Start Meinung SteamDeck: Aus Fehlern gelernt (Fröhlich am Freitag)

SteamDeck: Aus Fehlern gelernt (Fröhlich am Freitag)

0
Blockbuster wie Star Wars Jedi: Fallen Order sind für das SteamDeck prädestiniert (Abbildung: Valve)
Blockbuster wie Star Wars Jedi: Fallen Order sind für das SteamDeck prädestiniert (Abbildung: Valve)

Ein „Gaming-PC zum Mitnehmen“, quasi Steam2Go – mit diesem Konzept hat Valve in dieser Woche alle überrascht. Hat das SteamDeck eine Chance?

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,
verehrte GamesWirtschaft-Leserin,

der US-Blog Ars Technica hatte einen guten Riecher und/oder gute Informanten – schon im Mai titelte das Portal mit der Exklusiv-Meldung: „Valve baut einen Switch-ähnlichen, portablen Spiele-PC“.

Gestern Abend dann die Bestätigung: Aus dem ursprünglichen Codenamen SteamPal ist letztlich SteamDeck geworden. Das Gerät ähnelt tatsächlich optisch einer Nintendo Switch und elektrisiert seitdem sowohl die Zielgruppe als auch die Branche. Wer symbolische 5 Euro anzahlt, kann das Gerät ab heute 19 Uhr vorbestellen. Auslieferung: ab Dezember.

Die Preise starten bei ziemlich spektakulären 419 Euro – als habe es den weltweiten Halbleiter-Mangel nie gegeben.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Das Schöne für Studios: Anders als bei neuen Plattformen üblich, müssen vorhandene Games nicht zeit- und kostenaufwändig portiert werden. Denn jene PC-Spiele, die Millionen Nutzer ohnehin in ihrer Steam-Bibliothek pflegen, laufen laut Hersteller „out of the box“ – Shooter genauso wie Strategie- und Rollenspiele, Jumps & Runs oder Simulationen. Spiele-Entwickler, die seit Jahren auf Steam verkaufen, bekommen also eine zusätzliche Plattform ‚geschenkt‘.

Weil sich optional Windows auf dem tragbaren Gaming-PC installieren lässt, funktioniert auch Microsofts Spiele-Flatrate Xbox Game Pass auf dem Gerät – das SteamDeck kann somit auch als transportable Xbox dienen. Selbst der Zugriff auf Dritt-Anbieter wie Epic Games Store, Origin oder GOG soll klappen. Was der Büro-Laptop nicht schafft, schafft das SteamDeck.

What’s not to love, möchte man meinen.

Dass gestern parallel mit der überraschenden Enthüllung auch #SwitchPro bei Twitter trendete, ist kein Zufall. Denn die technischen Eckdaten sind genau das, was sich Fans eigentlich von Nintendo erwartet hatten. Stattdessen wurde die Nintendo Switch OLED (kommt im Oktober) nur äußerlich weiterentwickelt: dezent größeres Display, ein stabilerer Aufsteller, LAN-Anschluss. Hoffnungen nach höherer Auflösung oder längerer Akku-Laufzeit haben sich nicht erfüllt.

In die Verlegenheit, sich zwischen Switch und SteamDeck entscheiden zu müssen, dürften indes die wenigsten Kunden kommen – sehr viel wahrscheinlicher ist, dass sich Enthusiasten beide Geräte zulegen. Denn das Pfund, mit dem Nintendo wuchert, sind nun mal 60-Euro-Spiele, die es so eben nur auf der Switch gibt, auch in Zukunft – die Zeldas, die Mario Karts, die Pokémons, die Animal Crossings.

Nun ist es nicht das erste Mal, dass sich Valve im Hardware-Segment probiert: 2015 hat das US-Studio mit der Steam Machine den Versuch unternommen, Steam in Konsolenform auf den Fernseher zu bringen – samt eigenem Controller. Im Ergebnis sollen nur wenige hunderttausend Stück verkauft worden sein. So schlüssig die Markterweiterung erschien: Dieser Markt war schlichtweg nicht vorhanden – oder Valve seiner Zeit voraus.

Das US-Unternehmen hat aus diesem Rückschlag offenkundig Lehren gezogen und konkurriert nicht länger um den „big screen“ mit Gaming-PCs, PlayStation 5 und Xbox Series X. Jetzt geht es um Gaming in der Bahn, im Flieger, im Urlaub, im Café, in der Mittagspause, in der Gamescom-2022-Warteschlange und selbst dort, wo bekanntlich absolut niemand Videospiele spielt: am Stillen Örtchen.

Wird das SteamDeck ein Erfolg? Das hängt von vielen Faktoren ab – welche Stückzahlen können in welchem Zeitraum ausgeliefert werden, wie lange hält der Akku in der Praxis durch, wie präzise und komfortabel ist die Steuerung? Die überwiegend positive, teils euphorische Reaktion auf die Ankündigung zeigt aber, dass Valve einen Nerv getroffen und eine Lücke gefunden hat. Wie groß diese Lücke in kommerzieller Hinsicht ist, wird sich kurz vor Weihnachten zeigen.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


Immer freitags, immer kostenlos: Jetzt GamesWirtschaft-Newsletter abonnieren!