Start Meinung Was wird aus Saturn? (Fröhlich am Freitag)

Was wird aus Saturn? (Fröhlich am Freitag)

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Während der Lockdowns gab es bei Saturn praktische Drive-Ins - jetzt nicht mehr (Foto: MediaMarktSaturn Retail Group)
Während der Lockdowns gab es bei Saturn praktische Drive-Ins - jetzt nicht mehr (Foto: MediaMarktSaturn Retail Group)

Auch die jüngste TV-Kampagne lässt eine der wichtigsten Menschheits-Fragen ungelöst: Was unterscheidet eigentlich MediaMarkt und Saturn?

Verehrter GamesWirtschaft-Leser,
verehrte GamesWirtschaft-Leserin,

quasi direkt vor meiner Haustür im fränkischen Fürth gibt es seit 2008 eine Saturn-Filiale – ein mächtiger, sandsteinfarbener Quader, innerstädtisch günstig gelegen an einer Hauptverkehrsader, 3.500 Quadratmeter auf zwei Ebenen, unterkellert von einem eigenen Parkhaus.

Entlang der Hauptfassade prangt ein gigantisches Saturn-Logo, tags wie nachts unübersehbar, vermutlich selbst aus dem Weltraum gut zu erkennen. Dieser Schriftzug wird ab Herbst nicht nur von der Fassade verschwinden, sondern buchstäblich auch aus dem Blickfeld und somit aus dem Alltag der Einheimischen. Denn am 25. September öffnen sich die Türen des Saturn Fürth zum letzten Mal – der Abverkauf soll Ende Juli starten.

Gegenüber der Lokalzeitung bezeichnet der Geschäftsführer das Aus für den Saturn Fürth als „leider alternativlos“. Schon während der Lockdowns war die Verkaufsfläche auf das Erdgeschoss reduziert und somit glatt halbiert worden – Kühlschränke, Laptops und USB-Sticks mussten zusammenrücken.

Noch im April gab es Hoffnungen, dass der Standort verschont wird. Damals war bekannt geworden, dass der MediaMarkt-Saturn-Mutterkonzern Ceconomy mindestens 13 der bundesweit rund 420 Märkte (davon 150 Saturn) bis Ende 2022 schließt. Die Gründe liegen nahe: Die Kosten müssen runter, gleichzeitig boomt das Online-Geschäft.

Seit Jahren wird darum gerungen, wie denn eine langfristige Strategie für die beiden Elektronikmarktführer aussehen könnte. Denn anders als MediaMarkt gibt es die Marke Saturn europaweit nur noch in Deutschland – zuzüglich einem Laden in Luxemburg. Erst im Oktober vergangenen Jahres waren die österreichischen Saturn-Filialen umlackiert worden und firmieren seitdem unter MediaMarkt. Mit der Folge, dass es jetzt allein im Großraum Wien 15 (!) MediaMärkte für kaum 3 Millionen Einwohner gibt. Diese „Einmarken-Strategie“ ermögliche „viele Synergien, schlankere Prozesse und effizientere Strukturen“, schwärmte das Management. Wer saturn.at ansteuert, landet seitdem auf mediamarkt.at: „Gemeinsam richtig stark: Saturn ist jetzt MediaMarkt“.

Und in Deutschland? Hier arbeiten sich führende Agenturen weiterhin daran ab, ein eigenes Profil für Saturn herauszukeltern, um sich von der großen, „roten“ Konzernschwester (Motto: „Hier geht’s um mich“) abzugrenzen. Lange Zeit gelang das mit „Geiz ist geil“ und dem knuddligen „Tech-Nick“ (mittlerweile verrentet) ziemlich gut. Zum 1. Juni startete nun die jüngste Image-Kampagne, die das Technik-Erlebnis in den Vordergrund stellt: Du kannst mehr. Du bekommst mehr. Du erreichst mehr. Du fühlst mehr – auch beim Gaming.

Woran sich dieses Versprechen gegenüber der Konkurrenz aus dem eigenen Haus und dem Mitbewerb konkret zeigt, bleibt allerdings unbeantwortet. Ebenso wie die Frage, warum der 65-Zöller, die Speicherkarte oder der Controller am besten bei Saturn erworben werden sollte – und nicht bei MediaMarkt, Euronics, Medimax, Expert oder gar Amazon. Selbst das Werbe-Fachblatt Horizont ist ratlos: „Zu viel gewollt: Wieso Saturn auf der Suche nach einem klaren Markenprofil kläglich scheitert.“

Klar ist zumindest: Der Preis allein soll (und kann) es nicht mehr richten. Vielmehr gilt die Service- und Beratungs-Kompetenz als Heilsbringer für den stationären Handel. Was aber, wenn zumindest der Games-Kunde diese Beratung gar nicht (mehr) will und erst recht nicht (mehr) erwartet? Sondern nur noch darauf wartet, wann er das nächste Mal bei drei gekauften PS5-Spielen eines gratis bekommt, weil er Geiz doch noch ganz geil findet?

Wenn man zudem die Tendenz fortschreibt, dass 2020 fast 95 Prozent der PC-Spiele und jedes dritte Konsolenspiel per Download bezogen wurden, dann braucht es schon richtig gute Gründe, warum Games-Kunden künftig einen Fuß in immer kleiner werdende Videospiele-Abteilungen setzen sollten – egal, wie sehr die Marken-Claims „emotional aufgeladen“ werden.

Wie eine mögliche Antwort aussehen könnte, ist seit September im Kölner Saturn-Stammhaus am Hansaring zu besichtigen: Das Xperion bietet Technik zum Ausprobieren auf 3.000 Quadratmetern – Konsolen, Gaming-PCs, Virtual Reality, E-Sport, Influencer-Events, dazu eigene Shop-in-Shop-Auftritte von Xbox, EA, Sony, Logitech, Medion, unter anderem. Also eine Art Mini-Gamescom, keine zwei Kilometer Luftlinie vom Original entfernt.

Unabhängig davon, inwieweit sich dieser Aufwand auf mittlere Sicht bei Um- und Absatz auszahlt: Hier wird zumindest der Versuch unternommen, das in den TV-Spots versprochene „zukunftsorientierte Technikerlebnis der urbanen und markenbewussten Zielgruppe“ tatsächlich einzulösen.

Nicht so am Standort Fürth: Sollte die hiesige „urbane und markenbewusste Zielgruppe“ ein dringendes Bedürfnis nach „zukunftsorientiertem Technikerlebnis“ verspüren, muss sie ab Oktober den Saturn im nahen Nürnberg oder Erlangen aufsuchen. Oder eben gleich zu MediaMarkt.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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3 Kommentare

  1. @luenne: Optisch finde ich Saturnfilialen deutlich einladender.

    Würde mich jedoch nicht wundern, wenn Mediamarkt mit seiner Billigheimeroptik und den vielen weiß auf roten “Hier jetzt sofort kaufen!” Schildern, wohin man auch blickt, am Ende mehr Umsatz macht.

    Auch wenn die Preise sich im Schnitt vermutlich nichts nehmen.

  2. also wenn aus saturn mm wird wer hätte damit ein Problem?
    Nur die Reseller die nicht bei beiden Läden kaufen könnten.
    Den normalen Kunden ist das doch egal ob da Saturn oder MM drauf steht.

    • Reseller benutzen einfach mehrere accounts.. die interessiert das auch nicht ob Saturn oder Mediamarkt. Ich finds schlimmer das der Nick jetzt schon in Rente ist. Muss ja für die Spots dann gut Knete bekommen haben.🤣😅

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