Einer der einst größten Apple-Händler des Landes streicht die Segel: Gravis gibt auf und schließt alle Filialen in Deutschland.
Update vom 21. Mai 2024: Der 15. Juni – ein Samstag – markiert den Schlusspunkt in der Gravis-Historie. An diesem Tag stellt der Apple-Spezialist den Vertrieb in den 37 Filialen sowie im Online-Shop „weitestgehend“ ein. Ende Juni gehen dann endgültig die Lichter aus. Die Belegschaft sei über diesen Zeitkorridor informiert worden – das Management hat sich nach eigener Darstellung um „sozialverträgliche Lösungen“ bemüht.
Für die Gravis-Kunden ergeben sich zwangsläufig eine Menge Fragen, die zumindest ausschnittsweise auf einer Website beantwortet werden. So ist die Einlösung von Gravis-Gutscheinen noch bis zum Stichtag möglich – Reparatur-Aufträge werden allerdings schon seit dem 16. Mai nicht mehr angenommen. Gewährleistungs-Ansprüche sollen auch über die Schließung hinaus bedient werden.
Gravis: Apple-Händler schließt alle Filialen
Meldung vom 18. März 2024: „Bei uns ist keine Barzahlung mehr möglich“ – so steht es seit Januar 2023 an den Türen der knapp 40 Gravis-Stores geschrieben. Jetzt – etwas mehr als ein Jahr später – ist absehbar: Demnächst ist auch keine Kartenzahlung mehr möglich.
Denn der Gravis-Mutterkonzern Freenet schließt nach übereinstimmenden Medienberichten alle Gravis-Filialen in Deutschland. Eine offizielle Ankündigung liegt noch nicht vor, ebenso wenig wie ein konkretes Zeitfenster – das Unternehmen hat die Abwicklung allerdings auf Anfrage bestätigt und sich auch zu den Gründen geäußert: Nach eigenen Angaben hat Gravis seit 2022 rote Zahlen geschrieben; auch Investitionen in die Läden und ein Marken-Relaunch haben keine Linderung gebracht.
Gravis galt und gilt als einer der größten Vertriebskanäle für Apple-Produkte (iPhone, iPad, Macbook, iMac, Apple Watch etc.) samt Software und Services im deutschsprachigen Raum. Die Abhängigkeit von einem einzelnen Lieferanten ist im Vergleich zu Elektronikmärkten oder Versendern somit außergewöhnlich hoch, zumal Apple das komplette Sortiment auch über bundesweit 16 eigene Stores, Mobilfunk-Anbieter und den Online-Shop vertreibt.
Gegenüber der Wirtschaftswoche verweist ein Freenet-Sprecher auf verschlechterte Konditionen und die restriktive Belieferung seitens Apple – dadurch sei der Betrieb der Ladengeschäfte in teurer Innenstadt-Randlage nicht mehr wirtschaftlich, auch mit Blick auf die zunehmend dünneren Margen. Die Aus- und Nachwirkungen der Pandemie sowie die schwierige Lage im stationären Einzelhandel haben ihr Übriges beigetragen.
Gravis-Gründer Archibald Horlitz, der sein Unternehmen vor zwölf Jahren an Freenet verkauft hat, schreibt in einem Blog-Beitrag auf LinkedIn, er sei „maßlos enttäuscht von der Firma Apple, mit der ich ein mehr als halbes Leben eng verbunden war“. Seine Gedanken seien bei den 600 Mitarbeitern, die nun ihre Jobs verlieren. Auch er verweist auf die Geschäftspolitik des Tech-Konzerns: So seien zur Markteinführung des iPhone 15 nur 50 Exemplare an Gravis geliefert worden, während Apple selbst sowie „Telkos“ (also Telekom, Vodafone, O2) im ersten Schritt „zehntausende Stück“ ausgeliefert hätten.
Horlitz‘ bitteres Fazit: „Apple hat in den letzten Jahren klar entschieden, dass der Fachhandel zukünftig keinen Platz in der Vertriebsstruktur von Apple hat.“
Gravis ist der jüngste Neuzugang auf einer wachsenden Liste an Händlern, die ihr Filialnetz empfindlich ausdünnen (GameStop) oder sich komplett aus den Fußgängerzonen und Einkaufszentren zurückziehen (Conrad, MyToys). Der Handelsverbands HDE geht davon aus, dass im Jahresverlauf mehr als 5.000 Geschäfte aufgeben.