Start Meinung Deutschlands Einzelhandel: Nix auf Lager (Fröhlich am Freitag)

Deutschlands Einzelhandel: Nix auf Lager (Fröhlich am Freitag)

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Inzwischen vielfach Standard: online reservieren - lokal abholen (Foto: MediaMarktSaturn Retail Group)
Inzwischen vielfach Standard: online reservieren - lokal abholen (Foto: MediaMarktSaturn Retail Group)

Buy local? Wenn’s nur so einfach wäre: Der stationäre Einzelhandel müht sich redlich, die Kunden in die Arme von Jeff Bezos zu treiben.

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

in dieser Woche begab es sich, dass ich ein Displayport-Kabel für den Zweit-Monitor benötigte. Dienstagabends bestellt, hätte mir Jeff Bezos das Teil am Mittwoch-Vormittag zustellen lassen.

Das wäre die einfache Möglichkeit gewesen. Die schnelle. Die günstige. Die bequeme.

Stattdessen habe ich mich für die komplizierte, langsame, teure und umständliche entschieden, indem ich dem stationären Einzelhandel eine faire Chance gegeben habe. Womöglich stand ich noch unter dem Eindruck des „Innenstadtgipfels“ vom Dienstag: Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte sich mit Verbänden und Unternehmern zum Videokonferenz-Dialog verabredet, um nach Lösungen für das Ladensterben zu suchen.

Die Verwaisung der Innenstädte war schon lange vor Corona zu besichtigen – und ein Grund liegt darin, dass sich meine austauschbare Fußgängerzone vermutlich in ungefähr nichts von Ihrer austauschbaren Deichmann-Douglas-H&M-Rossmann-Thalia-Tchibo-Gamestop-Blume2000-Fielmann-NewYorker-Vodafone-Fußgängerzone unterscheidet.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Jedenfalls versuchte ich mein Glück bei führenden Elektronik-Einzelhändlern im Umkreis und klapperte zunächst die Websites ab. Bei MediaMarkt, Expert, Euronics, Medimax oder Saturn hätte ich das Kabel zwar online reservieren können. Allerdings hätte dies dazu geführt, dass ein bedauernswerter Mitarbeiter loswetzt, den Artikel aus dem Regal fischt, an der Service-Theke hinterlegt und mich via Mail benachrichtigt. Abholung dann in zwei bis drei Werktagen.

Doch so viele Umstände meinetwegen wären gar nicht nötig. Ich will ja einfach nur wissen: Hat mein lokaler Elektronikmarkt ein Displayport-Kabel auf Lager – und wenn ja, welche Varianten und zu welchem Tarif? Den Rest würde ich durchaus alleine schaffen.

Mit der Beantwortung solch simpler Fragen sind immer noch überraschend viele stationäre Händler überfordert – erstaunlicherweise auch jene, die sowas Ähnliches wie eine E-Commerce-Strategie fahren.

In einigen Branchen ist man schon weiter: Bei den meisten Baumärkten erfährt man online auf die Stückzahl genau, wie viele Säcke Rindenmulch abholbereit sind, inklusive Gangnummer und Regalplatz.

Ein Schritt in die richtige Richtung ist auch die „Digital Mall“ auf der Website des Main-Taunus-Zentrums nahe Frankfurt. Man gibt den gewünschten Artikel ein und bekommt aufgelistet, welche Farben und Größen in welchem Laden vorrätig sind. Leider sind längst nicht alle Shops an das System angeschlossen: Mein Displayport-Kabel ist dort zum Beispiel nicht verzeichnet.

Das ist ein Problem, weil dadurch konkreter Umsatz verhindert wird. Die in Altmaiers Kaffeekränzchen angerissenen Ideen – flexible Ladenöffnungszeiten, verkaufsoffene Sonntage, Erlebnis-Shopping, Events – sind daher sicher nett gemeint. Die strukturellen Probleme und digitalen Versäumnisse würden dadurch aber bestenfalls überzuckert. Abgesehen davon, dass es natürlich trotzdem ökonomischer und ökologischer Irrsinn ist und bleibt, wegen eines 20-Euro-Kabels oder wegen eines 20-Euro-Romans durch die Gegend zu gurken.

Im ersten Schritt wäre vielen Kunden aber schon mal damit geholfen, wenn sie vorab online erfahren könnten, was der Einzelhandel auf Lager hat. Und sei es nur so etwas Profanes wie ein Displayport-Kabel (ich hab inzwischen eins bekommen, danke der Nachfrage).

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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2 Kommentare

    • Aber da müsste man trotzdem jeden Artikel einzeln anklicken, um herauszufinden, ob die Ware in der regionalen Filiale vorrätig ist? Eine Filterung nach vorrätiger Ware ist nicht vorgesehen – korrekt?

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