Start Meinung Die richtigen Rahmen-Bedingungen (Fröhlich am Freitag)

Die richtigen Rahmen-Bedingungen (Fröhlich am Freitag)

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Steht nicht zur Wahl am 23. Februar: die Mexikanische Honigtomate
Steht nicht zur Wahl am 23. Februar: die Mexikanische Honigtomate

In ihren Programmen zur Bundestagswahl richten die Parteien den Blick auf Standort- und Rahmen-Bedingungen. Dafür gibt es gute Gründe.

Verehrte GamesWirtschaft-Leserin,
verehrte GamesWirtschaft-Leser,

der morgendliche Blick aus dem Fenster zeigt: Das Februar-Wetter bleibt anhaltend mies – was mich umso mehr dem Start der Garten-Saison entgegen fiebern lässt. Hecken-Schnippeln, Ansäen, Pikieren, Ein- und Umtopfen, all das ist einfach ein famoser Ausgleich zum überwiegend digitalen Alltag. Gartencenter und Baumärkte sind sowas wie ein zweites Wohnzimmer geworden – Obi statt Ubi. Überraschend viele in dieser Branche teilen diese Leidenschaft.

In den zwei Jahrzehnten, in denen ich nun unseren schmalen Handtuchgarten bewirtschafte, habe ich nicht nur ein kleines Vermögen im Einzelhandel gelassen, sondern auch so unglaublich viele (vermeidbare) Fehler gemacht, dass sich darüber ein ganzes Buch schreiben ließe.

Dabei vermitteln bunte Kataloge, Prospekte, Fachzeitschriften und gelegentlich auch ehrlose Verkäufer ja den Eindruck, die ausgelobten Knollen und Jungpflanzen würden sich annähernd so entwickeln, wie es die Photoshop-Montagen vermuten lassen – Pustekuchen. Wer sich von der Optik blenden lässt, holt sich Diven und Mimosen ins Haus, die jede Widrigkeit krumm nehmen.

Der gern genommene Hinweis „Pflegeleicht“ ist blanker Hohn: Ungefähr nichts im Garten ist ‚pflegeleicht‘. Und das fängt schon beim Rasen an – der nur dann nicht vermoost, vergilbt, vertrocknet, wenn er Woche für Woche eine Wellness-Behandlung erfährt.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Gerade jetzt im Frühling lässt sich besonders leicht und schnell Geld verbrennen. Kaum kratzt das Thermometer an der 10-Grad-Marke, juckt es in den Fingern, den Einkaufswagen mit bunten Blümchen und frischen Kräutern vollzupacken – auf dass der Lenz Einzug halte. Dabei lernen schon Gärtnerei-Azubis, dass man die Kundschaft immer mindestens zweimal pro Saison sieht: einmal im März/April und dann nochmal im Mai. Warum? Weil zwischendurch der Nachtfrost die Geranien und Petunien dahingerafft hat. Wer zu früh pflanzt, den bestrafen die Eisheiligen – Klimawandel hin oder her.

Die Liste teurer Irrtümer ist endlos – zu nass, zu trocken, zu sauer, zu alkalisch, zu dicht, zu viel, zu wenig oder noch schlimmer: gar kein Dünger. August-Hitze lässt Gurken rasch schlapp machen – wird es nachts etwas kühler, zieht der Mehltau ein. Es ist ein Kreuz.

Missionskritisch ist und bleibt nach meiner Erfahrung der Standort: Wenn auf dem Etikett steht, dass es die Pflanze gerne so sonnig wie möglich hätte, dann ist ein halbschattiges Plätzchen nun mal bestenfalls eine halbgute, tendenziell ganz schlechte Lösung. Die Annahme, das würde sich schon irgendwie einruckeln, erweist sich regelmäßig als Fehlannahme.

Auch der Boden wird regelmäßig unterschätzt: Niemand erzählt einem, dass es eine wahnsinnig dumme Idee ist, die Heidelbeer- oder Lavendel-Sträucher aus dem Discounter planlos irgendwo einzubuddeln – einfach deshalb, weil man die Gewächse einige Monate später als dürres Gerippe wieder ausbuddelt.

Was uns zur Lage der deutschen Wirtschaft bringt – und zu den Wahlprogrammen mit denen die Parteien zur Bundestagswahl am Sonntag kommender Woche antreten. Ein Schwerpunkt: die Lage in Industrie, Handwerk, Mittelstand. Die Mitteilungen, die Habecks Pressestelle verschickt, enthalten schon seit längerem nur noch selten Erfreuliches – Wachstum gibt es allenfalls bei Standortschließungen, Firmenpleiten, Arbeitslosenquote. Was sinkt, sind Optimismus, Exporte und Investitionsbereitschaft.

Die rasche Verbesserung der Rahmen- und Standortbedingungen nimmt in den Wahl-Papieren daher breiten Raum ein – während konkrete Vorschläge, gerade mit Blick auf die Computerspiele-Branche, im Ungefähren stecken bleiben. Mit Ausnahme der Grünen, die mit dem Verweis auf eine steuerliche Förderung von Games-Entwicklern eine halbwegs konkrete Idee einflechten, fallen die Versprechen überwiegend wattig, austauschbar und unverbindlich aus.

So will die Union ganz allgemein die „Kreativwirtschaft stärken“ und dabei ein besonderes Augenmerk auf Kino-, Film- und Games-Förderung legen. Was auch immer „Augenmerk“ in der Praxis bedeuten soll.

In der SPD hat man bei der Formulierung der Vorsätze offenbar gänzlich den Überblick verloren. Anders ist es nicht zu erklären, dass es auf Seite 51 heißt, man wolle Games als „gemeinnütziges Kulturgut und Innovationstreiber“ gezielt fördern. Ich mach den Job auch schon ein paar Tage, aber „gemeinnütziges Kulturgut“ hatte ich auch nicht auf der Buzzword-Bingokarte.

Mindestens CDU/CSU und FDP eint der dringende Wunsch, den Subventions-Wildwuchs anzugehen. „Volle Konzentration auf die Kernaufgaben“ heißt es etwa aus dem Konrad-Adenauer-Haus: „Das Geld ist knapp, umso mehr gilt: Jeder Euro muss effizient eingesetzt werden.“ Deshalb müsse die neue Bundesregierung zunächst „einen ehrlichen Kassensturz“ vornehmen und alle Ausgaben hinterfragen, „insbesondere die Subventionen“.

Überhaupt sind direkte und vermeintlich schnell wirksame Subventionen (das Äquivalent zum Mineraldünger) etwas aus der Mode gekommen – möglicherweise auch deshalb, weil sich Milliarden-Zusagen für Batterie- und Chip-Fabriken als bedingt nachhaltig erwiesen haben.

In einer TV-Talkrunde machte sich ein Haushaltspolitiker dieser Tage ehrlich: Wer es wirklich ernst meint mit dem allseits geforderten Bürokratie-Abbau, der müsse zwingend an die Subventionen ran. Schließlich fließen viele Millionen Euro in die Ausschreibung, Bewertung, Betreuung, Auszahlung, Kontrolle und Nachverfolgung von Förderprogrammen aller Art. Abseits der Ministerien, in denen die Förderrichtlinien entstehen, ist eine regelrechte Subventions-Industrie aus NGOs, Stiftungen und Projektträgern entstanden, die sich liebevoll der Umverteilung von Abermilliarden an Steuergeldern widmet.

Beispiel: Für das vor kurzem gestartete Gründungs-Stipendium Games stellt die Bundesregierung 8 Millionen Euro bereit. Die 132 Stipendiaten erhalten jeweils 49.500 € – macht roundabout 6,5 Mio. €. Der Rest? Fließt in Verwaltung und Durchführung des Programms.

Das sei allen Beteiligten von Herzen gegönnt. Ich würde nur dringend davor warnen, sich in Erwartung weiterhin sprudelnder Beihilfen allzu muckelig einzurichten. Die angespannte Haushaltslage wird keine Wohltaten zulassen – und erst recht keine linear ansteigenden Fördertöpfe, um wirklich jedem DLC zur Umsetzung zu verhelfen.

Die Wahlprogramme und auch die zurückhaltenden Positionen führender Politikerinnen und Politiker lassen vielmehr erwarten, dass nicht länger auf die Besonderheiten und Ansprüche jedes Teilmarkts Rücksicht genommen wird. Sondern: dass es um grundsätzlich bessere Standort- und Rahmenbedingungen geht – auch mit dem Ziel, die Abhängigkeit staatlicher Zuwendungen auf ein seriöses Maß zu begrenzen. Und darauf müssen sich ganz viele Branchen einstellen – sei es Games-, Film-, Land- oder Automobil-Wirtschaft.

Denn wie jeder erfahrene Gärtner weiß: Wem daran gelegen ist, dass es wächst und gedeiht, muss im ersten Schritt für vernünftige Standort- und Rahmenbedingungen sorgen. Alles andere wäre Rumdoktern an Symptomen – und damit rausgeschmissenes Geld.

Apropos: Es hat ewig gedauert, um nach unendlich vielen frustrierenden Testläufen die eine Tomatensorte zu finden, die bei Geschmack, Ertrag und Mistwetter-Resilienz wirklich überzeugt. Es ist … die Mexikanische Honigtomate! Im Supermarkt Ihres Vertrauens kostet die 500-g-Schale zwischen 4 und 5 € – aus Gründen. Fürs gleiche Geld gibt’s ein Tütchen Samen. Danken Sie mir später.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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