Start Wirtschaft Embracer Group: Geplatzter Milliarden-Deal schockt Börse (Update)

Embracer Group: Geplatzter Milliarden-Deal schockt Börse (Update)

0
Lars Wingefors ist Gründer und CEO des schwedischen Publishers Embracer Group (Foto: PR)
Lars Wingefors ist Gründer und CEO des schwedischen Publishers Embracer Group (Foto: PR)

Eine überraschende Gewinnwarnung infolge eines nicht zustande gekommenen XXL-Auftrags lässt den Aktien-Kurs der Embracer Group kollabieren.

Update vom 25. Mai 2023 (12 Uhr): Auch 24 Stunden nach Bekanntgabe der Geschäftszahlen bleibt die Embracer-Aktie unter Druck: Das Papier notiert weiterhin  unter der 2-€-Marke – und abseits üblicher technischer Reaktionen gibt es derzeit wenige Impulse, die dafür sorgen könnten, dass der Kurs wieder ins Plus dreht.

Nach wie vor wird im Netz heftig spekuliert, mit welchem Konzern die Schweden konkret verhandelt haben und woran das 2-Milliarden-Dollar-Paket gescheitert ist. Embracer-Chef Lars Wingefors sprach von „externen“ Gründen, die beim Verhandlungspartner zur Absage geführt hätten – es habe nicht an den vereinbarten Konditionen gelegen, denen die Gegenseite ja bereits zugestimmt hatte (wenngleich nur mündlich).

Hinter Wingefors liegt eine – so wörtlich – „rough night“, zumal die Präsentationen und Pressemitteilungen bereits fertig in der Schublade lagen und am gestrigen Mittwoch hätten veröffentlicht werden sollen. Die Arbeit eines halben Jahres mit Hunderten Beteiligten sei binnen weniger Stunden obsolet geworden.

Der Embracer-Gründer und Großaktionär gibt sich kämpferisch: „Nun, so läuft eben das Geschäft. Ich weiß, dass die Aktionäre und Anteilseigner von mir erwarten, dass ich jede Schlacht gewinne – und diese hier war nun mal eine besonders große. Wir haben sie nicht gewonnen, aber ich bin zuversichtlich, dass wir viele der künftigen Schlachten für uns entscheiden.“


Update vom 24. Mai 2023 (14 Uhr): Verlauf, Inhalt und Aufbereitung der heutigen Pressekonferenz im Nachgang zu den Embracer-Zahlen deuteten an, wie kurzfristig und überraschend die Absage des Lizenzpartners erfolgt sein muss. Auf Nachfragen von Analysten und Journalisten ließ sich ein sichtlich übermüdeter Vorstands-Chef Lars Wingefors keine weiteren Details entlocken.

Im Verlauf der Übertragung sackte der Embracer-Aktienkurs an den europäischen Börsen unter die Marke von 2 € – zur Stunde liegt das Minus bei knapp 46 Prozent. Die Marktkapitalisierung hat sich dementsprechend nahezu halbiert: Von einem Tag auf den anderen hat die Embracer Group fast 2 Milliarden € an Börsenwert eingebüßt.


Embracer Group: Geplatzter Milliarden-Deal schockt Börse

Meldung vom 24. Mai 2023 (9:30 Uhr): Die Enttäuschung schwingt in jeder Silbe mit: Erst in der Nacht vor der heutigen Bekanntgabe der Quartalszahlen erreichte das Embracer-Management völlig überraschend die Absage der Gegenseite. Seit Monaten sei an einem Lizenz-Deal gearbeitet worden, der „neue Maßstäbe“ in der Games-Industrie gesetzt hätte.

Die Verhandlungen waren demnach weit fortgeschritten – die mündliche Zusage lag im Oktober 2022 vor, seitdem liefen bereits die Vorbereitungen für erste Spiele. Auf beiden Seiten waren mehrere hundert Personen und Berater an dem Projekt beteiligt. Auftragsvolumen: 2 Milliarden Dollar über einen Zeitraum von sechs Jahren.

Die Größenordnung lässt auf einen der großen Plattform-Betreiber schließen – spekuliert wird über Epic Games, Amazon oder Microsoft (Xbox Game Pass). Ganz grundsätzlich in Frage kommen auch marktführende Lizenzgeber wie Universal, Warner, Hasbro, Nickelodeon oder Disney (Marvel, Star Wars, Pixar).

Fest steht: Die nun ausbleibenden Vorabzahlungen haben massive Auswirkungen auf den Ausblick des laufenden Geschäftsjahrs 2023/24: Statt eines operativen Gewinns von bis zu 1,2 Milliarden € erwartet der Vorstand um CEO Lars Wingefors maximal 780 Millionen €.

Die Meldung sorgt für akute Verunsicherung bei Aktionären und Investoren: Zum Handelsstart bricht die Embracer-Aktie um 40 Prozent ein. Um 9:30 Uhr notiert der Kurs bei knapp über 2 € – am Vortag lag der Wert bei 3,70 €, vor einem Jahr über 8 €.

Dabei meldet der schwedische Publisher für die abgelaufene Saison (April 2022 bis März 2023) durchaus erfreuliche Zahlen: Das PC- und Konsolenspiele-Segment legt im Vorjahresvergleich um 80 Prozent zu, das Tabletop-Geschäft hat sich mehr als vervierfacht. Unter Druck: Mobilegames, die um ein Viertel zurückgehen.

Wingefors spricht von einem „herausfordernden Jahr“ inklusive Terminverschiebungen, nachlassender Verbraucher-Nachfrage und enttäuschender Resonanz auf wichtige Neuheiten.

Deutlich über den Erwartungen liegen die Verkaufszahlen von Dead Island 2: Das Zombie-Action-Spiel hat bereits am ersten Wochenende mehr als 1 Million Stück abgesetzt – mittlerweile liegen die Zahlen deutlich über 2 Millionen. Es handelt sich um den erfolgreichsten Launch in der mehr als 20jährigen (und offenkundig demnächst endenden) Historie des Labels Deep Silver. Die Entscheidung, dem konzerneigenen Entwickler Dambuster Studios mehr Zeit für den Feinschliff zu geben, habe sich als richtig erwiesen.

Weil Dead Island 2 erst Ende April erschienen ist, zahlt es noch nicht auf die aktuellen Quartalszahlen ein. Einer der Hauptumsatztreiber des 1. Quartals 2023 war SpongeBob SquarePants: The Cosmic Shake, das in Wien bei der THQ-Nordic-Tochter Purple Lamp Studios entwickelt wird. Ungeachtet guter Kritiken von Fachpresse und Kunden lägen die Verkaufszahlen unter den Erwartungen – gleichwohl sei mit mittelfristig stabiler Nachfrage zu rechnen.

Überhaupt profitiert Embracer analog zu anderen Publishern von der Nachfrage nach Bestandstiteln (back catalogue): So liegen die Verkaufszahlen des 2019 erschienenen Shooters Metro Exodus nun bei 8,5 Millionen Stück.

Für das 2. Quartal 2023 (April bis Juni) sind unter anderem AEW Fight Forever, Jagged Alliance 3, das System Shock-Remake und die PS4- und Xbox-Versionen von Destroy All Humans! 2 vorgesehen.

Erst vor wenigen Tagen hat Amazon Games angekündigt, auf Basis der Embracer-Lizenz Der Herr der Ringe (The Lord of the Rings) ein neues Fantasy-Online-Rollenspiel zu entwickeln. Embracer ist über Provisionen auch am Verkaufserfolg des Daedalic-Spiels The Lord of the Rings: Gollum beteiligt, das am morgigen Donnerstag erscheint.

Auf die laufende Umstrukturierung des deutsch-österreichischen Publishers und Distributors Plaion (zuvor: Koch Media) geht der Geschäftsbericht nur andeutungsweise ein. Das Projekt unter dem Motto „Focused. Better. Together.“ erstreckt sich über drei bis fünf Jahre. Laut Medienberichten sollen die Labels Deep Silver, Ravenscourt und Prime Matter entfallen und durch die Dachmarke Plaion ersetzt werden; damit einher geht ein bereits eingeleiteter Stellenabbau.

Die Embracer-Gruppe zählt zu den wichtigsten Arbeitgebern der Games-Branche in Deutschland. Bei Plaion, HandyGames, Black Forest Games, Piranha Bytes und weiteren Töchtern waren zuletzt mehr als 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. In Österreich gilt THQ Nordic inklusive Purple Lamp Studios als größtes Games-Unternehmen des Landes.

Weltweit beschäftigt Embracer mehr als 16.000 Angestellte in fast 140 internen Studios. Derzeit befinden sich mehr als 200 Spiele in Entwicklung.