Sicher, in dieser Woche steigt der größte (weil einzige) Konsolen-Launch des Jahres. Doch zunächst müssen wir ein Thema abschichten, das die Branche wirklich umtreibt.
Verehrte GamesWirtschaft-Leserin,
verehrter GamesWirtschaft-Leser,
wir schreiben das Jahr 2025: Der gewerbsmäßige Videospiele-Anbau ächzt unter Budget-Kürzungen, Verschiebungen, Projekt-Stopps, Förder-Chaos, Entlassungen, Studio-Schließungen.
Doch das ist alles Tünkram. Denn die wirklich relevante Frage lautet: Wie um alles in der Welt konnte es zum Currywurst-Gate beim Deutschen Computerspielpreis (DCP) am 14. Mai kommen? Dringlichkeit und Relevanz zeigen sich daran, dass das gefühlt längst verjährte Thema entlang der Tagesordnung bei der Mitgliederversammlung des Branchenverbands am vergangenen Montag hochkochte, wie Teilnehmer übereinstimmend berichten.
Was war passiert? Die DCP-Menükarte hatte für die Aftershow-Party einen „Mitternachts Snack“ in Aussicht gestellt – und zwar in Form einer amtlichen „Berliner Schöpfcurrywurst mit Brötchen“, optional vegan.

Die Realität sah so aus, dass bereits lange vor dem Anbruch des neuen Tages alle Bestände der beworbenen Schöpfcurrywurst vorzeitig ausgeschöpft waren. Von ‚Mitternacht‘ konnte keine Rede sein, von ‚Snack‘ erst recht nicht: Warmhalte-Kessel, Schöpfkellen, Pikser und Schälchen waren noch vor 23 Uhr vollständig abgeräumt. Die Belegschaft hatte bereits frische Tischdecken für die Folge-Veranstaltung aufgezogen.
Die Not muss so gewaltig gewesen sein, dass selbst die Tofu-Variante restlos aufgebraucht war. Wer nicht zügig und unmittelbar nach der Verleihung an die Fleischtöpfe geeilt war, ging zwangsläufig leer aus – und mit knurrendem Magen nach Hause. Oder an die Tanke. Oder zum Späti. Oder an die Minibar.
Für diesen Gourmet-GAU gibt es nur drei mögliche Erklärmodelle:
- Entweder war die Zahl der Portionen von Anfang an krass unterdimensioniert.
- Oder aber der Caterer hat sich erst im Nachgang erkundigt, wie viele Gäste eigentlich erwartet worden wären.
- Oder einzelne Teilnehmer haben in empörender Weise größere Kontingente beiseite geschafft (Motto: „Ich würd‘ gleich noch zwei Portiönchen für meine Kollegen mitnehmen …“)
Wie auch immer: Die Branche ist Kummer gewohnt und hält Einiges aus. Aber nicht sowas. Bei Currywurst hört der Spaß auf. Kein Wunder, dass sich Entrüstung Bahn brach – im Lichte einer ansonsten aufreger-armen Show gerieten die Preisträger fast zur Nebensache.
Das Trauma hält bis heute an – und avancierte zum Running-Gag beim besagten Sommerfest am Montag-Abend in Berlin. Spätestens ab dem Moment, als der ‚Beyond Meat‘-Burger mit Avocadocrème und hausgemachter Paprika-Mayo vorzeitig zur Neige ging.
Wer jemals eine größere Party organisiert hat, weiß um die Wichtigkeit der Verpflegung. Man könnte Jungfrauen von den Ehrlich Brothers zersägen lassen oder Lady Gaga als Überraschungs-Act einfliegen – egal. Der Leumund von Veranstaltung und Veranstalter entscheidet sich regelmäßig entlang der Nahrungskette.
Wer hier knausert, spart am falschen Ende. So will es das Gesetz.
Von Filmproduktionen und Welt-Tourneen weiß man, dass die Laune von Regisseuren und Schauspielern sowie die Spielfreude von Metal-Kapellen und deren Crew sehr wesentlich davon abhängt, was backstage oder am Set serviert und ausgeschenkt wird. Wehe, die Zutaten für Wodka Red Bull gehen aus.
Ich kann mich an wenige Messen, Konferenzen, Empfänge, Preisverleihungen, Jubiläen der jüngeren Vergangenheit erinnern, bei dem das Gastronomische kein Thema war. Irgendwas ist immer: Die Warteschlangen zu lang, das Sortiment zu vegan, das Personal zu überfordert, die Brötchen zu labbrig, der Weißwein zu warm, das Chili zu flach. Und dann erst die Frage nach der richtigen Choreographie: Lässt man die Gäste schon vor dem offiziellen Programm ans Buffet? Oder besser danach? Tun’s Schnittchen und Finger Food? Oder braucht es mehrspurige Panierstraßen?
Die nächste Gelegenheit, das Thema Verpflegung virtuos zu bespielen oder so richtig gegen die Wand zu fahren, bietet sich in zweieinhalb Monaten bei der anstehenden Gamescom in Köln: Dort reicht die kulinarische Bandbreite regelmäßig von Mürbekeks-Klinikpackungen bis zu eigens eingeflogenen Sushi-Brigaden, Edel-Baristas und Wiener Mehlspeisen-Maitres.
Dabei sind Firlefanz und Pinzettenküche gar nicht vonnöten: Der vergleichsweise unscheinbare Marketpoint-Stand im Business-Bereich ist auch deshalb so hoch frequentiert, weil dort seit gefühlten Jahrhunderten ganz profane Hot Dogs serviert werden. Die Würstchen garen in einem Bassin selig vor sich hin und werden bei Bedarf entnommen, konfektioniert, mit Senf und Ketchup verfeinert und feierlich ausgegeben.
Es ist so einfach, Menschen sehr, sehr glücklich zu machen.
Mein Eindruck: Die meisten Konferenz- und Event-Besucher könnten auf gutgemeinten, sperrigen Goodie-Nippes leichten Herzens verzichten, wenn die allererste Frage serienmäßig lauten würde: „Wie geht’s? Was zu trinken? Tee? Kaffee? Andere kalte Getränke?“
Ein schönes, sonniges Pfingst-Wochenende wünscht Ihnen
Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft
PS: Die Nintendo Switch 2 kommt bei GamesWirtschaft natürlich nicht zu kurz – zumal der gestrige Launch im Einzelhandel mit ‚holprig‘ nur unzureichend beschrieben ist. Ein laufend aktualisiertes Protokoll der Ereignisse finden Sie hier.
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