Start Meinung Fröhlich am Freitag 14/2020: Ruhe vor dem Sturm

Fröhlich am Freitag 14/2020: Ruhe vor dem Sturm

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In Köln bereitet man sich weiterhin unverzagt auf die Gamescom 2020 vor.
In Köln bereitet man sich weiterhin unverzagt auf die Gamescom 2020 vor.

Retten, was zu retten ist: Anders als Olympia und Wimbledon will man die Gamescom 2020 corona-bedingt weder absagen noch verschieben – aus Gründen.

Verehrte Leserinnen und Lesern,

nennen Sie mich bekloppt oder naiv, aber ich habe mein Gamescom-Hotel in der Kölner Altstadt noch nicht storniert. Immer noch nicht. Das ist nur bedingt mutig, weil ich das bis zum Anreisetag im August um 18 Uhr nachholen könnte, ohne dass Gebühren fällig würden. Ich bekäme also das komplette Geld zurück, das ich im Herbst 2019 vorab überweisen durfte – immerhin zehn Monate vor Check-In.

Für die gebuchte Unterkunft sind solche Vorgänge natürlich eine Vollkatastrophe, wie auch für die gesamte Kölner Hotellerie und Gastronomie. 60 Prozent der Übernachtungen in Köln entfallen auf Messe- und Geschäftskunden. Jedes einzelne abgesagte Event trifft die Region ins Mark, für Großveranstaltungen wie die Gamescom gilt das umso mehr.

Schon jetzt ist auf den einschlägigen Plattformen zu beobachten, wie seit langem ausgebuchte Etablissements mehr und mehr freie Zimmer melden. Die Ende-August-Preise sind sportlich wie eh und je, aber das wird sich in den kommenden Tagen und Wochen ändern, da bin ich sicher.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
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Dass die wichtigste Games-Messe des Planeten genauso wie in den letzten elf Jahren ablaufen wird, ist schon jetzt ausgeschlossen. Unter der minimal euphemistischen Überschrift „Gamescom 2020: Veranstalter konkretisieren überarbeitete Planungen“ wurde in dieser Woche schon mal kommunikativ vorgebaut, indem gleich mehrere Botschaften ausgesendet wurden:

  • Erstens: Die Gamescom 2020 findet statt – Punkt.
  • Zweitens: Das gilt auch für die Devcom 2020.
  • Drittens: Eine Verschiebung ist ausgeschlossen (weil: siehe 1.)
  • Viertens: Mitte Mai wird bewertet, in welcher Form eine ‚analoge‘ Messe auf dem Gelände möglich ist.
  • Fünftens: Falls die Coronakrise wider Erwarten noch nicht überwunden ist, machen wir halt was mit Online.
  • Und schließlich sechstens: Die Gesundheit der Besucher, Aussteller und Mitarbeiter hat höchste Priorität.

Wobei ich letztere Floskel seit ungefähr vier Wochen nicht mehr ernst nehmen kann, weil die Erfahrung lehrt, dass die oberste Priorität branchenübergreifend darin zu bestehen scheint, vorrangig den wirtschaftlichen Schaden zu begrenzen. Bei der UEFA hing man bis vor ein paar Tagen noch der Illusion nach, englische, französische, deutsche, italienische und spanische Champions-League-Teams könnten in ein paar Wochen wieder fröhlich ins Stadion einlaufen.


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Fakt ist: Im Fall einer Absage würden Gamescom-Tickets und Aussteller-Anzahlungen ohne Wenn und Aber zurückerstattet. Wer genau hinliest, stellt allerdings fest, dass diese Zusage für den Fall gilt, dass die Gamescom-Events „nach behördlicher Entscheidung nicht vor Ort in Köln stattfinden können.“

Studierte Juristen sagen: Die Spitzfindigkeit hat – auch – Haftungs- und Schadensersatz-Gründe. Denn wird eine Veranstaltung aus Gründen des Infektionsschutzes von Amts wegen verboten, ist das eine andere Nummer, als wenn Konzertbüros oder Messegesellschaften von sich aus zum Rückzug blasen, etwa weil die Headliner wegbrechen. Gegen Pandemien ist man in Köln ohnehin nicht versichert, was für die meisten Veranstalter gilt. Schon jetzt verliert der städtische Betrieb sieben Millionen Euro – pro Woche.

Nach Diktat ist die KoelnMesse jedenfalls erstmal verreist. Das Unternehmen verabschiedet sich bis bis zum 20. April, also bis zum Ende der NRW-Osterferien, in eine  sogenannte „Betriebsruhe“, wie es auf der Website heißt.

Hoffentlich ist es nicht die Ruhe vor dem Sturm.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


Alle Kolumnen und Gastbeiträge finden Sie in der Rubrik „Meinung“.