Start Meinung Gamescom 2025: Die kulturelle Aneignung (Fröhlich am Freitag)

Gamescom 2025: Die kulturelle Aneignung (Fröhlich am Freitag)

9
Da simma dabei: Auf der Gamescom lässt sich in Echtzeit besichtigen, wie sich Wirtschaft und Politik das Thema Games kulturell aneignen (Abbildung KI-generiert)
Da simma dabei: Auf der Gamescom lässt sich in Echtzeit besichtigen, wie sich Wirtschaft und Politik das Thema Games kulturell aneignen (Abbildung KI-generiert)

Auf der Gamescom treffen sich nicht nur Gamer – sondern natürlich auch jene, die aus durchschaubaren Gründen ihre Nähe suchen.

Hey Leute, was geht ab?!

Sorry, hab mich kurz gehen lassen. Mein Gamescom-Freitag wirkt noch etwas nach.

Denn diesen Tag nutze ich immer sehr bewusst, um im Endverbraucher-Modus durch die Gamescom-Hallen zu mäandern und das weltgrößte Videospiele-Event auf mich wirken zu lassen – abseits von Fachbesucher-Tag und Business Area.

Und ich kann Ihnen sagen: Das hinterlässt Spuren. Alles ist mindestens „nice“ oder „fett“. Kein noch so abseitiger Trailer und keine noch so labbrige Analogkäse-Pizza, die es nicht verdient, mit einem „Feier ich so hart!“ gewürdigt zu werden.

Wer sich auch hat gehen lassen, war offenkundig die Social-Media-Abteilung der CSU: Am Gamescom-Mittwoch postete Bayerns Ministerpräsident auf seinem Instagram-Kanal eine offenkundig KI-generierte Comic-Figur, die ihn als schnauzbärtigen Super-Mario-Verschnitt in blauer Latzhose vor einer deutschen und bayerischen Flagge zeigt. Motto: „Wir sind Games-Land“. Das ‚M‘ auf der Mütze steht natürlich für Markus.

Im Kleingedruckten heißt es ergänzend: „Wir sind Fans der Games-Branche“. Mit ‚Wir‘ ist hier die CSU gemeint. Gestern noch unterlassene Hilfeleistung – heute Vollzeit-Nerd. So schnell geht das.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Im CSU-Präsidium direkt an Söders Seite sitzt Dorothee Bär, die gemeinsam mit NRW-MVP Wüst die Gamescom offiziell eröffnet hat. Die mit Abstand meistgestellte Frage von TV-, Radio- und Zeitungs-Redakteuren entlang der abgelaufenen Woche lautete daher, was denn von dieser neuen Games-Ministerin zu halten sei. So ganz unter uns.

Schließlich ist Bär seit Mai offizielle Videospiele-Versteherin innerhalb der Bundesregierung – und deshalb sehr verdächtig, sie würde die Begeisterung für Gamepads nur an- und vortäuschen. So wie man das ja bei den meisten Politikern vermutet – und überwiegend zurecht. Scheuer, Dobrindt, Habeck: Keiner hätte einen Controller je freiwillig angefasst, wenn sie von den Fotografen nicht dazu genötigt worden wären.

Anders bei Bär. Man wird wenige Berufspolitiker in der Republik finden, die so engmaschig verdrahtet sind mit der Spiele-Branche – und zwar seit anderthalb Jahrzehnten. Bei der traditionellen ‚Elefantenrunde‘ im Anschluss an die politische Eröffnung gab es beispielsweise ein Wiedersehen mit Ubisoft-Boss Yves Guillemot, mit dem sie anno 2018 das Berliner Ubisoft-Studio eröffnet hatte.

Natürlich sind es nicht alleine Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker, die einmal im Jahr den ‚Zocker‘ und ‚Daddler‘ in sich entdecken. Die Gamescom hat wieder Zeugnis abgelegt, wie sehr sich Marken-Hersteller nach zwischenzeitlicher Kreativpause wieder stärker an das Thema Games heranschmeißen – völlig selbstlos unterstützt von spezialisierten Agenturen, die zuraten, man müsse jetzt mal wirklich dringend irgendwas mit Fortnite machen. Oder zumindest mit Roblox.

Und so kam es, dass einem auf dem Gelände allüberall die Logos großer Marken entgegen leuchteten: Duplo, Müller-Milch, Schwarzkopf, LEGO, Philips, Subway, Rheinmetall, you name it.

Einige von ihnen – etwa REWE, die Techniker Krankenkasse oder die Telekom – sind schon was länger im Games-Bereich unterwegs. Andere befinden sich noch im Early Access, probieren aus, verwerfen, gehen in Klausur, lernen. Man staunt.

Eingangs der Gamescom verbreitete etwa die Deutsche Bahn, dass sie bei der Azubi-Suche „weiterhin auf Gaming und Esports“ setzt – und zwar via DB-Gaming. Gamerinnen und Gamer seien für technische und operative Berufsfelder wie geschaffen, jubelt der Personal-Vorstand. Auf verpasste Anschlusszüge und umgekehrte Wagenreihungen werden die Azubis offenkundig bestens vorbereitet: „Regelmäßig kannst du zeigen, dass du mit Abstand die besten Gaming-Skills hast. Und wenn es nicht so läuft, auch nicht schlimm – Hauptsache, du hast Spaß.“

Doch die Konkurrenz schläft nicht: „Skilltree erweitern?“ fragt die Bundeswehr auf großen Monitoren am Eingang Nord der Koelnmesse. Die Truppe jagt seit Anbeginn der Gamescom nach frischen Fachkräften – nicht immer frei von Fremdscham („Multiplayer at its best!“). Heer und Marine locken mit „kostenfreien Bahnfahrten in Uniform im Fern- und Regionalverkehr“. Bei der DB gibt es maximal 16 Freifahrten pro Jahr. Nimm dies, Bahn-Vorstand!

Es ist unübersehbar: Games und Wirtschaft nähern sich kulturell an. Weshalb auch die Gamescom-Präsenz absolut Sinn für Konzerne und Werbetreibende ergibt: Wo sonst trifft man auf ein digitalaffines, junges, konsum-bereites Publikum? Drei von vier der 300.000 Privatbesucher sind jünger als 30 – zwei Drittel männlich. ‚Besser‘ geht’s doch nicht.

Wer sich die Gamescom im Übrigen kulturell nicht länger aneignen muss, ist Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker – die qua Amt den Vorsitz im Koelnmesse-Aufsichtsrat führt. Bei der NRW-Kommunalwahl am 14. September tritt sie nicht wieder an.

Zuletzt hat sie gemeinsam mit der Düsseldorfer Landesregierung noch den langfristigen Verbleib der Gamescom in Köln eingetütet – vorsichtshalber unterfüttert von substanziellen finanziellen Zusagen. Allein das abschließende, zweitägige Gamescom City Festival lässt sich die chronisch klamme Kommune 250.000 € kosten – perspektivisch soll das Budget sogar weiter wachsen.

Und deshalb gab’s zum Abschied vom gastgebenden Branchenverband einen Gamescom Award in Reker-Sonderausführung. Sehr, sehr nice, wenn Sie mich fragen.

Ein schönes Wochenende und weiterhin eine erfolgreiche Post-Gamescom-Rekonvaleszenz in der Eistonne wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

PS: Die GamesWirtschaft-Bilanz der Gamescom 2025 können Sie hier nachlesen.


Immer freitags, immer kostenlos: Jetzt GamesWirtschaft-Newsletter abonnieren!
GamesWirtschaft auf Social Media: LinkedInFacebookX ● ThreadsBluesky

9 Kommentare

  1. Nee, lass mal. Wollte lange mal hin, klappte nie und wenn ich das so lese, muss ich da nicht mehr hin. Da bleib ich lieber an meinem Rechner und gucke so was es gibt. Dafür brauche ich keine Allerlei-Messe.

  2. Finde es eh seltsam zu schreiben Bayern ist Games-Land und dann ein KI-Generiertes Bild zu Posten. Das ist der größte Mittelfinger den die CSU der Games Branche geben kann.

  3. Für mich ist Dorothee Bär allein schon aufgrund ihrer queerfeindlichen und damit auch menschenfeindlichen Politik eine maximale Fehlbesetzung in dieser Position. Aber die Konservativen haben sich in diesen Punkten bekanntlich ja noch nie mit Ruhm bekleckert. Bär wäre auch eine der ersten, die sich im Bund auf ein Bündnis mit der rechtsradikalen AfD einlassen würde, um ihre eigene Position zu sichern.

    • Lieber Alex,
      bitte mache doch mal deutlich welche „Queerfeindliche und damit auch menschenfeindlichen Politik“ bislang im Forschungsministerium oder bei der Gamesförderung passiert ist. Und das „Bär wäre auch eine der ersten, die sich im Bund auf ein Bündnis mit der rechtsradikalen AfD einlassen würde“ lässt auf Dein Weltbild blicken verweise ich aber einmal pauschal in das Reich von „Spekulatius“ oder hast Du da eine konkrete Aussage die in der Presse zitiert wird? Übrigens: Spekulatius gibts bald wieder im Supermarkt.

    • Herr lass Hirn vom Himmel fallen! Endlich mal jemand mit Branchenbezug an der Stelle und dann so ein blödsinniges Gekreische immer, nur weil die Frau von der CSU aus der Opposition heraus mal gegen grün-linke Gesetzesentwürfe argumentiert hat. Wer hätte je sowas erwartet?! /s

      Wenn Frau Bär es schafft die von der Ampel verkackte Förderung wieder auf Vordermann zu bringen und endlich Planbarkeit für die Branche kommt, profitieren da alle von egal ob Cis/Hetero/Queer/Trans/… .

      P.S.: Der AFD Kommentar is nur noch unterirdisch, aber schick gern einen Beleg, so Du den hast lieber Alex.

Kommentarfunktion ist geschlossen.