Ein jodelnder Japaner – und andere denkwürdige Momente beim Deutschen Computerspielpreis 2025, über die man vermutlich noch länger sprechen wird.
Verehrte GamesWirtschaft-Leserin,
verehrter GamesWirtschaft-Leser,
„Gleich wird’s wild …“ raunte jemand aus der Crew. Und er sollte Recht behalten.
Denn wenige Sekunden später kündigte der Off-Sprecher einen Überraschungsgast an: „… begrüßen Sie live auf der Bühne … Takeo Ischi!“
Mit Blick auf den Anlass der Veranstaltung (der amtliche Deutsche Computerspielpreis 2025 in Berlin) hätte man als interessierter Laie vermuten können, dass sekündlich ein Final Fantasy-Komponist, ein Street Fighter-Producer oder zumindest einer der persönlichen Assistenten von Hideo Kojima aus einer Nebelwolke emporsteigt.
Tatsächlich enterte ein lederbehoster Japaner fortgeschrittenen Alters die Bühne – und begann entlang einer Art Tetris-Techno-Titelmelodie zu jodeln.
Als die Kamera während der Performance zwischenzeitlich auf die VIPs in den ersten Reihen schwenkte, hatte man den Eindruck, dass sich jeden Moment die Szenen aus Mars Attacks abspielen, in der die Gehirne der Aggro-Aliens infolge einer Jodel-Sequenz … nun.

Tatsächlich ist Takeo Ischi (eigentlich Ishii Takeo) eine lebende Legende. Der heute 78jährige hat sich autodidaktisch während des Studiums in Tokio das Jodeln kulturell angeeignet – und zwar mit dem Standardwerk „Jodeln für Anfänger“ (kein Scherz). Denn wie schon Loriot wusste: Wenn mal die Kinder aus dem Haus sind oder es passiert irgendwas … dann habe ich nach zwei Jahren Jodelschule mein Jodeldiplom. Da habe ich was in der Hand.
Und jetzt alle: Holleri du dödl di – diri diri dudl dö.
Bei einem Aufenthalt in Deutschland fiel sein Talent auf – später gehörte er zu den Hauptattraktionen im ‚Kuhstall‘, dem Ausflugslokal von Maria und Margot Hellwig. Ab diesem Zeitpunkt lief der jodelnde Japaner rauf und runter im TV – und zwar 20:15-Prime-Time.
Und so kam es, dass es sich schon nach den ersten Takten instant wieder so anfühlte wie Anfang der 80er, als die kleine Petra im Frotteebademantel mit der kompletten Familie vor dem Röhrenfernseher saß und bei Erdnussflips, Nippon und Fanta den Musikantenstadl oder die Superhitparade der Volksmusik verfolgte.
Wir hatten ja nix.
Jedenfalls sind Ischi-Videos herausragendes Meme-Material und mittlerweile auch (wieder) bei YouTube und TikTok angesagt – womit der Boomer-Cringe den Bogen zur Neuzeit schlägt.
Der Werbeblock für die kommende Takeo Endboss-Single ist einer meiner Top-5-Momente einer gut anzuschauenden, stabil getakteten, routiniert moderierten Computerspielpreis-Verleihung (Aufzeichnung) – inklusive völlig verdienten Preisträgern, erkennbarem Production Value und einer wirklich spektakulären Location. Das Palais am Funkturm löst damit den Berliner Admiralspalast auf Platz 1 der schönsten DCP-Austragungsorte ab.
Die weiteren Take-Aways des Abends:
- Sonderpreis-Gewinnerin Lena Laaser von der Anti-Sexismus-Initiative GAME:IN e. V. nutzte ihre Dankesrede für den Hinweis, dass es trotz erkennbarer Fortschritte weiterhin Leute in Machtpositionen gäbe, die diese Macht missbrauchen und dennoch geschützt würden – „ein paar, die auch tatsächlich hier sitzen, was schade ist“. Wow. In diesem Moment hätte man eine Stecknadel fallen hören. Um im Jargon zu bleiben: So viel Cohones würde man sich bei nicht wegkürzbaren Live-Anlässen ja ein kleines bisschen öfter wünschen.
- Dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner blieb die Pein erspart, den Preis für das ‚Studio des Jahres‘ an eines der zwei nominierten Teams aus Bayern überreichen zu müssen. Stattdessen gewann Megagon Industries aus … Berlin. Es war ein Spiegelbild des Vorjahres, als CSU-Ministerpräsident Söder in München die Pixel Maniacs aus dem benachbarten Wahlkreis auszeichnete. Sieger im Jahr zuvor beim DCP in Berlin: Paintbucket Games – aus Berlin. Davor in München: CipSoft aus Regensburg. Oder wie es im Lothar-Matthäus-Evangelium heißt: „Die Schuhe müssen zum Gürddl bassn.“
- Dorothee Bär absolvierte ihren ersten großen Blue-Carpet-Auftritt in ihrer Funktion als ‚Games-Ministerin‘ und hatte sich für diesen besonderen Premieren-Abend eine Funkel-Glitzer-Garderobe rausgelegt. In ihrer Laudatio brachte sie nicht nur angenehm dosierte Selbstironie unter, sondern auch die Botschaft, dass es in ihrer Behörde wieder ein Games-Referat geben werde – nimm dies, Habeck. Und: Bär blieb während der kompletten Verleihung und darüber hinaus vor Ort. Das ist bei Spitzenpolitikern keineswegs selbstverständlich – nimm dies, Söder.
- Und dann war noch die mutig als ‚Mitternachtssnack‘ beworbene Currywurst-Station, deren Vorräte nicht mal bis 23 Uhr reichten. Aber das nur am Rande. In München könnte sowas ja nie passieren …
Allen Gewinnern ein herzliches ‚Holleri du dödl di‘ und Ihnen allen ein schönes Wochenende wünscht
Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft
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