Start Wirtschaft Qiddiya Gaming: Das größte Mysterium der Gamescom 2024

Qiddiya Gaming: Das größte Mysterium der Gamescom 2024

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Saudi-Arabien bewirbt Qiddiya Gaming auf der Gamescom 2024 (Foto: GamesWirtschaft)
Saudi-Arabien bewirbt Qiddiya Gaming auf der Gamescom 2024 (Foto: GamesWirtschaft)

Mit einem XXL-Stand in Halle 6 wirbt Saudi-Arabien um Touristen für die in Bau befindliche E-Sport- und Games-‚Oase‘ Qiddiya Gaming.

Ein schier endloser Warte-Bereich, der in eine stilisierte Burg führt – mittendrin ein gigantisch großer Schädel einer Fantasy-Figur, dazu Exponate und riesige Touch-Bildschirme: So präsentiert sich der geheimnisvolle XXL-Stand in Halle 6 der Gamescom 2024, der sowohl bei Gamescom-Besuchern als auch bei vielen Branchenvertretern für Stirnrunzeln sorgte. Unter anderem deshalb, weil das überwiegend leere Areal doppelt so viel Fläche belegt wie die benachbarten Stände von Electronic Arts (EA Sports FC 25), Take-Two (Civilization 7) oder HoYoverse (Genshin Impact).

Man muss schon sehr genau hinschauen und den Hallenplan bemühen, um zu erfahren: Der mysteriöse Stand wirbt für Qiddiya Gaming. Dahinter verbirgt sich eines von mehreren Infrastruktur- und Tourismus-Großprojekten des Königreichs Saudi-Arabien.

Qiddiya ist eine Art Las Vegas, Atlantic City oder Macau inmitten der Wüste, rund 40 Kilometer entfernt von der saudischen Hauptstadt Riad – mit Hotels, Einkaufszentren, einem Stadion, Museen, Golfplätzen, Restaurants, Konzertsälen, Mehrzweckhallen, einer Formel-1-Strecke und mehreren Wasser- und Freizeitparks (Six Flags Qiddiya, Dragon Ball Theme Park).

Alleine der in Köln beworbene ‚Gaming & Esports District‘ misst 500.000 Quadratmeter und ist künftiger Austragungsort des Esports World Cup, der in diesen Tagen in Riad zu Ende geht. Games-Unternehmen, Profi-Klubs und -Spieler sollen dort unterjährig und dauerhaft ihre Zelte aufschlagen.

Der Gamescom-Stand wirbt allerdings für ein Reiseziel, von dem bislang nur Skizzen und Renderings existieren – Buchungen sind noch nicht möglich. Ursprünglich war vorgesehen, dass erste Qiddiya-Abschnitte bereits 2023 und 2024 freigegeben werden, doch die Bauarbeiten hinken dem Zeitplan deutlich hinterher. Jetzt soll die Eröffnung im Jahr 2025 erfolgen.

Finanziert wird das Mega-Projekt vom Staatsfonds PIF (Public Investment Fund), zu dem wiederum die Savvy Games Group gehört. Dort sind nicht nur milliardenschwere Anteile an großen Spiele-Herstellern wie Activision Blizzard, Capcom, Nintendo, Nexon, Embracer, Take-Two und Electronic Arts gebündelt, sondern auch das kalifornische Studio Scopely (Monopoly Go!) und der E-Sport-Veranstalter ESL Faceit Group.

Übersetzt: Wer ein Ticket für das Kölner E-Sport-Turnier IEM Cologne erwirbt oder In-Game-Käufe in Monopoly Go! tätigt, wird automatisch Kunde bei Saudi-Arabien – und zahlt somit auf Image und Konto des Wüstenstaats ein.

Die Monarchie am Golf verfolgt mit ‚Saudi Vision 2030‘ ein ambitioniertes, langfristig angelegtes Investitions- und Diversifizierungs-Programm, um die Wirtschaft des riesigen 37-Milionen-Einwohner-Staats langfristig unabhängiger zu machen von fossilen Energieträgern wie Erdöl und Erdgas.

Ein elementarer Teil dieser Strategie sind Videospiele und E-Sport: Mit substanziellen Beteiligungen an Publishern und Veranstaltern sowie der Ausrichtung von ‚Weltmeisterschaft‘ (Esports World Cup) und dem olympischen E-Sport-Programm (Olympic Esports Games) kontrolliert das Land schon jetzt weite Teile des globalen E-Sport-Markts – Qiddiya Gaming ist ein weiterer Baustein. Beobachter sehen darin den Versuch des Sportswashing, auch durch flankierende Promotion-Aktionen mit lokalen Fußball-Rentnern wie Ronaldo und Neymar.

Ungeachtet von eingeleiteten Reformen kritisieren Amnesty International und weitere Organisationen zudem die weiterhin unbefriedigende Menschenrechts-Situation mit Blick auf Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und die weltweit nahezu beispiellose und weiter wachsende Zahl an Hinrichtungen. Das Auswärtige Amt in Berlin warnt insbesondere die LGBTIQ-Community vor möglicher Strafverfolgung.


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5 Kommentare

  1. Das war mit Abstand der sinnolseste Stand auf der GamesCom. Absolut witzlos und dieses „Rätsel“ war einfach nur total dumm 🙈
    da merkt man, dass jemand einfach zu viel Geld hatte (Saudi Arabien)

  2. Dieser Kontrast ist einfach echt hart: Saudi-Arabien und die vorherrschende Narrative in der Games Industrie passen überhaupt nicht zusammen.

    • Beitrag zu Wukong kommt noch – allerdings ist derlei Background nicht ‚Kerngeschäft‘ von GamesWirtschaft. Fokus ist ja DACH-Region.

  3. Also der Stand an sich war zwar sehr groß und kaum zu übersehen, aber richtig voll war es dort nie als ich da vorbeigekommen bin.
    Der Stand hatte sehr große Leerflächen verglichen mit anderen Gamescom Ständen. Statt PCs oder Konsolen zum zocken war da einfach nichts. Außer dem großen Totenkopf in der Mitte und DJs gabs eigentlich nichts zu sehen.
    Während es z.B. am Lego Stand brechend voll war, war es an dem Qiddiya Stand eher leer. Da waren große Warteschlangen, wo aber kaum jemand angestanden hatte.
    Für mich war dieser Stand einer der größten Flops auf der Gamescom. Groß und imposant, aber eigentlich nix zum Zocken oder anschauen…
    Ich weiß auch nicht, was die sich gedacht haben. Wieso macht man so einen großen Stand ohne Konsolen oder PCs zum Zocken? Mit Cosplay hatte das ja auch nix zu tun, war ja nichts aus irgend einem Spiel was dort aufgebaut war.

    Auf jeden Fall wäre das 2025 kein Verlust, wenn Qiddiya nicht mehr dabei wäre. Den Platz hätte man besser für einen Stand nutzen sollen, wo man auch etwas spielen kann.

    Finde das mit dieser E-Sports Sache in Saudi-Arabien auch eher grenzwertig. Danke für diesen Artikel und die Aufklärung.

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