Start Wirtschaft Bigpoint und Yoozoo: Chinesische Mobilegames statt deutscher Browsergames

Bigpoint und Yoozoo: Chinesische Mobilegames statt deutscher Browsergames

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Bigpoint-Geschäftsführer Brian Morrisroe und Yoozoo-CPO Leo Zhang auf der Gamescom 2017.
Bigpoint-Geschäftsführer Brian Morrisroe und Yoozoo-CPO Leo Zhang auf der Gamescom 2017.

Aus Youzu Interactive wird Yoozoo Games – doch die Frage bleibt: Wie geht es mit der deutschen Tochter Bigpoint weiter? Und wo bleibt das „Game of Thrones“-Spiel?

Zwischenzeitlich ist der Vorsprung von InnoGames etwas gewachsen, doch zum Zeitpunkt der Umfrage lag es an einem einzigen Mitarbeiter, der Bigpoint mit seinen 418 Angestellten in Hamburg und Berlin zu Deutschlands zu zweitgrößtem Spielehersteller machte.

Seit März 2016 ist das Traditions-Studio in chinesischer Hand: Rund 80 Millionen Euro ließ sich Internet-Milliardär Lin Qi die Übernahme kosten, inklusive des verbliebenen 30-Prozent-Pakets von Bigpoint-Gründer Heiko Hubertz. Bislang hieß das in Shanghai beheimatete Unternehmen „Youzu Interactive“, inzwischen wurde die Marke in „Yoozoo Games“ geändert.

Bigpoint selbst hat erneut bewegte Monate hinter sich, inklusive einem Wechsel an der Spitze. Im April 2017 wurde CEO Khaled Helioui durch einen Geschäftsführer abgelöst: Brian Morrisroe war bereits mehrere Jahre als Creative Director für Bigpoint tätig, kennt das Unternehmen also gut.

Die 50 größten Games-Entwickler in Deutschland (Stand: 25. Juli 2017)
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Die Strategie von Yoozoo Games und Bigpoint: Asiatische Titel für westliche Märkte – und umgekehrt

Doch die Bigpoint-Strategie wirkt – zumindest von außen betrachtet – minimal konfus: Noch vor einem Jahr gab es das klare Bekenntnis, dass das Mobilegames-Geschäft künftig auch für die europäischen Standorte eine zentrale Rolle spielen soll. Gleichzeitig macht Bigpoint weite Teile seines Umsatzes von knapp unter 50 Millionen Euro mit betagten Browsergames wie „Farmerama“ und „Seafight“. Das Weltraum-Spiel „Dark Orbit“ ist seit mittlerweile zehn Jahren online.

In Deutschland ist seit dem Start von „Drakensang Online“ im August 2011 kein neues Spiel entwickelt worden – und im Bigpoint-Sortiment befindet sich mit „Hocus Puzzle“ weiterhin ein einziges Mobile-Spiel.

Mindestens der Bigpoint-Umsatz basiert also auf Produkten, die mindestens sechs Jahre auf dem Buckel haben.

Yoozoo selbst erwirtschaftet sowohl im Heimatmarkt als auch international hohe Millionen-Umsätze mit Online-Rollenspielen wie „League of Angels“ und „League of Angels 2“ sowie einer langen Liste an Apps, darunter „Legacy of Discord: Furious Wings“. Diese Titel standen auch im Mittelpunkt des Yoozoo-Gamescom-Auftritts in Halle 10.1 – Bigpoint selbst trat zumindest im Endverbraucher-Bereich als Marke nicht in Erscheinung.

Alive and kicking: Tibia ist das älteste der noch aktiven Online-Spiele aus Deutschland.
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Die Zukunftspläne von Yoozoo und Bigpoint: Leo Zhang und Brian Morrisroe im Interview

Wie geht es also weiter mit Bigpoint unter dem Dach von Yoozoo? Jene, die es wissen müssen, sitzen an diesem Donnerstagnachmittag in der Business Area der Gamescom 2017: Brian Morrisroe und Leo Zhang, seit 2011 im Unternehmen und mittlerweile CPO, also Chief Product Officer. In dieser Rolle ist er für das komplette Sortiment, alle Studios und künftige Investments verantwortlich. Bei der Entwicklung des Online-Rollenspiels „League of Angels“, dem bekanntesten Yoozoo-Produkt, spielte Zhang eine zentrale Rolle.

Im GamesWirtschaft-Interview berichten beide vom intensiven Wettbewerb um neue Kunden, sowohl in den Appstores als auch im Onlinegames-Sektor. Man wolle auch in Zukunft beide Gruppen bedienen – die Gelegenheitsspieler in Form von „Hocus Puzzle“ und „Farmerama“ genauso wie Intensivspieler, die viele Stunden mit „Legacy of Discord“ oder „League of Angels“ verbringen. Deshalb wolle man auch die Marke „Bigpoint“ nicht aufgeben, die insbesondere in Europa einen hohen Bekanntheitsgrad aufweise.

Die Hauptherausforderung bestehe darin, die asiatischen Spiele für westliche Märkte anzupassen – und umgekehrt. Daher gäbe es auch weiterhin einen intensiven Austausch von Knowhow und Personal zwischen den Standorten: Mitarbeiter der jeweiligen Niederlassungen seien jeweils mehrere Wochen zu Gast, um die Teams zum Beispiel bei der Lokalisierung und Vermarktung zu unterstützen.

Nicht alle Yoozoo-Entwicklungen seien jedoch für alle Märkte geeignet. Beispielhaft gelungen ist dies im Falle des Fantasy-Spiels „Legacy of Discord: Furious Wings“, das auch in Deutschland regelmäßig auf vorderen Plätzen in den Download- und Umsatzlisten der Appstores zu finden ist.

Wo bleibt das „Game of Thrones“-Spiel von Bigpoint?

Weiterhin überfällig ist indes das Browsergame „Game of Thrones: Seven Kingdoms“. Die Ankündigung liegt bereits eine halbe Ewigkeit zurück und datiert auf das Jahr 2012, ein knappes Jahr nach der Erstausstrahlung der HBO-Serie. Inzwischen ist die siebte Staffel angelaufen, doch vom dazugehörigen Spiel ist weit und breits nichts zu sehen. Sowohl Morrisroe als auch Zhang versichern, dass sich das Spiel weiterhin in Entwicklung befände. Schon zur Gamescom 2016 hatte Morrisroes Vorgänger Helioui angekündigt, in den folgenden Monaten sei mit Neuigkeiten zu rechnen.

Es geschah: nichts.

Die Argumente, warum weiterhin keinerlei Informationen nach außen dringen, sind auch 2017 deckungsgleich mit jenen der Vorjahre: hohe Ansprüche von HBO, hohe Ansprüche der Fans, hohe Ansprüche von Bigpoint an sich selbst.

Die Frage dürfte inzwischen lauten, inwieweit ein vor fünf Jahren gestartetes Browserspiel überhaupt noch geländegängig ist – schließlich haben sich Marktumfeld und -chancen seitdem erheblich verändert. Wie auch immer das Spiel mittlerweile aussieht: Mit dem 2012 gestarteten Format dürfte es nur noch bedingt zu tun haben. Die offizielle Website www.gameofthronesmmo.com wurde bereits abgeschaltet. Gleichzeitig arbeiten Yoozoo und Warner Bros. an einem „Game of Thrones“-Mobilegame für den chinesischen Markt, das aber nichts mit dem in Berlin entwickelten Bigpoint-Ableger zu tun haben soll.

Unabhängig vom „Game of Thrones“-Schicksal ergibt sich ein etwas klareres Bild: Yoozoo will weltweit mit dem asiatischen Portfolio wachsen, das dann vor Ort an die jeweiligen Märkte angepasst wird. Die bestehenden Browser- und Online-Games der Marke Bigpoint werden natürlich weiter betreut – mit neuen Eigenentwicklungen made in Germany dürfte aber bis auf Weiteres nicht zu rechnen sein.