
Mehr Transparenz und Fairness – am besten per Betriebsrat und/oder Tarifvertrag: Im Vorfeld der Gamescom pocht Ver.di auf mehr Mitbestimmung in der Games-Industrie.
Allzu „generisch“ seien die Forderungen der Gewerkschaft – und sie würden unterschlagen, wie unterschiedlich die Realitäten für die einzelnen Games-Unternehmen in Deutschland seien.
So lautete die Replik des Branchenverbands Game auf den Maßnahmen-Katalog, den Ver.di im Vorfeld der Gamescom 2024 formuliert hat. Auf deren Wunschliste standen und stehen unter anderem regelmäßige Gehaltsanpassungen, klare Arbeitszeit-Regelungen, mehr Transparenz und einheitliche Vertragsstandards.
Die defensive Position ist insofern nicht überraschend, als dass der Industrieverband die Interessen von Publishern und Studios vertritt, also tendenziell die Arbeitgeber-Seite. Im Lager der Arbeitnehmer gibt es nur vereinzelt organisierte Strukturen – für die Gewerkschaft eröffnet sich hier eine offene Flanke, etwa für Betriebsrats-Gründungen.
Immer mehr Betriebsräte in der deutschen Games-Industrie
Gerade auf diesem Feld hat sich in den vergangenen zwölf Monaten eine Menge getan – auch im Lichte drohender oder vollzogener Umstrukturierungen. Neu auf der Liste sind unter anderem Gremien bei Ubisoft Mainz, Ubisoft Düsseldorf und Ubisoft Berlin.
Bei der Kalypso Media Group in Worms wurde im Mai ein Betriebsrat installiert; das Management hat dieses Projekt nach übereinstimmender Darstellung unterstützt. Weitere Wahlen bei kleinen und großen Studios sind in Vorbereitung, quer durch die Republik.

Wenngleich die formalen Hürden niedriger sind als vielfach angenommen, scheuen viele Angestellte diesen Schritt, weiß Felix Voigt. Er arbeitet bei einem großen deutschen Studio und ist einer der Initiatoren des Game Devs Roundtable, der sich regelmäßig zu arbeitsrechtlichen Fragen austauscht. Dessen Mitgliederzahl hat sich mehr als verdoppelt, es gäbe ein gutes Momentum.
Was hält die Arbeitnehmer von der Gründung eines Betriebsrats ab? Laut Voigt gäbe es bei Beschäftigten nach wie vor die „Angst, negativ aufzufallen.“ Über internationalen Fachkräften, die aus Nicht-EU-Ländern kommen, schwebt zudem vielfach das Damoklesschwert ‚Visum‘. Die immer neuen Meldungen von Stellenstreichungen haben jedoch zur Einsicht beigetragen, dass es ein ernstzunehmendes Gegengewicht braucht, um Ansprüche gegenüber Konzernen um- und durchzusetzen.
Denn die Herausforderungen für die Belegschaften sind unverändert: Hauptsorgen bleiben Gehalts-Strukturen, Arbeitszeit-Regelungen und neuerdings Künstliche Intelligenz, die ganze Gewerke (Qualitätssicherung, Lokalisation, Support etc.) mindestens unterstützt, zuweilen ersetzt. In vielen Betrieben mangelt es nach wie vor an Transparenz und Fairness: Umworbene Talente werden vielfach besser entlohnt als Bestands-Mitarbeiter, die jahrelang um jedes Mini-Gehalts-Upgrade kämpfen.
Und auch wenn der berüchtigte ‚Crunch‘ – also extrem viele, teils unbezahlte Arbeitsstunden im Vor- und und Umfeld von Release-Terminen – kein flächendeckendes Problem mehr sei: Die Branche ist weiterhin anfällig für ‚freiwillige‘ Mehrarbeit in Folge von direktem oder indirektem Druck.
Games-Arbeitsmarkt: Ver.di pocht auf Tarifvertrag
Minimalziel bleibt daher ein Tarifvertrag – im ersten Schritt ließen sich beispielsweise Haus-Tarifverträge für einzelne Standorte aufsetzen. Mittel- und langfristig brauche es verbindliche Standards auf Branchen-Ebene, erklärt Ver.di-Gewerkschaftssekretär Matthias Grzegorczyk, der für die Tech-Branche in Nordrhein-Westfalen zuständig ist.
Grzegorczyk macht keinen Hehl daraus, dass es bei der Gamescom 2025 in Köln erneut darum gehe, alle Stakeholder für die Lage vor Ort zu sensibilisieren – also sowohl Arbeitgeber als auch -nehmer und den Verband, der neben der Gamescom auch die vorgelagerte Entwicklerkonferenz Devcom organisiert.
Ver.di wirbt natürlich auch in eigener Sache, etwa mit Blick auf neue Mitglieder in der deutschen Games-Branche. Im Gegenzug gebe es Unterstützung bei der Beratung und Vorbereitung von Betriebsrats-Wahlen und – sofern nötig – beim ‚worst case‘, etwa bei Betriebsverlagerungen oder betriebsbedingtem Stellenabbau.
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