Nach den TV-Serien-Drehbuchautoren fordern nun auch Synchronsprecher der Games-Branche höhere Löhne – die US-Gewerkschaft droht mit Streik.
Die US-amerikanische Gewerkschaft SAG-AFTRA (Screen Actors Guild American Federation of Television and Radio Artists) vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von mehr als 160.000 Schauspielern, Moderatoren, Autoren, Sängern, Tänzern, Stunt-Leuten und weiteren Profis der Kultur- und Kreativwirtschaft.
Nachdem erst am Wochenende ein monatelanger Streit zwischen Drehbuchautoren und der Film- und Serien-Industrie beigelegt werden konnte, droht nun neues Ungemach: Denn infolge gescheiterter Verhandlungen mit Electronic Arts, Activision Blizzard, Epic Games, Take-Two Interactive, Warner Bros. Games und anderen Publishern haben sich mehr als 98 Prozent der stimmberechtigten Mitglieder grundsätzlich für einen Streik ausgesprochen.
Die Gewerkschaft drängt unter anderem auf Lohnerhöhungen, vertraglich festgelegte Pausen und insbesondere auf einen Schutz vor den Folgen von Künstlicher Intelligenz, die gerade bei der Videospiele-Entwicklung bereits bei vielen Gewerken zum Einsatz kommt – angefangen von Animationen, Grafiken und Soundeffekten über Landschaften und Spielwelten (Wälder, Städte etc.) bis hin zu Dialogen, Figuren und Geschichten (mehr dazu in dieser Kolumne).
Die Sorge der Mitglieder: Die aufwändige und damit teure Übersetzung samt Synchronisation von Computerspielen im Tonstudio könnte flächendeckend durch KI-Tools ersetzt werden – die Schauspieler würden ihren Job verlieren. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters warnt Synchronsprecherin Ashly Burch davor, mit Vertragsunterzeichnung könnten Künstler buchstäblich die Rechte an ihrer Stimme verlieren. Burch spricht in den Sony-PlayStation-Action-Adventures der Horizon-Serie die Hauptfigur Aloy, hat aber auch Rollen in Produktionen wie The Last of Us: Part 2, Dota 2 und Fallout 4 übernommen.
Analog zur Film- und TV-Branche hätte ein Streik konkrete Auswirkungen auf die geplante Fertigstellung von Games: Sollten Synchronsprecher und Motion-Capturing-Experten tatsächlich in den Ausstand treten, könnten sich insbesondere große Blockbuster-Produktionen verzögern.
Ob es tatsächlich zu Arbeitsniederlegungen kommt, ist offen: Im ersten Schritt verbessert das sehr eindeutige Votum die Verhandlungsposition der SAG-AFTRA in der Auseinandersetzung mit großen Spieleherstellern. Das Argument der Gewerkschaft: Von den Milliarden-Umsätzen der Industrie dürften nicht nur die fürstlich entlohnten CEOs profitieren.
Eine vergleichbare Arbeitnehmer-Interessensvertretung zur US-Gewerkschaft gibt es in der Games-Branche im deutschsprachigen Raum nicht – nur ganz wenige Niederlassungen verfügen über einen Betriebsrat, darunter Electronic Arts, Microsoft und Nintendo of Europe.