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DOSB Mitgliederversammlung stützt eSport-kritischen Kurs

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Der DOSB will sich für
Der DOSB will sich für "virtuelle Sportarten" (hier: PES 2019) in Sportvereinen einsetzen, lehnt aber die meisten eSport-Titel ab (Abbildung: Konami)

Nahezu einstimmig hat die Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbunds 2018 das eSport-Positionspapier des DOSB-Präsidiums gebilligt.

Die 400 Delegierten der DOSB Mitgliederversammlung 2018 in Düsseldorf haben nicht nur Präsident Alfred Hörmann im Amt bestätigt: Unter dem Tagesordnungspunkt 12 gab es am ersten Dezember-Wochenende auch eine breite Unterstützung für die eSport-Positionierung des DOSB – 99 Prozent stimmten jener Vorlage zu, die sich sehr deutlich von den Interessen der eSport-Branche absetzt. Das umstrittene Papier hatte Ende Oktober für heftigen Streit mit den Verbänden der Videospiel-Industrie gesorgt und den Widerspruch führender Digitalpolitiker provoziert (lesen Sie dazu auch die ausführliche GamesWirtschaft-Analyse).

Kern des DOSB-Beschlusses ist die Unterscheidung zwischen zulässigen „virtuellen Sportarten“ (etwa „FIFA 19“, „PES 2019“ oder „NBA 2K19“) und dem Rest, der unter „eGaming“ subsumiert wird. Unter diese neu eingeführte Definition fallen nach DOSB-Lesart gängige eSport-Disziplinen wie „Counter-Strike“, „Dota 2“, „League of Legends“, „Fortnite“, „Call of Duty“, „Overwatch“, „Starcraft 2“, „Rainbow Six Siege“, „Hearthstone“ und viele weitere Titel.

In der Praxis bedeutet dies: Der DOSB distanziert sich mindestens von den Plätzen 1 bis 25 der populärsten eSport-Titel in Deutschland, mit Ausnahme von „FIFA“ – und lehnt eSport somit sowohl begrifflich als auch in seiner Gesamtheit ab.

DOSB Mitgliederversammlung: Nein zu eGaming – und zu eSport erst recht

Laut der beschlossenen Vorlage legt sich der Spitzenverband fest, dass „eGaming in seiner Gesamtheit nicht den zentralen Aufnahmekriterien entspricht, die das Sport- und Verbändesystem unter dem Dach des DOSB konstituieren und prägen“. Darüber hinaus sollen weder eigenständige eGaming-Abteilungen in den Vereinen entstehen noch „eGaming-Aktivitäten“ angeboten werden – was beispielsweise den FC Schalke 04 betrifft, der innerhalb des eingetragenen Vereins auch „League of Legends“ betreibt.

Gleichzeitig will sich der DOSB dafür einsetzen, dass Vereine mit virtuellen Sportarten als gemeinnützig anerkannt werden und somit von steuerlichen Vorteilen profitieren – umgekehrt wendet sich der Verband „entschieden gegen eine Aufnahme von eGaming/’eSport‘ in die Abgabenordnung“, wie es die Groko im Koalitionsvertrag vereinbart hat.

Diese bemerkenswert klare Abgrenzung des Olympischen Sportbunds dürfte erhebliche Signalwirkung auf die künftige politische Diskussion haben. Mehrere Landesregierungen sowie das CSU-geführte Bundesinnenministerium (gleichzeitig für den Sport zuständig) hatten die weitere Vorgehensweise von der Haltung des DOSB abhängig gemacht. Dies geht auch aus einer GamesWirtschaft-Anfrage hervor, deren Ergebnisse wir in der laufenden Woche veröffentlichen.

eSport-Bund ESBD kritisiert „sprachliche Verrohung der Debatte“

Im Vorfeld der Mitgliederversammlung hatte der eSport-Bund Deutschland ESBD die „sprachliche Verrohung der Debatte“ durch eSport-Skeptiker beklagt. So hat Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) bei einer Veranstaltung wörtlich davon gesprochen, dass man den Begriff eSport ‚ausradieren‘ müsse.

Ähnlich argumentiert der langjährige DOSB-Vize Walter Schneeloch in einem aktuellen Interview mit der Rheinischen Post: Nach seiner Darstellung hätten „diese Ballerspiele“ weder im Sport noch in der Gesellschaft etwas verloren. „Unser Kinder werden immer dicker und kränker, was wäre es für ein fatales Signal, wenn wir dann auch noch etwas unterstützen, bei dem man fünf Stunden an der Konsole hängt und hinterher behauptet ein Kind, es habe ausreichend Sport gemacht“, erklärt Schneeloch. „eSport ist deshalb leider eher eine Gefahr für unsere Gesellschaft.“

In die gleiche Kerbe schlägt Andreas Silbersack, Präsident des Landessportbunds Sachsen-Anhalt: In einem Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung räumte er zwar ein, dass man an eSport „nicht vorbeikomme“. Aber: „Wenn es um Spiele geht, bei denen Menschen abgeschlachtet werden, dann ist das mit der Ethik des Sports nicht kompatibel. Blutrünstiges werden wir nicht befördern“, so Silbersack. „Außerdem ist das Suchtpotenzial von Spielen ein Thema.“ Im Breitensport gehe es um das Gemeinwesen und um Verantwortung – für Blut sei da „kein Platz“.

Verbands-Funktionäre und Politiker üben den Schulterschluss bei der ablehnenden Haltung von populären eSport-Disziplinen wie "Call of Duty: Black Ops 4" (Abbildung: Activision)
Verbands-Funktionäre und Politiker üben den Schulterschluss bei der ablehnenden Haltung von populären eSport-Disziplinen wie „Call of Duty: Black Ops 4“ (Abbildung: Activision)

Der ESBD kritisiert die Wortwahl scharf: „Anstatt sich mit den Sachfragen auseinanderzusetzen, verfallen einige in pure Polemik. Diese verschlossenen Türen wird man später nur schwer wieder aufbekommen“, so ESBD-Präsident Hans Jagnow. Sein Vize Martin Müller, gleichzeitig Vorsitzender des Vereins Magdeburg eSports, bedauert, dass eine derart „uninformierte Äußerung gerade von einem Vertreter des Sports aus Sachsen-Anhalt“ komme.

Auf das ESBD-Gesprächsangebot an Hessens Innenminister Beuth habe es bislang keine Reaktion gegeben. Vor diesem Hintergrund hat der ESBD die Einrichtung eines dauerhaften Sport-Ausschusses zwischen ESBD, DOSB und weiteren Akteuren vorgeschlagen. Da der DOSB den Begriff ‚eSport‘ kategorisch ablehnt, dürfte sich mindestens die Namensfindung eines solchen Ausschusses anspruchsvoll gestalten.