Start Meinung Game Pass-Frust: Wir wollen doch nur spielen (Fröhlich am Freitag)

Game Pass-Frust: Wir wollen doch nur spielen (Fröhlich am Freitag)

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Microsoft zaubert die nächste Preiserhöhung aus dem Hut (Abbildung ähnlich / KI-generiert)
Microsoft zaubert die nächste Preiserhöhung aus dem Hut (Abbildung ähnlich / KI-generiert)

Dass Dinge teurer werden – geschenkt. Aber gleich um so viel? Die Game Pass-Preiserhöhung weckt Zweifel an der Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells.

Verehrte GamesWirtschaft-Leserin,
verehrter GamesWirtschaft-Leser,

folgende Situation: Sie sind Fußball-Fan und haben ein Pay-TV-Komplettpaket gebucht – inklusive 1. und 2. Bundesliga, Champions League, Europa League. Eines Tages kommt der Betreiber ums Eck und teilt Ihnen mit, dass Ihr Paket ab sofort 50 Prozent teurer wird. Einfach so.

Okay, das mag sich jetzt im ersten Moment vielleicht wie eine dreiste Preiserhöhung anfühlen. Aber hey: Dafür gibt es jetzt zusätzlich die Volleyball-Europameisterschaft und Aufzeichnungen von Formel-1-Rennen der letzten 20 Jahre. Ach so, und Sie kriegen außerdem Payback-Punkte.

Alternativ können Sie natürlich ein ‚Premium‘-Paket nehmen (hieß bis vorgestern ‚Standard‘). Das kostet nur die Hälfte. Da fehlt dann aber leider, leider die Champions League. Und die Bundesliga-Partien werden erst mit einmonatiger Verspätung nachgereicht. Sorry.

So in etwa muss man sich vorstellen, was Microsoft am Mittwoch abgeliefert hat: Pünktlich zum Monatsersten steigen die Preise der Spiele-Flatrate Game Pass auf ein Niveau, das auch und gerade Fans der ersten Stunde erschüttert. 26,99 € pro Monat für den Ultimate-Tarif entsprechen 324 € im Jahr – und damit dem Gegenwert von vier, fünf regulär erworbenen Vollpreisspielen. Allein um den Online-Multiplayer-Modus auf einer Xbox nutzen zu können, fallen neuerdings mindestens 120 € im Jahr an. Für Kunden in Ländern wie Brasilien verdoppelt sich der Preis.

Speaking of Champions League: Nur wer die Vollausstattung wählt, bekommt das neue, vielbeworbene Call of Duty: Black Ops 7, das am 14. November erscheint – jetzt halt zu einer viel, viel höheren Monatsmiete.

Ich will ganz offen sprechen: Für diesen Marketing-Geniestreich reichte meine Fantasie nicht aus. In der Freitags-Kolumne der vergangenen Woche hatte ich noch geunkt, Microsoft werde den Ultimate-Preis spätestens Mitte 2026 von 17,99 auf 19,99 € hochjazzen. 19,99 €! Ich Narr!

Dass Microsoft die schlechten Nachrichten zum 1. Oktober überbringt, hat den erfreulichen Nebeneffekt, dass die offenkundig mannigfaltigen Ihr-habt-doch-den-Schuss-nicht-gehört-Kündigungen nicht mehr aufs 3. Quartal einzahlen, das ja tags zuvor endete. Etwaige Kollateralschäden werden also erst Anfang 2026 zu besichtigen sein. Sofern der Konzern nicht wieder zurückrudert – was ja vorkommen soll.

Microsoft verkauft die Preiserhöhung keck als „Upgrade“ – weil ja total viele neue Features ungefragt dazukommen. Fortnite-Spielwährung, League of Legends-Items, Sammel-Punkte, Cloud-Gaming, Pipapo.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Ich halte dieses Aufpumpen von Produkten mit immer mehr Bulletpoint-Features für Quark. Warum? Dass schon jetzt 400 Spiele inklusive sind und 75 weitere pro Jahr hinzukommen sollen, ist schön, löst aber das Grundproblem nicht. Warum nicht gleich 500, 1.000, 2.000 Spiele? Die Auswahl mag endlos sein – Zeit und Budget der Kunden sind es nicht. Schließlich soll es ja auch noch schöne Neuheiten anderer honoriger Anbieter geben, die erst gar nicht im Game Pass stattfinden.

Ein Kommentator hat es in dieser Woche sehr treffend formuliert: „Ich will doch nur spielen.“ Stattdessen werden gerade treue Stammkunden in immer kürzeren Abständen mit immer neuen Tarifen, Add-ons, Item-Nippes und Buzzwords konfrontiert, die statt Mehrwert vor allem eines stiften: Verwirrung.

Ist es denn zu viel verlangt, einmal eingeführte Services, Funktionen, Tarifpläne und Preise einfach mal länger als ein Jahr durchzuhalten? Zumal das zentrale Game-Pass-Produktversprechen – nämlich One-Stop, All-inclusive, Hassle-free und vor allem Day 1 – immer mehr aufgeweicht und durch Im-Prinzip-ja-aber-Fußnoten eingeschränkt wird.

Aus welchen Gründen sollte man jetzt auf Zusagen vertrauen, die schon in wenigen Wochen oder Monaten wieder Makulatur sein können?

Und wie ernst darf man ein Unternehmen nehmen, das gegenüber Kartellbehörden Stein und Bein schwört, die Game-Pass-Preise würden infolge der 70-Mrd.-$-Akquise von Activision Blizzard nicht anschwellen? Noch vor zwei Jahren lag der Ultimate-Preis bei 14,99 € – jetzt: 26,99 €. Ob das ohne Call of Duty und Diablo auch passiert wäre?

Machen wir uns nix vor: Wer sich durch das anfänglich extrem attraktive Preisleistungsverhältnis hat blenden lassen, findet sich spätestens jetzt in einer Deal-with-it-Kostenfalle wieder, die nur zwei Optionen kennt: hinnehmen oder kündigen. Nur: Sobald die Zahlungen stoppen, stoppt halt auch der Zugriff auf Spiele und Spielstände.

Dass sich selbst mancher Xbox-Ultra veräppelt vorkommt, ist die eine Sache. Gleichzeitig werden die Einstiegshürden für Neukunden immer höher: Aktuell verkauft Microsoft 600 €-Konsolen, 900-€-Handhelds und 324-€-Flatrates.

Und schon wirkt die PlayStation 5 (zuletzt als ‚Herbstangebot‘ ab 399 €) zuzüglich 1 Jahr PlayStation Plus Premium (152 €) wie ein Preis christlicher Nächstenliebe. Was nicht ausschließt, dass die Japaner nicht auch imstande wären, ihre Tarife jederzeit nachzuschärfen. Zeit wär’s ja – schließlich ist die letzte Preiserhöhung schon wieder zwei Jahre her.

Womöglich ist jetzt der Moment eingetreten, in dem sich Microsoft (und damit die Branche und das Publikum) ehrlich machen muss – oder das bereits getan hat. Nämlich dahingehend, dass Day-1-Vollpreis-Spiele-Flatrates schlichtweg ein historischer Irrtum sind, weil Games anderen Spielregeln folgen als etwa ein Netflix oder Disney+, wo man Serien, Filme, Dokus stumpf nacheinander wegbinget. Kann ja sein.

Denn eigentlich wollen die Kunden doch nur eines: spielen.

Ein schönes langes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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1 Kommentar

  1. Ich denke der letzte Absatz trifft es ganz genau: MS hat sich mit dem GP verkalkuliert.
    Ich bin selber kein XBOX Nutzer, aber soweit ich das in Foren mitbekommen habe, haben schon viele Gamer mit dem spitzen Bleistift kalkuliert, nach dem Motto: “ Wenn ich für 2 Monate GP nehme, kann ich Neuerscheinung X durchzocken und älteren Titel Y auch noch und spare Geld“.
    Womöglich geht das jetzt selbst nach der Preiserhöhung immer noch, es lohnt sich vermutlich nur weniger, dauerhaft das ganze Jahre, Jahre am stück ein Abo zu haben. Dauerabonenten gab es es bestimmt auch einige, von denen werden viele (einige?) jetzt abspringen.
    Bin mal gespannt wie das ausgeht. Vermutlich kann die Marke XBOX auch durch reine publishen überleben mittlerweile. Alles andere fahren die ja scheinbar an die Wand.

    Fun Fact: Der GP-U kostet 30$ also 360$ im Jahr. Mit der Zahl hat MS/XBOX ja bereits Erfahrung 🙂

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