Houston, wir haben ein Luxus-Problem: Computerspiele und Konsolen werden immer teurer – wer will und kann sich das leisten?
Verehrter GamesWirtschaft-Leser,
verehrte GamesWirtschaft-Leserin,
mit dem Goldenen Windbeutel prämiert Foodwatch alljährlich die dreisteste Abzocke im Supermarkt-Regal. In diesem Jahr ging der Schmäh-Preis an den Milka-Konzern Mondelez.
Denn die handelsübliche 100-Gramm-Tafel sieht zwar äußerlich immer noch genauso aus wie eine 100-Gramm-Tafel, enthält aber nur noch 90 Gramm Alpenmilch-Schokolade. Gleichzeitig ist der Preis von 1,49 auf 1,99 € pro Milka-Tafel gestiegen. Foodwatch spricht von „Shinkflation“ als „legalisierter Verbrauchertäuschung“.
Und: Laut der Verbraucherschützer wird die sehr rechtsbündige Gramm-Angabe durch die vorstehende Lasche des Regal-Kartons dezent verdeckt – was aber ziemlich sicher nur ein unglücklicher Zufall ist. Vermute ich mal.

Genauer hinschauen müssen neuerdings auch die Käufer einer PlayStation 5: Denn infolge der Einführung der neuen Baureihe CFI-21xx wird die PS5 Digital Edition mit einer 825-GB-Festplatte ausgeliefert. Zuvor – also bis einschließlich CFI-20xx – wurden 1-TB-Platten verbaut. Was bei einer reinen Download-Konsole ohne Laufwerks-Schacht natürlich von einer gewissen Relevanz ist.
In der Praxis bedeutet das: weniger SSD fürs gleiche Geld. Denn die Sony-UVP von 499,99 € blieb (vorerst) natürlich unverändert – was glauben Sie denn? Mit etwas Glück und einem gezielten Blick aufs Kleingedruckte lassen sich im Handel noch Restexemplare jenes ‚Auslaufmodells‘ finden, das im Rahmen der ‚Herbstangebote‘ mit Rabatt verkauft wird.
Dabei trifft es die hiesigen Kunden noch milde. Denn mindestens in den USA geht die Leistungskürzung mit einer Preiserhöhung einher: Erst im August hat Sony den Tarif für die Digital Edition von 449,99 $ auf 499,99 $ angehoben.
Wir leben in wilden Zeiten. Es ist historisch einmalig, dass Spielkonsolen nach fünf Jahren deutlich mehr kosten als bei Markteinführung – normalerweise wird alternde Hardware ja im Zeitverlauf günstiger und nicht teurer. Jetzt führt beispielsweise die jüngste Preiserhöhung von Microsoft in den USA dazu, dass für eine gewöhnliche Xbox Series X ohne jedwede Verbesserung 649,99 $ berechnet werden. Wer soll das zahlen? Und vor allem: Warum?
Und es geht heiter weiter: Für das neue Microsoft-Handheld ROG Xbox Ally (Markteinführung: 16.10.) werden hierzulande mindestens 599 € fällig – also genauso viel wie für eine Xbox Series X und immerhin 130 € mehr als für eine fabrikfrische Nintendo Switch 2. Die ja ebenfalls in der Lage ist, ein Hogwarts Legacy oder ein Cyberpunk 2077 in 1.920 x 1.080 abzuspielen (zumal auf einem OLED-Bildschirm).
Ich teile zwar nicht das Urteil mancher Netz-Pessimisten, die dem Microsoft-Produkt ein „Dead on Arrival“ prognostizieren – dafür war das vorbestellbare ROG Xbox Ally zumindest im US-Xbox-Store etwas zu schnell vergriffen.
Gleichzeitig stimme ich Xbox-Chef Phil Spencer zu, der wörtlich sagte: „We’re not going to grow the market with $ 1.000-consoles“.
Das war im November 2024, also entlang der Markteinführung der PlayStation 5 Pro. Jetzt – zehn Monate und einen Trump später – ruft der selbe Spencer für das Topmodell ROG Xbox Ally X in den USA jene 1.000 $ auf. Für ein Handheld! In Europa sind es 899 €.
Mag sein, dass gutsituierte Thirty-, Forty-, Fifty-Somethings kein Problem damit haben, leichten Herzens mal eben 600, 700, 900 € für frische Hardware rauszuhauen – zusätzlich zum 1.199-€-iPhone. Microsoft, Apple, Sony, Nintendo & Co. leben fürstlich von der Shut-up-and-take-my-money-Zielgruppe.
Sorgen mache ich mir indes um den Gamer-Nachwuchs, der offenkundig ganz gut und immer besser ohne teure Spielkonsolen und Gaming-PCs klarkommt – abzulesen an den weiterhin steigenden Spielerzahlen von Roblox, Fortnite und Mincecraft, die auf jedem Billo-Handy laufen. Roblox und Epic Games locken Entwickler gezielt mit attraktiven Provisionen – und halten Kreative und Kundschaft so im eigenen Ökosystem. Mehr Spiele, mehr Spieler, mehr Spielzeit.
Auch der anhaltende Erfolg steinalter Browser-, Client- und Mobile-Games ist ein Indiz für die Preissensibilität von Teilen eines Publikums, das sich längst aus dem Höher-Schneller-Weiter ausgeklinkt hat – und im Zweifel lieber für ein Wochenende in den Freizeitpark oder an die Küste fährt als einen Tausender für die nächste Konsole oder 80 € für einen Controller zu versenken.
Sicher, das muntere Drehen an der Preisschraube mag eine Zeitlang gut gehen und der Rendite helfen. Mittelfristig führt es zu Kollateralschäden, was sich längst an rückläufigen Absatzzahlen von Vollpreistiteln ablesen lässt. Das Geld muss dann mit shady In-Game-Items oder Lootboxen verdient werden. Man sollte daher hinhören, wenn etwa ein Capcom-Manager vor überzogenen Hardware-Preisen warnt – weil dem Kunden dann halt weniger bleibt für den Kauf einzelner Spiele.
Was Microsoft im Übrigen ein kleines bisschen egal sein kann, denn der Fokus liegt ja bei der Vermarktung der konzerneigenen Game Pass-Flatrate, deren Preise erst 2024 erhöht wurden. Man kann die Uhr danach stellen, bis der Monatstarif von 17,99 auf 19,99 € angehoben wird. Meine Prognose: spätestens Mitte 2026, eher früher.
Auch Abo-Dienste dieser Art läppern sich, zumal es ja meist nicht bei einem Dienst bleibt: DAZN, Spotify, Prime, Sky, Join, dazu Cloud-Dienste. Als nächstes wird Disney+ teurer – zum wiederholten Mal binnen weniger Monate, diesmal von 13,99 auf 15,99 €. In den USA sind es sogar 19 $. Der Coup ging im medialen Störfeuer rund um die temporäre Kimmel-Demission fast ein bisschen unter.
Ich bin gespannt, wie lang das gut geht – und wer wann unter die Räder kommt. Schließlich ist das Budget der Verbraucher endlich. Und die Belastungen für Heizung, Strom, Auto, Versicherungen oder Lebensmittel werden nicht geringer.
Jeder hat ja so seinen ganz eigenen Benchmark für den Aufwuchs der Lebenshaltungskosten – bei mir sind es Vollautomaten-Kaffeebohnen. Da lag der Tarif für die Kilo-Packung der gängigen Marken immer so im Bereich von 10 bis 12 € – jetzt: durchgehend 20 €. Analoges bei Obst, Gemüse, Käse, bei Olivenöl und und und.
Ich führe keine Excel-Tabelle, würde aber vermuten, dass es sich für Hobbygärtner wie meinereiner in der Saison 2025 zum ersten Mal seit Menschengedenken gerechnet hat, die Tomaten, Blaubeeren und Gurken selbst anzubauen – selbst bei Vollkostenrechnung, also inklusive Saat- und Pflanzgut, Wasser, Dünger und seltenen Bio-Erden.
Ob ich es im nächsten Jahr mal mit Kakao- und Kaffee-Bohnen versuchen sollte?
Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen
Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft
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