Start Meinung Merkel meets Minecraft: Die Kanzlerin lässt die Kuh fliegen

Merkel meets Minecraft: Die Kanzlerin lässt die Kuh fliegen

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Merkel meets Minecraft: Die Bundeskanzlerin während des Gamescom-Eröffnungsrundgangs.
Merkel meets Minecraft: Die Bundeskanzlerin während des Gamescom-Eröffnungsrundgangs.

Mehr als nur eine Wahlkampf-Station: Die Gamescom-Eröffnung durch Angela Merkel ist eine überfällige Würdigung einer ganzen Branche – der Kommentar von Chefredakteurin Petra Fröhlich.

[no_toc]Es gab diesen einen Moment während des Gamescom-Rundgangs von Angela Merkel, der wie unter einem Brennglas zeigt, warum Computerspiele und -spieler auf interessierte Laien manchmal so herrlich verschroben wirken.

Und das kam so: Ein Lehrer und sein Schüler führten am Microsoft-Stand vor, wie man „Minecraft“ im Chemie-Unterricht einsetzen kann, um zum Beispiel das Periodensystem der Elemente zu erklären. Per Mausklick ließ Merkel schließlich eine Kuh (!) per zusammengebasteltem Heliumballon (!) aus roter (!) Schafwolle (!) abheben. Da fasste sie sich ein Herz und hatte erkennbar Mühe, ihre Verwirrung in Worte zu fassen:

„Und ist das nicht ein bisschen … hochauflösender … man könnte das doch praktisch schon ein bisschen … nicht mehr aus so einzelnen Bausteinen zusammensetzen … moderner machen …“

Schüler: „Aber das macht den Reiz von Minecraft aus.“

Merkel ungläubig: „Finden Sie, ja?“

Dazu muss man wissen, dass Merkel wenige Minuten zuvor Edelgrafik-Spiele wie „Grand Turismo Sport“ und „Dreadnought“ plus VR-Brillen am Sony-PlayStation-Stand besichtigt hatte. Der darauffolgende Anblick eines eher medium gelungenen “Minecraft“-Reichstags-Modells samt klobiger Mini-Merkel muss auf die Kanzlerin gewirkt haben, als wäre sie von einem 5-Sterne-Hotel in eine Jugendherberge umquartiert worden.

Gamescom 2017: Merkel und Laschet signalisieren Unterstützung für die Gamesbranche

Eine Stunde zuvor hatte Angela Merkel die diesjährige Gamescom mit einer Wohlfühl-Rede eröffnet – ein Parforce-Ritt quer durch alle aktuellen Themen: Jugendschutz, Datenschutz, Ausbildung, Fachkräfte, Arbeitsmarkt, Digitalisierung, Breitbandausbau und natürlich die von den Verbänden ersehnte Games-Förderung auf Bundesebene, möglichst nach den Blaupausen von Kanada, Großbritannien oder Polen.

„Computer- und Videospiele sind als Kulturgut, als Innovationsmotor und als Wirtschaftsfaktor von allergrößter Bedeutung“, sagte Merkel – sehr zur Freude der versammelten Branche. Konkrete Zusagen waren mit ihrem Auftritt freilich nicht verbunden, allerdings versprach sie, sich nach der Wahl mit allen Akteuren an einen Tisch zu setzen und über die Verbesserung der Rahmenbedingungen zu sprechen – natürlich nur, sofern sie vom Wähler den Auftrag dazu bekomme.

Nordrhein-Westfalens frischgebackener Ministerpräsident Armin Laschet freute sich über den Besuch der „lieben Angela“ und wies darauf hin, dass er einst als NRW-Familienminister die Anfänge der Gamescom hautnah miterlebt hat, samt aller Bedenken und Killerspiel-Debatten – und wie positiv sich die Branche und ihre öffentliche Wahrnehmung seitdem entwickelt hätten.

Selbstkritisch räumte er ein, dass Nordrhein-Westfalen zwar als Herzkammer der deutschen Computerspielbranche gelte, zuletzt aber deutlich hinter Standorten wie Hamburg, Berlin und Frankfurt zurückgefallen sei. Seine neue Regierung werde daran arbeiten, den Rückstand zeitnah zu verkürzen. Wie das konkret gelingen soll, davon war an diesem Weg ebenfalls nichts zu hören – indes ist die schwarz-gelbe Koalition auch erst 100 Tage im Amt.

Eröffnung der Gamescom 2017: Sean Casey (kanadischer Staatssekretär), Henriette Reker (Oberbürgermeisterin Stadt Köln), Armin Laschet (Ministerpräsident NRW), Bundeskanzlerin Angela Merkel, Felix Falk (Geschäftsführer BIU), Tobias Haar (Vorstandsmitglied BIU), Gerald Böse (Vorsitzender der Geschäftsführung Koelnmesse) - Foto: KoelnMesse/Thomas Klerx
Eröffnung der Gamescom 2017: Sean Casey (kanadischer Staatssekretär), Henriette Reker (Oberbürgermeisterin Stadt Köln), Armin Laschet (Ministerpräsident NRW), Bundeskanzlerin Angela Merkel, Felix Falk (Geschäftsführer BIU), Tobias Haar (Vorstandsmitglied BIU), Gerald Böse (Vorsitzender der Geschäftsführung Koelnmesse) – Foto: KoelnMesse/Thomas Klerx

Köln, Konsolen, Kanzlerin: Das Fazit des Gamescom-Eröffnungstages

Was bleibt nun von Merkels Gamescom-Visite? Die Verantwortlichen auf Seiten der Verbände, der Spielehersteller und der KoelnMesse dürften zufrieden feststellen, dass der Besuch wie am Schnürchen und ohne Zwischenfälle abgelaufen ist. Der Tag hat exakt die Bilder und Signale geliefert, wie man sie sich im Vorfeld erhofft hatte.

Die Botschaften und Wünsche der Branche dürften in jedem Fall angekommen sein. Und nicht zuletzt das gewaltige Medieninteresse in Form ganzer Rudel an Journalisten, Kamerateams und Fotografen belegt: Die Gamescom ist in die erste Liga der Publikumsmessen aufgestiegen – auf Augenhöhe mit CeBIT, Hannovermesse oder der Frankfurter IAA. Es ist eben ein himmelweiter Unterschied, ob die Messe von einem Staatssekretär oder einem Landes-Wirtschaftsminister eröffnet wird – oder von einer Regierungs-Chefin.

Angela Merkel dürfte an diesem Tag viel gelernt haben – über die Branche, über Berufsbilder, über die Gamescom. Und natürlich über „Minecraft“: Ein Spiel, bei dem man einen Heliumballon aus Schafwolle bastelt und damit Kühe fliegen lässt.

Die Gamescom belegt Platz 6 der größten Messen in Deutschland.
Die Gamescom belegt Platz 6 der größten Messen in Deutschland.