Ab 2017 ist am Samstagabend Schluss mit Lustig: KoelnMesse und BIU beerdigen den Gamescom-Sonntag – GamesWirtschaft kommentiert und analysiert.
[no_toc]Pressekonferenzen unmittelbar vor Messen haben für gewöhnlich überschaubaren Neuigkeiten-Wert. So deutete auch an diesem 10. August absolut nichts darauf hin, dass der Branchenverband BIU und die KoelnMesse ein Überraschungs-Ei nach Berlin mitgebracht hatten. Darin enthalten: der Termin für die Gamescom 2017. Es ist üblich, dass die Ausrichter bei solchen Gelegenheiten den Termin für die Messe im Folgejahr bekannt geben. Doch die Ankündigung hatte es diesmal in sich.
Denn ab 2017 ändern sich im Wesentlichen zwei Dinge:
- Zum einen findet die weltgrößte Spielemesse grundsätzlich in der letzten vollen August-Woche statt. Das Termin-Ping-Pong (mal Anfang August, mal Mitte August, mal Ende August) hätte damit ein Ende. Ein Termin am August-Ende schafft den größtmöglichen Abstand zur Mitte Juni stattfindenden E3 und rückt etwas näher ans enorm wichtige vierte Quartal, wo die wichtigsten Neuheiten erscheinen. Soweit alles nachvollziehbar.
- Sehr viel überraschender ist das Aus für den Gamescom-Sonntag ab 2017. Die Messe startet künftig am Dienstag (statt Mittwoch) und endet am Samstag (statt Sonntag). Zwar wird von Freitag bis Sonntag auf den Plätzen in der Kölner Altstadt im Rahmen des Gamescom-Festivals gefeiert, gespeist und musiziert. Doch auf dem Messegelände in Köln-Deutz ist am Samstagabend um 20 Uhr definitiv Dienstschluss.
Aus für den Gamescom-Sonntag: Den Wünschen der Headquarter entsprochen
Eine rundum schlüssige Begründung für die Sonntagsfrage ergibt sich weder aus den Ausführungen der Pressekonferenz noch aus den Angaben der Pressemitteilung. Offizielle Aussage: Mit der Neuerung hätte man dem Wunsch der großen Aussteller – und hier insbesondere den jeweiligen Firmenzentralen – entsprochen. Der BIU als Ausrichter vertritt mit Spieleherstellern wie Bethesda, Microsoft, Nintendo, Ubisoft, 2K Games, Square Enix und Sony die Zugpferde der Gamescom-Manege. Insofern darf man davon ausgehen, dass die Änderung in der Tat auf einer mehrheitlichen Forderung der großen Publisher basiert. Alleine Activision-Blizzard und Electronic Arts belegen jeweils gut eine halbe Messehalle, sowohl in der Business- als auch in der Entertainment-Area.
Ab 2017 brennt das Licht in der Business-Area demnach dienstags, mittwochs und donnerstags. Bereits in der Nacht zum Freitag werden die Sperrholzwände wieder abmontiert und einmal feucht durchgewischt – auf dass die nachfolgende Garten-Messe besenreine Zustände vorfindet. Das in der Pressekonferenz vorgebrachte Argument, dass sich Vertragsverhandlungen noch am Gamescom-Freitag nachbereiten oder finalisieren ließen, erscheint mindestens erstaunlich. Denn wenn das Business-Center schließt (bislang freitags, künftig eben donnerstags), dann reisen auch Einkäufer, Händler, Fachbesucher, viele Journalisten und weite Teile des Standpersonals ab.
Gamescom-Sonntag: Der unbeliebteste aller Gamescom-Tage
Auch die kolportierte Entlastung überladener Terminkalender ist nicht zu erkennen, denn das Business-Center ist weiterhin exakt drei Tage geöffnet, wie bisher auch. Überhaupt wird am Erfolgsmix aus Business- und Endverbraucher-Messe aus guten Gründen nicht gerüttelt. Eine Verlängerung der Messe von Dienstag bis Sonntag wäre alleine aus Kostengründen kaum vermittelbar, wenngleich es die Ticket-Nachfrage sicher hergäbe.
Vieles spricht also dafür, dass der bei Ausstellern und Besuchern leidlich beliebte Gamescom-Sonntag aus rein pragmatischen Gründen geopfert wurde. Nicht zuletzt aus Rücksicht aufs Standpersonal schloss die Gamescom immer wieder sonntags bereits um 18 Uhr – an allen anderen Tagen blieben die Hallen bis 20 Uhr geöffnet. Und: Während die Messe-Werktage stets schnell ausverkauft waren, standen die Sonntagstickets noch in ausreichender Stückzahl bis vier Wochen vor der Show im Schaufenster.
Aus für Gamescom-Sonntag: Noch größerer Run auf den Samstag?
„Verlierer“ der neuen Regelung sind die Spiele-Fans aus (Bundes-)Ländern mit frühen Sommerferien-Terminen – 2017 betrifft dies unter anderem Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Hessen, Sachsen oder Thüringen. Diesen Schülern, Familien und Berufstätigen bleibt dann für den Gamescom-Besuch einzig und allein der ohnehin überfüllte Gamescom-Samstag – für den traditionell als erstes ein Ausverkauf vermeldet wird. In diesem Jahr war es bereits Mitte Mai soweit. Der Run auf die Samstags-Tickets wird sich also verschärfen.
Die Verschiebung bringt nun mindestens die Veranstalter der im Vorfeld stattfindenden Entwicklerkonferenzen in die Bredouille, die allem Anschein nach kalt von der Nachricht erwischt wurden. Kein Wunder also, dass zum Beispiel der Termin für die Game Developer Conference Europe 2017 noch nicht feststeht. Bleibt es bei zweitägigen Konferenzprogrammen, müssten die Vorträge bereits am Sonntag starten, damit es zu keinen Überschneidungen mit dem Fachbesuchertag am Messe-Dienstag kommt. (Update vom 11. August: Inzwischen haben die Ausrichter von Respawn: The Gathering in der Tat bestätigt, dass die Entwicklerkonferenz im kommenden Jahr am Sonntag und Montag – also 20. und 21. August – stattfindet.)
Dass sich Aussteller- und Branchenpartys sowie der Gamescom Congress vermutlich um 24 Stunden nach vorne verschieben, ist eher in der Kategorie „Beifang“ zu verorten.
Gamescom 2017: Das Zugeständnis der KoelnMesse
Wie frisch die Vereinbarung zwischen BIU und KoelnMesse zu sein scheint, lässt sich am offiziellen KoelnMesse-Planer für 2017 ablesen. Bis vor kurzem waren die konkreten Termine für sämtliche Messen und Veranstaltungen im kommenden Jahr bereits festgelegt – allerdings nur von Januar bis Juli und von Oktober bis Dezember. Einzig die Termine rund um die Gamescom im August/September 2017 waren als „to be confirmed“ ausgewiesen.
„Serienmäßig letzte Augustwoche“ – ein derart konstantes Terminfenster für eine Großveranstaltung gibt es für kaum eine andere Kölner Leitmesse, weder für die Lebensmittelmesse Anuga noch für die Digitalmesse Dmexco noch für die Photokina.
Wenn es stimmt, was der Kölner Stadtanzeiger vermutet, dann läuft der Vertrag zwischen KoelnMesse und dem BIU noch bis 2019. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür nicht. Der ursprüngliche Fünfjahresvertrag wäre demnach vor zwei Jahren um fünf weitere Messen verlängert worden. Die angekündigte Regelung würde dann wenigstens für die Gamescom 2017, 2018 und 2019 gelten. Doch schon weit vor Vertragsende wird üblicherweise neu verhandelt und die Messegesellschaften aus Hannover, Frankfurt und Düsseldorf (nur diese verfügen national überhaupt über vergleichbare Ausstellungsflächen) dürften ihren Hut in den Ring werfen.
Der BIU hat Ansprüche formuliert – und offenkundig durchgesetzt. Ausdrücklich pries BIU-Geschäftsführer Schenk die „fruchtbaren und erfolgreichen Gespräche“ mit der KoelnMesse, die dem Wunsch einer derartigen Sonderbehandlung entsprochen habe. Dies sei ein „tolles Signal für die Branche, aber auch für die Gamescom und die Region Köln“.
Das ungewöhnliche Zugeständnis der KoelnMesse ist demzufolge genau das: nicht weniger als ein unmissverständliches Signal seitens der Kölner für eine Vertragsverlängerung über 2019 hinaus.
Über die Autorin
Petra Fröhlich ist Gründerin von GamesWirtschaft und hat seit der allerersten Games Convention 2002 keine deutsche Spielemesse verpasst.