Im Vor- und Umfeld der Gamescom 2023 geht der Branchenverband Game abermals juristisch gegen Markenrechtsverletzungen vor.
Wenn eine große Elektronikmarktkette in TV-Spots wolkig mit „Highlights zum Gaming-Event des Jahres in Köln“ wirbt, weiß jeder, was gemeint ist – nämlich die Gamescom. Sie, deren Name nicht genannt werden darf, ist eine eingetragene Marke des Verbands der deutschen Games-Branche e. V., kurz: Game.
Nur zahlende Aussteller und Partner dürfen diese Wort- und Bild-Marke in ihrer Kommunikation nutzen – analog zur FIFA Fußballweltmeisterschaft oder zum Superbowl. Wo das nicht der Fall ist, müssen die Werbetexter kreative, rechtlich geschmeidige Lösungen finden.
Die Gamescom 2023 lockte in den vergangenen Tagen laut Veranstalter 320.000 Besucher aus über 100 Ländern auf das Gelände der Koelnmesse in Köln-Deutz. Damit handelt es sich derzeit um die größte Fach- und Publikumsmesse des Landes: Im Unterschied zu vielen anderen Messen hat das Format die Pandemie stabil überstanden – die Bedeutung für die Branche ist nach dem Ausfall der E3 eher gewachsen.
Gamescom: Verband mahnt Website-Betreiber ab
Die Marke Gamescom (Eigenschreibweise: gamescom) wurde bereits 2010 für eine ganze Reihe sogenannter Nizza-Klassen beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen und umfasst neben der Organisation von Messen, Konferenzen und Veranstaltungen mittlerweile auch „Dienstleistungen eines Campingplatzes“, Bekleidung, Spielwaren, Bücher, Zeitschriften, Schlüsselbänder, Gewinnerpokale, Regen- und Sonnenschirme, Backschüsseln, Gaming-Stühle und Dutzende weiterer Produkte und Services.
Aus diesem Umstand leiten sich Rechte ab, die eine Berliner Kanzlei regelmäßig namens des Verbands durchsetzt. Nicht zum ersten Mal wurden vor wenigen Wochen Abmahnungen verschickt – diesmal an Website-Betreiber, die seit vielen Jahren Informationen über die Kölner Videospiele-Messe zusammentragen und in der Domain den Begriff ‚Gamescom‘ einsetzen.
Der Verband hat die Verantwortlichen zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert – vorbehaltlich weitergehender Schadensersatzansprüche. Die damit einhergehenden Anwaltskosten ergeben sich aus dem angesetzten Streitwert in Höhe von 100.000 € und belaufen sich auf knapp 3.000 € – hinzu kommen die Kosten für die eigene Rechtsvertretung.
Bemerkenswert: Anstelle einer sanften ‚Vorwarnung‘ wurde sofort die juristische Kavallerie losgeschickt. Den Betreibern blieb nur eine (branchenüblich) „sehr kurze Frist“, um einen spezialisierten Fachanwalt zu finden. Die überraschende Abmahnung hat sich in der Szene rasch herumgesprochen: Über Nacht wurden eine ganze Reihe von Social-Media-Kanälen umbenannt, Domains abgeklemmt und hektisch neue Logos entworfen.
Auf Anfrage von GamesWirtschaft bestätigt der Branchenverband den Vorgang: „Die Gamescom-Marke wie das gesamte Event sind für den Game-Verband und seine über 450 Mitgliedsunternehmen von herausragender Bedeutung“, erklärt Geschäftsführer Felix Falk. „Umso wichtiger ist ihr Schutz. Immer mehr Unternehmen und Organisationen wollen die weltweite Strahlkraft der Gamescom nutzen, aber das geht natürlich nur im begrenzten Rahmen.“
Bei unlizenzierter Verwendung der Marke würde man genau hinschauen: Wird die Marke in einem kommerziellen Rahmen verwendet oder so, dass der Eindruck eines offiziellen Gamescom-Angebots entsteht, müsse der Verband – allein um die Markenrechte juristisch zu erhalten – dagegen vorgehen. „Bei kleineren, nicht-kommerziellen Community-Projekten setzen wir hingegen auf den Austausch mit den Betreibern, um gemeinsam nach einer guten Lösung zu suchen“, so Falk. „Das ist uns bisher auch immer gut gelungen. In diesem Jahr gab es erst einen einzigen Fall, bei dem wir wegen der nicht lizensierten Nutzung der Gamescom-Marke eine Abmahnung verschickt und uns mittlerweile aber gemeinsam gut geeinigt haben.“
Inoffizielle Gamescom-Events: Koelnmesse sucht Dialog mit Gastronomen
Die missbräuchliche Verwendung der Marke ‚Gamescom‘ ist nicht das einzige Thema, das die Veranstalter umtreibt. Mit Argwohn werden inoffizielle Empfänge, Partys, Präsentationen, Pressekonferenzen und Meetings im Gamescom-Umfeld registriert, die zunehmend abseits des Messegeländes stattfinden.
Die Koelnmesse selbst sucht nach GamesWirtschaft-Informationen den Dialog mit Hoteliers, Gastronomen und Agenturen und will notfalls mit sanftem Druck einwirken – schließlich würde mit kommerzieller Trittbrettfahrerei nicht nur der Messe, sondern dem Standort als solchem geschadet. Warnende Beispiele gibt es genügend: So ist die E3 unter anderem deshalb zugrunde gegangen, weil sich immer mehr Aussteller im Messe-Zeitraum in benachbarte Hotels und Event-Locations eingemietet haben.
An Stellschrauben dürfte es nicht mangeln, schließlich ist die Koelnmesse ein städtisches Unternehmen, an dem auch das Land NRW mit 20 Prozent beteiligt ist.
Wie lange der mehrmals verlängerte Gamescom-Vertrag zwischen der Koelnmesse und dem Game-Verband noch läuft, wollen die Partner weiterhin nicht kommentieren. Der Termin für die Gamescom 2024 steht indes schon fest: 21. bis 25. August 2024 – wieder in Köln.