Für den prestigeträchtigen Toyaward der Spielwarenmesse 2018 nominiert: ein Notebook aus Holz für Vorschulkinder (Foto: Spielwarenmesse eG / Christian Horn)
Für den prestigeträchtigen Toyaward der Spielwarenmesse 2018 nominiert: ein Notebook aus Holz für Vorschulkinder (Foto: Spielwarenmesse eG / Christian Horn)

Trotz Figdet Spinner-Boom kein neuer Umsatzrekord: Für das Jahr 2017 melden Deutschlands Spielwarenhändler bestenfalls Stagnation. Zum Start der Spielwarenmesse 2018 in Nürnberg wagt die Branche den Spagat zwischen Annäherung und Abgrenzung zur verwandten Videospiel-Industrie.

[no_toc]Kurz vor dem ersten Adventswochenende 2017 verschickte der Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels (BVS) eine Pressemitteilung mit der Überschrift: „Spielwarenhändler erwarten gutes Weihnachtsgeschäft.“ Die Branche, die 2016 erstmals die 3-Milliarden-Euro-Marke geknackt hatte, gehe „zuversichtlich“ in den wichtigen Jahresendspurt.

Sagenhafte 40 Prozent des Umsatzes macht der Spielwarenhandel alleine in den Monaten November und Dezember.

Zwei Monate später ist aus der Zuversicht fortgeschrittenes Wehklagen gewordenen – ganz so, wie man es von ehrbaren Kaufleuten nun mal gewohnt ist. „Durchwachsen“ sei der 2017-Umsatz im Spielwaren-Handel ausgefallen. „Der jahrelange Spielwaren-Boom hat eine Pause eingelegt. Wie vom BVS erwartet, hatte der Spielwaren-Einzelhandel im letzten Weihnachtsgeschäft keinen Grund zum Jubeln“, bilanziert BVS-Geschäftsführer Willy Fischel.

Jetzt rechnet der Verband für den Inlandsmarkt „bestenfalls“ mit einem ausgeglichenen Ergebnis von 3,1 Milliarden Euro – eigentlich war ein Umsatzplus von 2 Prozent eingeplant. Zum Vergleich: Die Gamesbranche kam zuletzt auf knapp 2,9 Milliarden Euro – auch hier stagnierten die Zahlen wegen des stark rückläufigen Hardware-Geschäfts.

Spielwarenmesse 2018: Digitale Spielwaren ja, aber…

Damit es 2018 wieder besser läuft, sollen es jene Innovationen richten, die auf der am Dienstag startenden Spielwarenmesse 2018 in Nürnberg präsentiert werden. Weitere positive Impulse kommen aus den Kreißsälen: Die Zahl der Geburten steigt seit Jahren. Der Handel will von diesem anhaltenden Babyboom profitieren, also vom Neugeschäft mit Neugeborenen.

Reine eCommerce-Anbieter wie Amazon, MyToys und Jako-O sind inzwischen für rund ein Drittel des deutschen Spielwaren-Umsatzes verantwortlich. Ein weiteres Drittel entfällt auf Fachgeschäfte und -märkte, darunter die angeschlagene US-Kette Toys R Us. Den Rest teilen sich Supermärkte, Buchläden, Baumärkte, Verbrauchermärkte, Drogerien und Kaffeeröster.

Um gegen die preisaggressive Online-Konkurrenz zu bestehen, setzen traditionelle Fachhändler zunehmend auf das Multichannel-Konzept, also einen Mix aus Ladengeschäft und Versand.

Spielwarenmesse 2018: Messetrend „Explore Nature“

Brettspiele, Puppen, Plüschfiguren, Outdoor-Spielzeug, Puzzles, Bausätze, Bastelmasterial, ferngesteuerte Fahr- und Flugzeuge, all das zählt der Verband zum Umsatz. Nicht Teil der Statistik sind hingegen Computer- und Videospiele, auch wenn 3DS-Spiele, Skylanders-Figuren und PlayStation-4-Konsolen vielfach zum Sortiment der Händler gehören.

Gleichzeitig weiß die Branche um die Risiken und Nebenwirkungen der zunehmenden Verbreitung von Smartphones, Tablets, Spielkonsolen und PCs. Zwar werden auch in diesem Jahr VR- und AR-Brillen an vielen Ständen zu sehen sein. Dennoch setzen die Aussteller ganz undigitale Akzente: Einer der drei großen Messetrends 2018 lautet „Explore Nature“, also das Entdecken von Flora und Fauna mit Schnitzmesser und Insektenstaubsauger.

Wie ambivalent das Verhältnis zwischen der analogen und digitalen Spiele-Branche ausfällt, zeigen Beispiele wie das für den Branchenpreis „Toy Award“ nominierte „My Wooden Magnetic Notebook“ – ein hölzener Laptop für Vorschulkinder inklusive Kreidebildschirm, herausnehmbarem Holz-Smartphone und magnetischen Buchstaben.

Playmobil baut App-Angebot aus

Parallel setzen Traditionsmarken auf Smartphone-Apps: So taucht Playmobil in den Top 10 jener deutschen Spiele-App-Anbieter auf, die im ersten Halbjahr 2017 die meisten Downloads in den Appstores verzeichneten.

Mit Gratis-Aufbauspielen wie „Playmobil Horse Farm“ und dem Action-Spiel „Playmobil Ghostbusters“ konkurriert Playmobil zunehmend mit traditionellen App-Anbietern – das Geschäftsmodell sieht allerdings explizit keine Ingame-Käufe vor. Pünktlich zur Spielwarenmesse ist die kostenlose Playmobil Playmogram 3D-App gestartet, die aus dem Smartphone einen 3D-Hologramm-Projektor zaubert.

Erst vor wenigen Wochen hat der Zirndorfer Spielwaren-Riese einen Vorstandsposten mit dem langjährigen Disney-Manager Lars Wagner besetzt, der sich als Produkt- und Markenchef explizit um die Digitalisierung kümmern soll.

Einen ähnlichen Schritt hatte der Brettspiel- und Puzzle-Marktführer Ravensburger bereits im November 2016 vollzogen: Marko Hein wechselte als Head of Digital von LEGO nach Schwaben. Hein war zuvor unter anderem für THQ, Deep Silver und Bigpoint tätig.

Spielwarenmesse 2018: Nur wenige Games-Publisher in den Hallen

Die Zeiten, in denen traditionelle Konsolen- und Games-Hersteller wie Nintendo, Electronic Arts, Sony und Microsoft auf der Spielwarenmesse ausstellen, sind indes lange vorbei. Was insofern überrascht, da Neuheiten wie „Nintendo Labo“ ja durchaus prädestiniert wären für den Vertrieb im Spielwaren-Einzelhandel.

In den Hallenplänen der Spielwarenmesse 2018 lassen sich zwar noch vereinzelt Publisher entdecken, allerdings liegt der Schwerpunkt meist auf haptischen Produkten wie Merchandising-Artikeln oder Sammelkarten.

Unter den 2.900 Ausstellern finden sich in diesem Jahr Konami, Activision Blizzard, United Soft Media, Ak Tronic („Software-Pyramide“) und die Burglengenfelder Vertriebsfirma NBG Multimedia, die unter anderem die Spiele von 505 Games, Aerosoft, Halycon Media und Headup Games betreut.

Die Spielwarenmesse 2018 findet vom 31. Januar bis 4. Februar 2018 auf dem Messegelände in Nürnberg statt. Es handelt sich um eine reine Fachmesse – der  Zutritt ist also nur Fachbesuchern, Händlern und Medienvertretern gestattet.