Österreichs größtes Entwicklerstudio will wieder größere Sprünge machen: Nach harten Einschnitten hat Sproing-Gründer Harald Riegler Grund für Optimismus.
[no_toc]Ende November, kurz vor dem 1. Adventswochenende, vermeldeten österreichische Medien unter Berufung auf Gläubigerschutzverbände: Sproing Interactive ist insolvent. In ein Spiel war zuvor kräftig investiert worden – dessen Einstellung im November brachte das Wiener Traditionsstudio dann in Schieflage. Bereits in den Monaten zuvor war ein anderes Projekt eingestellt worden, und ein anderes im letzten Augenblick dann doch nicht begonnen.
Schon zu diesem Zeitpunkt war klar: Sproing soll zwar fortgeführt und saniert werden, doch im Rahmen der Restrukturierung würde es zwangsläufig zu einem erheblichen Stellenabbau kommen – von zwei Dritteln der Belegschaft war damals die Rede.
Knapp drei Monate später sind von einst 105 Mitarbeitern immerhin noch 45 Kollegen an Bord.
Sproing Interactive: Auf allen Plattformen zu Hause
Sproing Interactive ist nach wie vor das größte Entwicklerstudio in Österreich. In den vergangenen 16 Jahren hat das Team von Gründer und CEO Harald Riegler für so ziemlich jede Plattform entwickelt – PC-Adventures ebenso wie Nintendo-DS-Strategiespiele, aber auch Browsergames für Bigpoint („Skyrama“), Blue Byte („Silent Hunter Online“) und Bandai Namco („Asterix & Friends“) oder Mobile-Games für Gameforge („Sigils: Battle for Raios“).
Der Start des Smartphone-Ablegers von „Asterix & Friends“ war von Juni auf September 2016 verschoben worden; die Abruf-Zahlen lägen allerdings über den Erwartungen.
Ganz frisch via Steam Early Access gestartet ist das rundenbasierte PC-Strategiespiel „Quarantine“, parallel entstand das Drohnen-Rennspiel „Drone Champions Game“.
Harald Riegler: „Sproing hat wieder aufregende Monate vor sich – diesmal im positiven Sinn.“
Im Interview mit GamesWirtschaft erklärt Sproing-Gründer und -CEO Harald Riegler, wie es mit dem Spiele-Entwickler weitergeht – und wie er die Perspektiven für die kommenden Projekte beurteilt.
GamesWirtschaft: Seitdem ihr im November vergangenen Jahres die Sanierung des Unternehmens öffentlich gemacht habt, ist viel passiert. Wie ist die aktuelle Lage bei Sproing im Februar 2017?
Riegler: Wir haben zwischen Ende November und Mitte Januar zügig die Restrukturierung der Firma durchgezogen und die Sanierung erfolgreich abgeschlossen.
Wir arbeiten jetzt mit 45 Leuten an vier verschiedenen Projekten, von denen wir uns viel versprechen. Mit „Quarantine“ sind wir bereits im Early Access, ein weiteres Spiel ist im Soft-Launch, und mit „Asterix & Friends“ ist unser Web-Erfolg seit Herbst auch auf Mobile verfügbar.
Uns stehen also wieder aufregende Monate bevor, diesmal im positiven Sinn.
Konsole, Browser, Mobile, PC: Sproing hat Erfahrung mit allen relevanten Plattformen und Geschäftsmodellen. Ist schon absehbar, in welchen Bereichen ihr künftig Schwerpunkte setzen wollt? Wo seht ihr für euer Studio das größte Potenzial mit Blick auf 2017/18 – und welche Plattformen und Modelle würdet ihr Stand heute eher ausschließen?
Games-as-a-Service (GaaS = Online-Spiele via Cloud, Anm. d. Red.) wird uns sicher weiter begleiten. Wir haben derzeit einen neuen Mobile-Titel in Produktion, einen in Soft Launch und „Asterix & Friends“ global ausgerollt.
Wir interessieren uns sehr dafür, unsere GaaS-Erfahrung auch auf anderen Plattformen umzusetzen. „Quarantine“ ist hier das ideale Projekt, weil wir jetzt im Early Access sehr rasch iterieren (schrittweise verbessern, Anm. d. Red.) und auf das Feedback der Community direkt eingehen können.
Wir sehen viele Parallelen im Betrieb und in der Weiterentwicklung zwischen Mobile-Free2play und modernen GaaS-PC-Titeln, natürlich bei großen Unterschieden in den Erwartungen der Spieler.
Sproing-Gründer Harald Riegler: „Im Virtual-Reality-Segment haben sich noch keine stabilen Märkte herauskristallisiert.“
Wie erlebt ihr derzeit die Publisher- und Investoren-Landschaft in Europa, wenn es um die Platzierung neuer Projekte geht? Gibt es genügend Abnehmer und eine Bereitschaft, in neue Projekte unabhängiger Studios zu investieren? Was ist derzeit besonders „gefragt“ – und was eher nicht oder nicht mehr?
Die Bereitschaft existiert vor allem im eher traditionellen Bereich von PC, Steam und Konsole. Aber auch dort geht die Präferenz immer mehr dahin, in existierende Prototypen und Proof-of-Concepts (Projekte mit erwiesener Erfolgsquote, Anm. d. Red.) zu investieren.
Projekte im Bereich „Mobile Free2Play“ werden unserer Wahrnehmung nach zunehmend in internen Studios entwickelt, auch wegen der komplexen Verflechtungen zwischen Publishing und Entwicklung.
Im Bereich Virtual Reality und Augmented Reality ist unser Eindruck, dass sich noch gar keine stabilen Märkte herauskristallisiert haben. Viel läuft hier über Equity Investments (Risikokapital, Anm. d. Red.) in Start-Ups – und man kann diesen Start-Ups nur wünschen dass die Investorenerwartungen entsprechend langfristig sind.
Harald Riegler: „Österreich ist generell nicht das unternehmerfreundlichste Land“
Fühlt ihr euch seitens der österreichischen Behörden, Standortinitiativen und Wirtschaftsverbände als Games-Unternehmen hinreichend unterstützt? Welche Maßnahmen würdet ihr euch von der Politik wünschen, um den österreichischen Standort für Games-Entwicklung nachhaltig zu stärken?
Generell ist Österreich nicht das unternehmerfreundlichste Land, was Österreich aber mit vielen anderen Ländern in Europa gemein hat. Die Bürokratie rund um die Anstellung von Mitarbeitern ist erheblich. Die Bereitschaft und die Anreize, jüngeren Branchen jenes „alte Geld“ zur Verfügung zu stellen, das es in Österreich durchaus in erheblichen Mengen gibt, sind eher schwach ausgeprägt.
Erfreulicherweise beginnt sich die Politik in diesen Dingen aber auch zu bewegen, weil man beginnt, die Perspektive der Technologie- und Medienbranche im vollen Ausmaß zu erkennen.
Positiv empfinden wir die Ausbildungsstätten, die konsistent und auf hohem Niveau Absolventen für Games-Firmen hervorbringen sowie die vor allem in Wien guten Förderungsmöglichkeiten. Diese haben in den letzten Jahren eine lebendige Indie-Szene unterstützt, die ihrerseits wieder als Talent-Pool für die etablierten Games-Firmen dient.
Vielen Dank und alles Gute!