom 13. September 2023 (16 Uhr): Bei Unity ist man erkennbar um Schadensbegrenzung bemüht – trotz nachgereichter Informationen herrscht weiterhin erhebliche Verunsicherung im Markt. Mittlerweile hat auch die Unity-Aktie reagiert, die zum Handelsstart an den US-Börsen um 5 Prozent nachgibt.

Durchgerungen hat sich das Unternehmen zur Klarstellung, dass offenkundig stets nur die allererste Installation gezählt werden soll – Löschung und Neuinstallation resultieren also nicht in einer Mehrfach-Berechnung. Installiert der Nutzer ein und dasselbe Spiel allerdings auf mehreren Geräten (etwa zusätzlich zum Desktop-PC auch auf Laptop oder Steam Deck), dann wird die Gebühr weitere Male fällig.

Und noch eine wichtige Information: Spiele-Demos und Charity-Pakete zählen nicht – wohl aber Early-Access-Versionen, die später in einer Vollversion resultieren.

Im Falle von Abodiensten wie dem Xbox Game Pass würden nicht die Entwickler, sondern die Service-Anbieter – hier: Microsoft – zur Kasse gebeten. Dort wird man mutmaßlich nicht allzu amüsiert auf absehbar höherere Rechnungen infolge des neuen Unity-Tarifsystems reagieren.


Update vom 13. September 2023 (15 Uhr): Unity-Rivale Epic Games nutzt den Shitstorm bei der Konkurrenz für Werbung in eigener Sache: „Wir sind nur erfolgreich, wenn ihr erfolgreich seid“, heißt es in einem Posting in Richtung Spiele-Entwickler. Demnach greife die 5-Prozent-Umsatzbeteiligung (‚Royalties‘) nur dann, sobald erste Dollar-Million eingefahren worden sei. Wird das Spiel im Epic Games Store veröffentlicht, entfallen diese Provisionen komplett.


Unity Runtime Fee: Scharfe Kritik an neuem Gebühren-Modell

Meldung vom 13. September 2023 (9:30 Uhr): Der kalifornische Software-Hersteller Unity Technologies hat mit Wirkung zum 1. Januar 2024 ein neues Preis-Modell für die gleichnamige Engine angekündigt. Ab diesem Zeitpunkt wird die sogenannte Unity Runtime Fee berechnet.

Unity ist neben der Unreal Engine von Epic Games die marktführende Technologie, auf der einige der erfolgreichsten PC-, Konsolen- und Mobilegames basieren, darunter Pokémon Go, Fall Guys und Genshin Impact. Gerade bei Indie-Studios ist das Produkt – bei allen Schwächen – populär.

Die Gebühr greift bereits ab einem Umsatz von 200.000 $ innerhalb von zwölf Monaten – eine Marke, die bereits von kleinen Studios schnell erreicht wird. Die Höhe der Gebühr hängt vom gewählten Abo-Tarif und von der Zahl der ‚Installationen‘ ab: Wer Unity Personal und Unity Plus nutzt, zahlt 20 Cent pro installiertem Spiel – im Falle von Unity Pro und Unity Enterprise sinkt dieser Preis von zunächst 15 beziehungsweise 12,5 Cent auf 0,2 Cent respektive 0,1 Cent.

Für Free2Play-Games soll es gesonderte Konditionen geben – allerdings nur bei Nutzung ausgewählter Monetarisierungs-Tools.

Was nach einer Kleinigkeit klingt, hat nach Einschätzung von Publishern und Studios tiefgreifende Auswirkungen. Gerade bei Games mit niedrigen Preispunkten schmilzt die Marge noch weiter, zumal Plattformen wie Steam bereits 30 Prozent des Umsatzes einbehalten. Die Runtime Fee zwingt Unity-Entwickler zudem während des laufenden Prozesses zu einer Neukalkulation und damit zu einer Anpassung von Businessplänen und Geschäftsmodellen.

Das Unternehmen selbst räumt im Nachgang ein, dass es sich in der Tat um eine Preiserhöhung handelt – indes sei davon nur eine sehr kleine Zahl von Nutzern betroffen, nämlich zuvorderst jene, die schon gut laufende Spiele am Markt haben.

Gleichwohl sind viele Fragen offen, etwa die präzise Definition und Erhebung eines „Install“, die Vermeidung von Fehl- und Missbrauchs-Messungen und der Umgang mit Demos sowie Games innerhalb von Abo-Systemen wie Xbox Game Pass und PlayStation Plus.

Auf Nachfragen reagiert Unity ausweichend und vage – dementsprechend harsch fallen die Reaktionen aus der nationalen und internationalen Games-Industrie aus. Die Kritik von The Game Awards-Moderator Geoff Keighley klingt noch vergleichsweise harmlos: „What a joke“.

Beitrag wird laufend aktualisiert

7 Kommentare

  1. und das die hohen Tiere ihre Aktien fleißig verkauft haben vor der Ankündigung. kann mal ruhig groß und breit bekannt gemacht werden.

  2. ganz blöde idee eine „runtime fee“ einzuführen grade jetzt wenn godot mit der 4. version wirklich benutzbar geworden ist.

    • Als ob Godot einem Multimilliardendollarkonzern das Wasser reichen könnte. Das ist eher wie Blender oder OBS, ganz nett aber die kommerziellen Anbieter sind am Ende trotzdem besser

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