Start Meinung Entwicklerpriceless (Fröhlich am Freitag)

Entwicklerpriceless (Fröhlich am Freitag)

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Die Weihnachtsfeier der Branche: der Deutsche Entwicklerpreis in Köln (Foto: Andreas Krupa / eosAndy / Games NRW)
Die Weihnachtsfeier der Branche: der Deutsche Entwicklerpreis in Köln (Foto: Andreas Krupa / eosAndy / Games NRW)

Die Trophäen und Urkunden sind verteilt, die Freudentränen getrocknet: Was bleibt vom Deutschen Entwicklerpreis 2025 in Köln?

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,
verehrter GamesWirtschaft-Leserin,

es wird Sie sicher brennend interessieren, dass auf der Speisekarte beim Deutschen Entwicklerpreis (DEP) am Dienstag in Köln eine „rückwärts gegarte Rinderhüfte“ annonciert wurde. Klingt ein bisschen nach rückwärts eingeparktem Sattelschlepper, ergibt aber durchaus Sinn.

Denn nach der reinen Lehre wird Fleisch ja zunächst scharf angebraten, um es im Anschluss im Ofen garen zu lassen. Anders beim Rückwärtsgang: erst schmoren – dann die Röst-Aromen. Vorteil: Die Kruste wird krosser. Behauptet ChatGPT. Wieder was gelernt.

Es war einer von mehreren Aha-Momenten, die diese Branchen-Weihnachtsfeier alle Jahre wieder zu etwas sehr Besonderem machen. Abseits der reinen Preisträger-Liste gibt es nach meinem Eindruck vier Gewinner der diesjährigen Veranstaltung.

1. NRW

Für das Team der Köln-Mülheimer Neoludic Games UG wurde der DEP zum Heimspiel vor eigenem Publikum: Tiny Bookshop gewinnt drei Disziplinen, darunter ‚Bestes deutsches Spiel‘. Wie ein scheuer Blick auf die Statistik zeigt: Das sind nicht die schlechtesten Voraussetzungen für den Deutschen Computerspielpreis. Kommerziell läuft es ohnehin richtig gut für den kleinen Buchladen und das kleine Studio.

Der DEP-Standort Nordrhein-Westfalen kann solche erfreulichen Nachrichten weiß Gott gut gebrauchen. Denn die Einschläge wollen einfach nicht abebben. Flying Sheep – weg. Massive Miniteam – weg. Piranha Bytes – weg. Ubisoft Düsseldorf – baut ab.

Es wird vermutlich nochmal schlechter, bevor es wieder besser wird. Denn das Wasser schwappt vielerorts über die Schotten; Bund, Land und Kommunen fördern mit immer größeren Eimern dagegen an. Mit etwas Glück wird jetzt die Saat gelegt, die hoffentlich in zwei, drei Jahren aufgeht – und zu Germany’s Next Tiny Bookshop führt.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
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2. Indies

Es spricht viel dafür, dass der Dienstag-Abend ganz anders verlaufen wäre, wenn sich der Release von Anno 117: Pax Romana nicht im November, sondern schon im Oktober zugetragen hätte – und damit innerhalb des Einsendeschlusses. Dann wäre es für Mitbewerber mindestens in den handwerklichen Kategorien vermutlich ungleich schwieriger geworden.

Für die Anno-Macher von Ubisoft Mainz bedeutet das: Wiedervorlage Deutscher Entwicklerpreis 2026 – und zuvor der Deutsche Computerspielpreis (Ende April in München).

Dadurch, dass gleich mehrere Games mit Million-Dollar-Budgets erst im kommenden Jahr zur Abstimmung stehen, konnten die Indies diesmal umso mehr glänzen – da hätte es die Doppelter-Boden-Kategorie ‚Bestes Indie Game‘ fast gar nicht gebraucht.

3. Berlin

Zu den unvermeidlichen Nebenwirkungen jeder Preisverleihung (egal ob Oscar, Goldene Henne oder eben DEP) gehört angemessene Eigen-PR der zuständigen Förder-Institutionen. In der Hauptstadt-Region qualmt es zurecht aus den vorweihnachtlichen Selbstbeweihräuchermännchen.

Denn die Hauptstadt-Region liefert – und zwar mit einer bemerkenswerten Konstanz.

Nun lassen sich Alu-Stelen und Plexiglas-Pokale leider nicht zwingend in Um- und Absatz übersetzen, wie die Studio-Schließungen der jüngeren Vergangenheit belegen. Aber Awards sind nun mal eine extrem wichtige Währung, zumal in Kreativ-Branchen.

4. Der Deutsche Entwicklerpreis als solcher

Die Auszeichnung wurde erneut ihrem Namen gerecht: Denn anders als beim staatlichen Deutschen Computerspielpreis (DCP) stehen nicht Schauspieler, Komiker und Berufspolitiker im Rampenlicht, sondern die Entwickler und deren Spiele. Regie, Choreographie, Laudatoren und das dynamische DEP-Duo Budiman-Glaner ließen die Gewinner scheinen (Aufzeichnung).

Die Dankes-Formeln der Preisträger sprudeln sehr, sehr tief aus dem Herzen – was spätestens dann offenkundig wird, wenn die Nervosität reinkickt, das Augen-Pipi einschießt oder die Stimme wegbricht.

Anders gesagt: Beim DCP gibt es Geld – beim DEP Emotionen. Priceless. Buchstäblich.

Alles proper also beim Entwicklerpreis? Nicht ganz.

Zum kompletten Bild gehört, dass die Auszeichnung – ebenso wie ungefähr alle anderen Formate – das Gros der Spiele-Entwickler im Land weitestgehend vollständig ausblendet.

Nämlich all jene, die zum Beispiel bei Wooga, InnoGames, Gameforge, Lotum, Travian, Upjers, Kolibri et cetera beschäftigt sind: Die Wahrscheinlichkeit liegt nahe Null, dass Online- und Mobile-Games-Studios jemals auch nur an einer Nominierung schnuppern.

Was nicht auf Steam oder im Nintendo eShop stattfindet, hat ein massives Wertschätzungs- und Sichtbarkeits-Defizit bei den Gremien und auf den Bühnen. Dafür mag es Gründe geben – Regularien, Jury-Zusammensetzung, Förder-Philosophie. Aber gut ist das nicht, weil es nach Zwei-Klassen-Gesellschaft müffelt.

Immerhin: Das obligatorische CurryWurstGate™ blieb diesmal aus. Als der Zeiger auf 0 Uhr vorrückte, wurde tatsächlich der versprochene Mitternachts-Snack reingerollt – nämlich in Form einer vorwärts gegarten Curry-Wurst samt Wedges. Abzug in der B-Note: Die Veggie-Fraktion blieb unberücksichtigt.

Nochmals herzlichen Glückwunsch allen Gewinnerinnen und Gewinnern beim Deutschen Entwicklerpreis – und ein großes Dankeschön an das Organisations-Team für einen wunderbaren Abend.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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