Start Meinung GTA 6 – oder: Die Große Termin-Ankündigung (Fröhlich am Freitag)

GTA 6 – oder: Die Große Termin-Ankündigung (Fröhlich am Freitag)

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Recurrent Consumer Spending: So lautet das Geschäftsmodell von Take-Two Interactive für Konsolen-Games wie GTA 6 (Abbildung aus Unternehmenspräsentation)
Recurrent Consumer Spending: So lautet das Geschäftsmodell von Take-Two Interactive für Konsolen-Games wie GTA 6 (Abbildung aus Unternehmenspräsentation)

„Alles egal – nur GTA 6 zählt“: Das gilt nicht nur fürs Take-Two-Zahlenwerk, sondern taugt auch als beschwingtes Motto für das Games-Jahr 2025.

Verehrter GamesWirtschaft-Leser,
verehrte GamesWirtschaft-Leserin,

es ist Earnings Season an der Wall Street: Ein börsennotierter Konzern nach dem anderen meldet die Zahlen fürs Weihnachtsgeschäft und schärft die Prognosen fürs Gesamtjahr nach, das ja in den meisten Fällen im März endet.

Gestern gab es daher auch eine mit Spannung erwartete Antwort auf die Frage, ob der US-Publisher Take-Two Interactive den Zeitplan für Grand Theft Auto 6 einhalten kann.

Ergebnis: Er kann. GTA 6 kommt im Herbst. Stand jetzt.

Das sehen auch die diesjährigen GamesWirtschaftsWeisen so, um ein Umfrage-Ergebnis vorweg zu nehmen (alle Zahlen gibt’s ab Montag – die 2024-Siegerehrung dann am Freitag): 6 von 10 der befragten Experten tippen darauf, dass GTA 6 vor dem Jahreswechsel erscheint. Disclaimer: Ich gehöre zu den anderen 40 Prozent, aber meine Trefferquote war ehrlicherweise oft nur so lala.

Take-Two-Boss Strauss Zelnick ist lang genug im Geschäft, um sich der Halbwertszeit kühner Prognosen bewusst zu sein. Release-Termine erweisen sich ja oft genug als Serviervorschläge.

Er selbst spricht von einem „ziemlich engen Fenster“ – bleibt aber optimistisch, dass es klappt. Irgendwie. Sicher sein kann er sich nicht, denn das konzern-eigene Label Rockstar Games hat diesbezüglich eine … nun … Historie. GTA 5 sollte im Frühjahr 2013 erscheinen – am Ende wurde es September. Red Dead Redemption 2 war für Herbst 2017 geplant und kam erst ein Jahr später.

Klar, ärgerlich, aber nicht ’schlimm‘. Denn gerade bei Monumental-Projekten laufen die gesponnenen Fäden erst ganz am Ende zusammen – zumal die Komponenten ja aus allen Erdteilen zugeliefert werden. Dass es unterm Strich meist länger dauert und teurer wird, ist daher ’normal‘. Frag nach beim BER oder bei der Elphi.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Warum all das Gewese um Grand Theft Auto? Weil es nun mal die größte Brand im Games-Biz ist, neben Call of Duty.

Falls GTA 6 tatsächlich irgendwann vor Weihnachten erscheint, wird der Vorgänger Grand Theft Auto 5 seit zwölf Jahren auf dem Markt sein und drei Konsolen-Generationen (PS3 / Xbox 360, PS4 / Xbox One, PS5 / Xbox Series) bedient haben – und wer weiß, vielleicht werden es noch vier. Aktueller Pegelstand: 210 Millionen Einheiten. Kein anderes Videospiel hat in den vergangenen zehn Jahren in den USA höhere Stückzahlen gedreht und mehr Dollars eingespielt, sagen Marktforscher.

Die Nachfrage ist ungebrochen: Im vergangenen Jahr lag das Spiel auf Platz 3 der meistgekauften PS5-Spiele im europäischen PlayStation Store. Es ist ein Wahnsinn.

Die Kundschaft hält es deshalb kaum noch auf den Stühlen. Denn das letzte ‚Lebenszeichen‘ von GTA 6 datiert vom 5. Dezember 2023 – seit „Trailer 1“ (heißt wirklich so) sind also mehr als 400 Tage vergangen, ohne dass ein „Trailer 2“ gefolgt wäre. 238 Millionen Mal wurde dieses Video allein bei YouTube abgerufen. Grob geschätzte 200 Millionen gehen auf das Konto von Fachredaktions-Praktikanten und Influencern, die jeden Frame einzeln nach Indizien auf mögliche Neuerungen abgeklopft haben.

Mindestens ebenso groß ist die Vorfreude bei Konsolenherstellern und im Handel. Denn solche Groß-Events treiben Hardware-Verkäufe, wie sich beispielsweise an den Elektronikmarkt-Prospekten entlang von Fußball-EM, -WM, Olympia und Superbowl beobachten lässt. Überdurchschnittlich viele Verbraucher entscheiden sich in diesen Zeiträumen zum Kauf eines neuen Fernsehers. Analoges ist für GTA 6 zu erwarten, dessen Release beispielsweise den Absatz der PS5 Pro anschieben könnte.

Auch bei der hiesigen Take-Two Interactive GmbH steigt der Puls, weil man mit einer gewissen Berechtigung davon ausgeht, dass GTA 6 zu einem – Zitat – „signifikanten Umsatzwachstum“ führen wird. Dieser Umsatz wird sich allerdings ’nur‘ aus den physischen Versionen speisen, also jenen Spielen, die etwa bei MediaMarkt / Saturn, Otto oder Amazon in der Auslage liegen. Digitale Umsätze werden traditionell andernorts verbucht.

Wesentlich unentspannter blicken die Take-Two-Mitbewerber auf den heißen Herbst. Denn nach Lage der Dinge spricht viel dafür, dass sich die Markteinführung sehr konkret auf die Absatz-Chancen anderer Spiele auswirken wird, die im selben Zeitraum erscheinen – da wird sich selbst ein Call of Duty strecken müssen, das ja üblicherweise im Oktober oder November auf den Planeten niedergeht.

Eigentlich sollte man ja annehmen, dass der Kuchen groß genug ist, damit für alle ein üppiges Stück abfällt. Und ja, der globale Videospiele-Markt wächst, immer noch. Aber erstens liegen die prozentualen Zuwächse nur noch im sehr niedrigen einstelligen Prozent-Bereich, was nicht allzu weit von Stagnation entfernt ist. Und zweitens entfällt der Löwenanteil der Einnahmen auf den Mobilegames-Sektor, während Konsole und PC mehr oder minder auf der Stelle treten, wie auch die Halbjahres-Daten für den deutschen Markt zeigen.

Am Ende reden wir von einem Verdrängungswettbewerb: Der Kunde hat ein begrenztes Zeit-Budget und kann den Dollar / Euro / Yen nur einmal ausgeben. Was unter anderem erklärt, warum Sony und Microsoft ihre einst exklusiven Kronjuwelen auf immer mehr Plattformen freischalten.

Nun wäre es weit übertrieben zu unterstellen, dass sich die Konkurrenz vor lauter Bammel einnässt. Trotzdem ist ein gewisser Respekt spürbar. Beispiel Electronic Arts: Ohne GTA konkret zu erwähnen, machte EA-Boss Andrew Wilson in dieser Woche gegenüber Analysten keinen Hehl daraus, dass man ein waches Auge auf die Gemengelage hat. Es könnten „Dinge“ im Lauf des Jahres passieren, die Anlass böten, nochmal drauf rumzudenken, wann genau das nächste Battlefield erscheinen soll. Dann bekämen die vier beteiligten Studios möglicherweise noch etwas mehr zeitliche Beinfreiheit.

GTA 6 wird anderen Marktteilnehmern weh tun, keine Frage. Und zwar nicht nur rund um den Day 1, sondern auf Jahre hinaus. Die Investor-Relations-Abteilung zeigt auf, wo die Vorstands-Etage das gelobte Land verortet – nämlich bei der „Post-launch monetization“: virtuelle Spielwährung, Erweiterungen, Saison-Pässe, In-Game-Items, all sowas.

Das Zauberwort lautet RCS – Recurrent Consumer Spending, also Verbraucher, die immer und immer wieder Geld ausgeben. Das klappt bei GTA Online & Co. schon ganz gut: Bei einem Jahresumsatz von roundabout 5,3 Mrd. $ entfallen 4,1 Mrd. $ auf RCS – also drei Viertel. Der Rest: Vollpreis-Spiele. Fast identisch sieht die Ratio übrigens bei Electronic Arts aus, wo der Erwerb von EA Sports FC ja auch nur einer Art Anpfiff gleich kommt.

An der Börse hat man die neuerliche GTA-Terminbestätigung jedenfalls mit einiger Erleichterung aufgenommen – die Take-Two-Aktie legt kräftig zu und notiert auf einem Allzeithoch, und das trotz minimal verfehlter Markt-Erwartungen.

Das Fachblatt Der Aktionär bringt die Gesamtsituation auf den Punkt: „Alles egal – nur GTA VI zählt“. Womit das Games-Jahr 2025 einigermaßen präzise beschrieben ist.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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