Ein Echtzeit-Taktikspiel im Kalten Krieg ist das erste Projekt des frisch gegründeten Frankfurter Studios Token Tantrum. Dahinter stecken ehemalige Entwickler von Crytek und Gameforge.

Nur nicht zu schnell wachsen: Das ist die Maxime von Chris Bliss (29) und Philippe Stegmann (33), den beiden Gründern von Token Tantrum. Zusammen mit sechs Mitstreitern bauen sie in Frankfurt/Main ein noch namenloses Echtzeit-Taktikspiel, angesiedelt im Kalten Krieg – also jener Zeit, als Geheimdienste wechselseitig mit Hochdruck spionierten und sabotierten.

Bliss war zehn Jahre bei Crytek beschäftigt und hat Levels für „Crysis“ 1, 2 und 3 konstruiert und als 3D-Grafiker an Spielen wie „Warface“ mitarbeitet. Stegmann war zunächst bei Gameforge in Karlsruhe und anschließend vier Jahre als Monetization-Spezialist bei Crytek tätig, wo sich die beiden schließlich kennengelernt haben.

Die Gründer von Token Tantrum: Chris Bliss und Philippe Stegmann.
Die Gründer von Token Tantrum: Chris Bliss und Philippe Stegmann.

Token Tantrum: „Möchten auf Unterstützung eines erfahrenen Publishers nicht verzichten.“

Die Pre-Production ist mittlerweile abgeschlossen, jetzt entsteht der Prototyp auf Basis der Unity-Engine. Geplante Veröffentlichung: 2018. Derzeit läuft die Suche nach einem Publisher. „Deutschland ist traditionell ein PC-Markt und die deutschen Spieler haben eine hohe Affinität zu Echtzeitstrategie und Taktik-Spiele“, sagt Philippe Stegmann. „Wir glauben, dass wir mit einem gut durchdachten und atmosphärisch dichten Echtzeit-Taktikspiel auf jeden Fall einen Nerv treffen.“

Zuletzt war Mimimi Productions mit „Shadow Tactics: Blades of the Shogun“ sowohl national als auch international ausgesprochen erfolgreich.

Im GamesWirtschaft-Interview erklären die beiden Gründer, warum sie sich explizit für dieses Genre und Setting entschieden haben.

GamesWirtschaft: Bei Gameforge und Crytek habt ihr an Free2play-Spielen wie „AION“, „Warface“ oder „Hunt: Horrors of the Gilded Age“ gearbeitet. Warum habt ihr euch bei eurem Spiel explizit für ein Festpreis-Spiel entschieden – und gegen ein Free2play-Modell?

Stegmann: Der Markt für Free2play-Spiele hat sich, anlog zum Pay2Play-PC-Markt generell, in der letzten Zeit stark saturiert. Der ursprüngliche Reichweitenvorteil von Free2play hat sich damit erübrigt. Gerade der Free2play-Markt wird von einigen wenigen, dafür aber starken Publishern beherrscht. Somit ist ein Markteintritt mit limitierten Ressourcen sehr schwer. Deswegen – und auch, weil die Entwicklungsrisiken kleiner sind – haben wir uns für ein Single-Player-Spiel entschieden. Free2play eignet sich aber unserer Meinung nach auch nur für Multiplayer-Spiele. 

Letztlich wollten wir aber vor allem ein Spiel machen, das einen eigenen Platz einnehmen und halten kann. Die Kombination von Setting und Gameplay, die wir in unserem neuen Produkt haben, erfüllt genau dieses Kriterium.

Wie finanziert sich die Entwicklung des Spiels? Gab es zum Beispiel Überlegungen in Richtung Förderung oder Crowdfunding?

Stegmann: Wir haben gerade die Entwicklung unseres Prototypen abgeschlossen und suchen jetzt nach einem Partner, mit dem wir das Spiel fertig entwickeln und veröffentlichen können. Als junges Entwicklungsstudio möchten wir auf die Unterstützung, die ein erfahrener Publisher bieten kann, nicht verzichten.

Token Tantrum: „Games in Deutschland fallen etwas durchs Raster“

Was hat euch am Setting „Kalter Krieg“ gereizt? Wie seid ihr darauf gekommen? Könnt ihr Beispiele für Spielelemente nennen, die euer Spiel von gewohnten Settings abheben?

Bliss: Wir wussten sehr früh in der Konzeptphase, dass wir etwas Systemgetriebenes in einem spannenden, modernen Setting machen wollen. Gleichzeitig haben wir aber auch den Anspruch, unserem ersten Produkt einen eigenen Charme zu verleihen. So kamen wir relativ schnell über die für das Genre doch etwas zu actionlastigen 90er („Ronin“, „Mission Impossible“) bei der Spionage des späten Kalten Krieges an.

Während das Setting in anderen Medien durchaus Beachtung findet, ist es in unserer Branche doch etwas unterrepräsentiert. Für unser Vorhaben, überlegtes und spannendes Gameplay mit interessanten Charakteren zu erzeugen, eignet es sich zudem perfekt. Wir bewegen uns genau in der Zeit, in der es möglich war, Kameras hinter Knöpfen zu verstecken, es aber noch kein GPS oder ein allseits nutzbares Internet gab. Interaktionen müssen geplant und zeitlich abgestimmt werden. Die verdächtig aussehende Person auf der anderen Straßenseite ist für uns interessanter als das Hacken des nächsten Satelliten via Terminal.

Was würdet ihr euch von Branche und Politik wünschen, um junge Studios wie eures optimal zu unterstützen?

Stegmann: Da die Firma erst seit fünf Monaten existiert, wollen wir uns hier nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Wir haben jedoch ein wenig das Gefühl, dass Games in Deutschland etwas durchs Raster fallen. Als Branche zwischen Unterhaltung und Technologie scheint keine der beiden Fördermechanismen voll zu greifen. Es wäre sicherlich förderlich, wenn dieser Status aufgehoben werden würde und die Gamesbranche Parität mit einer von beiden Industrien erhält.