Bittere Nachrichten für 200.000 Livestreamer und 14 Mitarbeiter: Das Amtsgericht Charlottenburg hat das Insolvenzverfahren beim Berliner Startup Fishwoodco (Loots) eröffnet.
Update vom 8. Januar 2020: Mit Datum vom 30. Dezember 2019 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Fishwoodco GmbH eröffnet, dem Betreiber des Streaming-Tools Loots. Das Amtsgericht Charlottenburg begründet die Entscheidung mit der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung des Unternehmens. Die Gläubiger des Berliner Tech-Startups werden aufgefordert, ihre Ansprüche bis Ende März 2020 beim Berliner Insolvenzverwalter Sebastian Laboga anzumelden.
Meldung vom 28. Oktober 2019: Am 22. Oktober 2019 hat das Amtsgericht Charlottenburg einen vorläufigen Insolvenzverwalter für die Fishwoodco GmbH bestellt. Das Unternehmen entwickelt und vertreibt eine populäre Live-Streaming-Marketing-Lösung unter der Marke Loots, die nach Unternehmensangaben von über 200.000 Letsplayern genutzt wird.
Eine Berliner Kanzlei wacht nun darüber, dass keine „nachteiligen Veränderungen in der Vermögenslage der Schuldnerin bis zur Entscheidung über den Antrag“ erfolgen. Währenddessen führt Unternehmensgründer und CEO Marc Fühnen Gespräche mit Investoren, um das Tech-Startup zusammen mit seinem 14köpfigen Team fortführen zu können.
Die Meldung kommt überraschend: Erst zur Gamescom 2019 hatte Loots den Aufbau einer eigenen Live-Streaming-Plattform angekündigt, also einen Mitbewerber zu Amazon (Twitch), Microsoft (Mixer) und Google (YouTube Gaming). Im vergangenen Jahr war Loots einer der Hauptsponsoren des Letsplayer-Spendenmarathons „Friendly Fire 4“.
In einer Mitteilung an die Live-Streamer räumte das Unternehmen am Freitag ein, dass es quasi aus dem Nichts mit einer Klage eines „major players in our industry“ konfrontiert wurde. Um welchen Mitbewerber es sich konkret handelt, geht aus der Meldung nicht hervor. Klar ist nur: Der Rechtsstreit dreht sich um die Frage, ob es Live-Streamern grundsätzlich erlaubt ist, ihre Inhalte mit Sponsoren-Meldungen und Werbung über Plattformen Dritter zu monetarisieren.
Das Loots-Geschäftsmodell funktioniert so: Zuschauer schicken kostenlose Text-Botschaften an ihren Lieblings-Twitch-Streamer und unterstützen ihn damit finanziell. Denn der Einblendung dieser Nachricht werden 15sekündige Werbevideos vorgeschaltet. Einmal pro Monat wird abgerechnet: Der Influencer erhält dann die Überweisung direkt von Loots. Damit ergibt sich für Letsplayer eine weitere Einnahme-Quelle – neben klassischen Werbespots, Fan-Artikeln, Abos („Subs“) und Spenden („Donations“).
Kunden wie Bethesda, Ubisoft, Epic Games, Activision Blizzard, Deep Silver, Capcom, Nintendo, Square Enix und Riot Games haben das System schon genutzt.
Laut Loots soll der laufende Geschäftsbetrieb „ganz normal“ weiterlaufen. „Wir arbeiten eng mit der Insolvenzverwaltung zusammen und setzen alle erforderlichen Maßnahmen schnellstmöglich um“, so Fühnen gegenüber GamesWirtschaft. Allerdings ging die frisch gestartete Live-Streaming-Plattform vom Netz, um sich ganz auf das Kerngeschäft im Anzeigen-Bereich konzentrieren zu können.
Für die Streamer hat der Insolvenzantrag allerdings sehr konkrete Auswirkungen: Alle Provisionen, die bis 24. Oktober angefallen sind, dürfen vorerst nicht ausbezahlt werden, da das Vermögen der Gesellschaft eingefroren ist. Aber: Die ausstehenden Gelder sollen so schnell wie möglich erstattet werden. Wörtlich heißt es in der Ankündigung: „Wir wissen, dass dies unglaublich nervt – und es tut uns wahnsinnig leid“.
Gleichzeitig sollen alle Provisionen, die nach dem 24. Oktober erzielt werden, pünktlich zur Auszahlung gelangen. Damit die Streamer weiterhin an Bord bleiben, verspricht Loots einen 50-Prozent-Bonus plus Überweisungen im 14-Tages-Rhythmus. Diese Maßnahme sei mit dem Insolvenzverwalter abgesprochen worden, betont Geschäftsführer Fühnen. „Es ist uns sehr wichtig, mit unseren Streamern so offen wie möglich umzugehen. Sie sind unser Herzblut, und wir möchten sie – soweit wir können – für ihre Treue in dieser Situation belohnen.“
Dem Unternehmen bleiben nun drei Monate Zeit, um die Rechtsstreitigkeiten aus dem Weg zu räumen – also bis maximal Ende Januar. Fühnen ist optimistisch, dass sich die Situation möglicherweise deutlich schneller klären lässt. Sowohl Streamer als auch Geschäftspartner sollen kontinuierlich über den Fortgang der Verhandlungen informiert werden.