Es klingt wie ein Märchen aus 1001 Nacht: Laut dem türkischen Ministerpräsident Yildirim will Crytek eine halbe Milliarde Dollar in die Türkei investieren.

Die Crytek-Filiale in Istanbul gehört zu den fünf Studios, die im Zuge der Neuausrichtung geschlossen werden sollen. Jetzt sorgt ausgerechnet der türkische Premierminister Binali Yıldırım für eine spektakuläre Entwicklung: Während einer Rede im Rahmen einer Preisgala am 24. Dezember soll er drei Brüder türkischer Abstammung erwähnt haben, die ein führendes Games-Unternehmen in Deutschland betreiben – und nun 500 Millionen Dollar in der Türkei investieren wollen. Das berichten unter anderem der türkische Tech-Blog DailySabah.com und Hardavenue.com – dort ist auch ein Video der Rede zu sehen.

Wortwörtlich sagt Premier Yildirim laut der Übersetzung: „Da gibt es einen Mann aus Giresun, der in Deutschland lebt. Er ist einer der führenden Köpfe der Games-Industrie in der Welt. Sie kommen und investieren in die Türkei. Auch wenn ihre Technologie jenseits meiner Vorstellungskraft ist, so ist doch nicht schwer zu verstehen, dass unsere Zukunft in der Innovation liegt.“

Woher nimmt Crytek 500 Millionen Dollar?

Auch wenn der Premier den Namen des Unternehmens nicht konkret benennt: Die Beschreibung passt in jeder Hinsicht einzig auf Crytek – jenes Frankfurter Studio, das von den Brüdern Avni, Cevat und Faruk Yerli gegründet wurde und erst kurz vor Weihnachten einen grundlegenden Strategiewechsel angekündigt hat. Meldungen über unbezahlte Gehälter hatten zuvor Spekulationen um die Solvenz von Crytek befeuert.

Vor diesem Hintergrund erscheint die Meldung über ein Investment – noch dazu in dieser Größenordnung – mindestens erstaunlich. Wie kann ein Unternehmen einen dreistelligen Millionenbetrag investieren, wenn es sich gleichzeitig außerstande sieht, die Gehälter der Belegschaft pünktlich auszuzahlen?

Sollten statt Dollar türkische Lira gemeint sein, wären das immer noch rund 136 Millionen Euro – was angesichts des Crytek-Jahresumsatzes von zuletzt 70 Millionen Euro immer noch eine gewaltige Summe wäre.

Das Video hingegen ist „echt“: Die Preisverleihung und die Rede haben tatsächlich stattgefunden – auf der Website des Export-Verbands sind entsprechende Fotos neueren Datums zu sehen.

Dennoch: Solange es für die Meldung keine offizielle Bestätigung gibt, sind Übersetzungs- und Deutungsfehler nicht ausgeschlossen. Zwischenzeitlich hatte es geheißen, die türkische Regierung höchstselbst investiere eine halbe Milliarde Dollar in das Studio. Diese Meldungen wurden allerdings schnell korrigiert.

GamesWirtschaft hat Crytek um ein Statement gebeten.

Cloud Imperium Games wechselt von CryEngine zu Lumberyard

Im Umfeld des angeschlagenen Unternehmens gibt es zwischenzeitlich weitere Entwicklungen: Das von Schließung bedrohte Crytek-Studio im bulgarischen Sofia hat sich wieder in „Black Sea Studios“ umbenannt. Das Studio wurde 2008 von Crytek übernommen und firmierte seitdem unter „Crytek Black Sea“. Das Team hatte zuvor Strategiespiele wie Worldshift oder Knights of Honor entwickelt.

Zudem hat Cloud Imperium Games bekannt gegeben, bei der Entwicklung der Weltraumsimulationen Star Citizen und Squadron 42 künftig auf die kostenlose Amazon-Engine Lumberyard zu setzen. Lumberyard basiert auf Cryteks CryEngine. Das Studio betreibt eine Niederlassung in Frankfurt, nur wenige hundert Meter von der Crytek-Zentrale entfernt.