Start Wirtschaft CD Projekt kündigt Strategiewechsel an

CD Projekt kündigt Strategiewechsel an

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Die Lobby von CD Projekt in Warschau (Foto: CD Projekt)
Die Lobby von CD Projekt in Warschau (Foto: CD Projekt)

Cyberpunk 2077 und die Folgen: Der polnische Games-Konzern CD Projekt will künftig mehrere AAA-Games parallel produzieren und setzt auf Online-Welten.

Seit mehr als 100 Tagen ist Cyberpunk 2077 nicht mehr im PlayStation Store gelistet: Wer eine PlayStation 5 Digital Edition besitzt, kann das Spiel derzeit also weder kaufen noch spielen. Plattformbetreiber Sony Interactive hatte das Produkt im Dezember nach Kundenbeschwerden aus dem Sortiment entfernt. Grund: gravierende technische Mängel. Wann genau dieser unkommode Zustand beendet wird, ist auch nach der jüngsten Freischaltung des üppigen Updates 1.2 weiter unklar.

Entwickelt wird Cyberpunk 2077 vom polnischen Studio CD Projekt Red. Dessen börsennotierte Konzernmutter CD Projekt S. A. hat in einem „Strategy Update“ nun die Lehren aus dem Cyberpunk 2077-Launch gezogen. Die Unternehmensgruppe beschäftigt mittlerweile 1.200 Mitarbeiter, darunter 900 bei CD Projekt Red, 200 bei der PC-Download-Plattform GOG.com und 50 bei der Mobilegames-Sparte Spokko.

CD Projekt hat sich drei Ziele vorgenommen:

  • Erstens die Produktion „bahnbrechender, story-getriebener Rollenspiele“, die durch einen höheren Action-/Shooter-Anteil ein größeres Publikum erreichen sollen.
  • Zweitens eine Rolle als eines der Top 3-Videospiele-Studios – die beiden anderen sind mutmaßlich Rockstar Games (Red Dead Redemption 2) und Naughty Dog (The Last of Us Part 2)
  • Und drittens die Erschaffung von Marken, die einen festen Platz in der globalen Popkultur einnehmen. Mindestens im Falle des Fantasy-Rollenspiels The Witcher ist dies zweifellos gelungen.

Auf diesem Weg gibt es Anpassungen in der künftigen Strategie. Das Unternehmen möchte die Kernprodukte Cyberpunk und The Witcher um Online-Welten erweitern und die Zusammenarbeit mit Weltmarken intensivieren, etwa im Bereich von TV-Serien oder Merchandise-Produkten. Wichtigste Neuerung: Anstelle der gewohnten sequenziellen Entwicklung – also ein Spiel nach dem anderen – sollen künftig mehrere Blockbuster-Projekte gleichzeitig gestemmt werden. Das Projekt hört auf den Namen RED 2.0. Dieser Prozess benötigt etwas Vorlaufzeit: Die parallele AAA-Produktion soll erst 2022 starten.

Weil die Arbeitsbedingungen von CD Projekt Red regelmäßig Schlagzeilen machten, will das Unternehmen auch an dieser Stelle nachsteuern und sich (wieder) intensiver um seine Belegschaft kümmern. Gerade in der Schlussphase der Cyberpunk 2077-Entwicklung hatte das Management verpflichtende Wochenend-Schichten und Überstunden angeordnet.

Aufgrund der Erfahrungen mit Cyberpunk 2077 ändert sich auch die PR- und Marketing-Strategie: Erste Teaser zu Neuheiten wird es zwar weiterhin schon frühzeitig geben, doch der Schwerpunkt der Kommunikation soll näher an den geplanten Veröffentlichungstermin heranrücken. Auf Messen und in eigenen Formaten will man fortgeschrittenere Versionen zeigen. Hintergrund: Gegenüber Journalisten und bei Gelegenheiten wie der E3 oder Gamescom hatte CD Projekt Red auf eine Präsentation der gegenüber der PC-Fassung optisch deutlich abfallenden PlayStation-4- und Xbox-One-Versionen verzichtet.

Für 2021 plant CD Projekt weitere Patches und Updates für Cyberpunk 2077 sowie kostenlose Erweiterungen (DLCs) und eine dedizierte Next-Generation-Fassung für PlayStation 5 und Xbox Series X. Das Upgrade ist für bestehende Besitzer des Spiels kostenlos und soll im 2. Halbjahr (2021) erscheinen – Gleiches gilt für das The Witcher 3-Upgrade.

Neue Cyberpunk-2077-Verkaufszahlen nennt CD Projekt noch nicht: Weiterhin gilt die Schlagzahl von 13 Millionen Stück, die bis einschließlich 20. Dezember abgesetzt worden seien. Mit 500.000 Kopien zählt das Spiel in Deutschland zu den erfolgreichsten Neuheiten des Jahres 2020.

Zu den formulierten Unternehmens-Kernwerten wie „Qualität“ gehört im Übrigen auch „Independence“, also Unabhängigkeit – was einer regelmäßig kolportierten Rolle eines möglichen Übernahme-Kandidaten zuwider liefe. Nach dem Absturz des Aktienkurses liegt die Marktkapitalisierung derzeit bei ’nur‘ noch rund 5 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Für Zenimax (Fallout, Doom) hat Microsoft zuletzt 6,5 Milliarden Euro bezahlt. Ganz im Gegenteil will CD Projekt seinerseits zukaufen: Im kanadischen Vancouver wird durch eine Studio-Übernahme eine eigene Niederlassung aufgebaut.


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