Start Meinung Wir retten den Einzelhandel (Fröhlich am Freitag)

Wir retten den Einzelhandel (Fröhlich am Freitag)

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"Dort sein, wo die Menschen sind": Einzelhändler wie Expert und Hugendubel bündeln Kräfte (Abbildung: Expert)

Das Weihnachtsgeschäft naht – der Online-Handel wird stationären Geschäften erneut Marktanteile und Umsätze abnehmen. Doch das ist kein Naturgesetz – hier zwei Vorschläge.

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

zur Kolumne von vor zwei Wochen haben mich außergewöhnlich viele Genau-so-war’s-bei-mir-auch-Rückmeldungen erreicht (dankeschön!).

Bottom Line: Der stationäre Einzelhandel macht es dem Kunden unnötig schwer, sein Geld loszuwerden. Das galt schon lange vor Corona, aber die Pandemie lässt die Defizite auch in dieser Branche besonders hell leuchten.

Aufhänger meines Beitrags war, dass es vielfach unmöglich ist, den Lagerbestand eines Geschäfts vorab online abzufragen. Heißt: Der Handel erwartet allen Ernstes, dass der Kunde auf gut Glück aufbrechen und vor Ort feststellen soll, ob der neue Fitzek-Roman oder ein Brettspiel oder ein bestimmtes Medikament oder ein Parfüm oder eben ein DualShock Wireless-Controller in Weiß vorrätig ist. Oder eben nicht.

Alternativ möge er bitte zum Hörer greifen, um diese Information in der Filiale abzufragen. Falls Sie jemals Front-Erfahrungen mit dem MediaMarkt/Saturn-Callcenter gemacht haben (wo alle Filial-Anrufe gebündelt auflaufen), wissen Sie: Solche Vorgänge unterliegen nicht der Vergnügungssteuerpflicht.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Forderung 1 lautet also: Der Einblick ins Regal muss von zu Hause möglich sein – idealerweise in Echtzeit. Dazu müssen Apps und Websites mit Warenwirtschaftssystemen synchronisiert werden. Ich weiß, das ist nicht in jeder Branche sinnvoll und leistbar, aber mir will nicht einleuchten, warum das bei sieben-, acht-, neunstelligen Jahresumsätzen perspektivisch nicht drin sein soll.

Zweitens: Lieferung. In dieser Woche wurde bekannt, dass die Oetker-Gruppe für ein kolportiertes Ticket von einer Milliarde (!) Euro den Getränkelieferdienst Flaschenpost übernimmt. Ein Getränkelieferdienst – wie viel piefiger kann ein Gewerbe sein? Der Clou: Flaschenpost-Aufträge werden innerhalb von 120 Minuten zugestellt, direkt vor die Tür, ohne Lieferkosten.

Wie das geht? Mit durchoptimierter Routenplanung. Mittelfristig könnte Dr Oetker nicht nur Bierkästen ausliefern, sondern gleich auch noch Tiefkühlpizza dazu – also eher mittelgute Nachrichten für Eismann und Bofrost.

Doch für solchen Service braucht es kein Startup mit Unicorn-Abschluss: Schon jetzt haben sich in vielen Kommunen Händler und Produzenten zusammengeschlossen, um regional gebündelt Ware zuzustellen und mögliche Retouren einzusammeln. Diesen Service gilt es auszubauen und seriös zu vermarkten. Ich bin mir sicher, dass es genügend Menschen gibt, die leichten Herzens einen kostendeckenden Aufpreis zahlen, wenn sie sich sicher sein könnten, dass Bestellungen bei lokalen Händlern binnen weniger Stunden – zumindest aber am selben Tag – eintreffen. Auch Amazons Same-Day-Service ist ja nicht völlig gratis.

Der Einzelhandel ist vor Ort, oft nur wenige Kilometer vom Kunden entfernt. Dieser Heimvorteil wird aus meiner Sicht noch viel zu wenig genutzt – stattdessen suhlt man sich im Böses-Internet-Mimimi.

Ich bin mir sicher, Ihnen fallen spontan fünf weitere Ideen ein, die dazu beitragen, dass wir alle wieder öfter, intensiver und selbstverständlicher den stationären Einzelhandel nutzen können – trotz Corona, trotz Amazon. Ich freue mich auf Ihr Feedback.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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