Super Mario Run fürs iPhone, Pokémon Go für die Apple Watch: Nintendo bringt seine wertvollsten Marken auf Smartphones, Tablets und Smartwatches – gerade noch rechtzeitig.
Über Jahrzehnte galt das eherne Gesetz: Wer Super Mario oder Zelda oder Pokémon spielen möchte, muss dazu auch die entsprechende Hardware von Nintendo erwerben. Einen Nintendo 2DS gibt es mittlerweile schon für unter 100 Euro – die passenden Spiele hingegen schlagen mit mindestens 20 bis 30 Euro zu Buche, Wii-U-Spiele kosten bis zu 50 Euro. Von diesem Geschäftsmodell lebte Nintendo lange hervorragend, angefangen vom ersten Gameboy bis zur Wii.
Doch Smartphones und Appstores in Komplizenschaft mit zunächst kostenlosen Free2play-Spielen untergraben zusehends die Erlöse und Verkaufszahlen bei Nintendo. Konsolen- und Spiele-Absatz sind im freien Fall, wie die jüngsten Quartalszahlen belegten. Analysten und Beobachter rechneten daher seit langem damit, dass Nintendo nichts anderes übrig bleibt, als die eigenen Marken auf Smartphones von Fremdherstellern zu bringen. Auch deshalb, um die nachwachsende Generation nicht zu verlieren.
Bereits der erste Versuch – Pokémon Go – war und ist ein Welterfolg. Das erst Anfang Juli 2016 veröffentlichte Outdoor-Monster-Sammelspiel wurde bislang über eine halbe Milliarde Mal heruntergeladen, allein im ersten Monat lag der Umsatz bei über 200 Millionen Dollar. Ironischerweise hat dies auch die Verkaufszahlen der klassischen Pokémon-Spiele für Nintendo-Konsolen befeuert. Da erscheint es nur logisch, dass es auch einen Pokémon-Go-Ableger für die Apple Watch geben wird.
Super Mario Run: Nintendos überraschender Strategiewechsel
Jetzt folgt der nächste Schritt: Mario-Schöpfer und Nintendo-Ikone Shigeru Miyamoto präsentierte höchstselbst Super Mario Run auf der Apple-Pressekonferenz am 7. September. Das Hüpfspiel wird ab Dezember 2016 für iPhone und iPad, später auch für Android-Geräte erscheinen.
Die ersten Abschnitte werden kostenlos spielbar sein, also ähnlich einer Demo-Version. Danach wird ein günstiger Festpreis fällig, der mutmaßlich unter fünf Euro liegt. Dadurch sei sichergestellt, dass man sich nicht durch In-App-Optionen laufend zusätzliche Spielzeit erkaufen müsse, so wie es bei vielen klassischen Free2play-Titeln der Fall ist.
Auch die Steuerung ist bemerkenswert: Im Gegensatz zu den klassischen Super-Mario-Spielen lässt sich die iPhone-Version auch mit einer Hand steuern, denn Mario rennt eigenständig durch die Spielwelt. Je länger man aufs Display drückt, desto höher springt Mario. Dadurch eignet sich Super Mario Run auch für ein schnelles Spiel zwischendurch, etwa in Bus und U-Bahn. Oder während man einen Hamburger oder einen „Apple“ verzehrt – ein charmantes Wortspiel, mit dem Miyamoto das Publikum verzauberte.
Im Multiplayer-Modus („Battle Mode“) absolvieren zwei Spieler parallel den selben Level. Wer mehr Münzen einsammelt und eine weitere Strecke zurücklegt, gewinnt – und kann im Anschluss sein „Pilz-Königreich“ weiter verschönern und erweitern.
Super Mario Run: Anfang vom Ende der Nintendo-Handhelds?
Es gibt wenig Zweifel daran, dass die Super-Mario-Version für Smartphones und Tablets spektakuläre Abrufzahlen generieren wird. Dabei ist Super Mario nur der Anfang. Mit Umsetzungen des Bauernhof-Aufbauspiels Animal Crossing und einem Ableger des Rollenspiels Fire Emblem folgen bis März 2017 weitere bekannte Nintendo-Marken.
Die Krux: Je größer der Erfolg, desto geringer die Chancen, dass Nintendo eine neue tragbare Spielekonsole entwickelt und veröffentlicht. Die Ära von Gameboy, DS und 3DS wäre damit beendet.
Es spricht viel dafür, dass sich Nintendo nach Sony aus dem Geschäft mit klassischen Handhelds zurückzieht und nur noch stationäre Wohnzimmerkonsolen anbietet. Für das Frühjahr 2017 ist der Wii-Nachfolger Nintendo NX angekündigt – Ausstattung und Preise sind noch offen. Patentanträge legen indes den Schluss nahe, dass es sich hierbei auch um eine Hybrid-Konsole handeln könnte.