Start Wirtschaft Electronic Arts verkauft weiterhin Games auf Datenträgern (Update)

Electronic Arts verkauft weiterhin Games auf Datenträgern (Update)

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Electronic-Arts-Niederlassung im Kölner Rheinau-Hafen (Foto: Fröhlich)
Electronic-Arts-Niederlassung im Kölner Rheinau-Hafen (Foto: Fröhlich)

Auch nach dem Ende des Vertriebs physischer Games durch die Electronic Arts GmbH will EA weiterhin Computerspiele auf Datenträgern anbieten.

Update vom 28. Oktober 2022: Wegen vieler Nachfragen, anhaltendem Interesse und kühn interpretierter Google-Translate-Übersetzungen und -Verkürzungen wollen wir das Thema noch einmal kurz aufschnüren und erläutern.

Fakt ist, dass die für Deutschland, Österreich und die Schweiz zuständige Electronic Arts GmbH laut Geschäftsbericht 2021/22 künftig „keine Umsätze mit verpackten Waren mehr erzielen“ wird. Zur Begründung verweist die Niederlassung in öffentlich zugänglichen Finanzunterlagen auf die rückläufigen Einnahmen aus dem Verkauf solcher ‚verpackten Waren‘, also Games auf DVD und Blu-Ray. An diesen Plänen hat sich offenkundig nichts geändert, weshalb die nachfolgenden Ausführungen weiterhin Gültigkeit haben.

Electronic Arts legt allerdings Wert auf die Feststellung, dass weiterhin EA-Spiele auf Datenträgern im Einzelhandel des deutschsprachigen Raums angeboten werden sollen.

Es spricht daher viel dafür, dass EA den Vertrieb dieser physischen Produkte ‚auslagert‘ – sei es an eine andere europäische Niederlassung oder an einen Dienstleister, wie es auch Mitbewerber wie Activision Blizzard, Warner oder Square Enix handhaben. Zu den daraus resultierenden Fragen hat sich das Unternehmen trotz mehrfacher nationaler und internationaler Anfragen bislang nicht geäußert.

Sobald weitere Informationen vorliegen, wird dieser Beitrag natürlich aktualisiert.


Update vom 27. Oktober 2022 (16:30 Uhr): Electronic Arts hat vor wenigen Minuten eine Stellungnahme veröffentlicht. Demnach sei der Vertrieb physischer Spiele in Deutschland, Österreich und in der Schweiz nicht gestoppt worden – die Spieler könnten auch künftig EA-Produkte bei den Händlern erwerben.

Der Zweizeiler geht nicht darauf ein, wer künftig den Vertrieb von EA-Spielen auf Datenträgern im deutschsprachigen Raum übernimmt. Auch die diesbezüglichen Fragen wurden bislang nicht beantwortet.


Update vom 27. Oktober 2022: Laut Handelsregister hat die Electronic Arts GmbH mit Wirkung zum Oktober eine Änderung des Unternehmensgegenstands vorgenommen. Bisherige Aufgabe der deutschen Niederlassung in Köln: „Import, Export, Vertrieb, Verkauf und Herstellung von Produkten jeglicher Art in Bezug auf Videos, Videospiele, Computer-Software.“

Dieser Passus wurde aktualisiert und lautet nun: „Erbringung von Leistungen bezogen auf Videos, Videos-Spiele, Computer-Software und interaktive Unterhaltung“.


EA Deutschland beendet Vertrieb von Games auf Disc

Meldung vom 26. Oktober 2022: Immer weniger Games werden auf DVD oder Blu-Ray gekauft – gleichzeitig wachsen die Einnahmen mit Downloads, Ingame-Käufen, Abos und Saisonpässen. An dieser Stelle unterscheidet sich der Spiele-Markt nicht fundamental vom Film- oder Musik-Business, wo der Datenträger-Anteil seit Jahren stetig sinkt (Analyse / Kolumne).

Diese fast schon zwangsläufige Entwicklung hat unmittelbare Wirkung auf die deutschen Niederlassungen großer Spiele-Publisher. Denn mit wenigen Ausnahmen laufen die Digital-Erlöse bei Luxemburger Briefkastenfirmen oder in den englischen Europazentralen auf – die deutsche Tochter hat davon ’nichts‘.

Beispiel: Während das Geschäft mit Grand Theft Auto und NBA 2K brummt, sank der Umsatz der Münchener Take-Two Interactive GmbH zuletzt von 24 Millionen auf 14 Millionen €.

Bei Activision Blizzard hat dieses paradoxe Luxusproblem dazu geführt, dass der hiesige Standort komplett aufgelöst wurde. Digital-Anteil am Umsatz: fast 90 Prozent. Die physischen Spiele inklusive der Collectors Editions von Call of Duty, Crash Bandicoot, Diablo und World of Warcraft werden mittlerweile von Plaion (einst Koch Media) an den Einzelhandel verteilt.

In einer vergleichbaren Situation steckt auch einer der größten Spielehersteller: Electronic Arts. Zu den EA-Bestsellern zählen die Serien FIFA, Battlefield, F1, Madden, Apex Legends und Die Sims. Allein mit FIFA Ultimate Team-Sammelkartenpacks erwirtschaftete der börsennotierte US-Konzern im vergangenen Jahr mehr als 1,6 Milliarden Dollar.

Die europäischen EA-Standorte stehen nun vor tiefgreifenden Veränderungen. Bei der Electronic Arts GmbH mit Sitz im Kölner Rheinauhafen sind rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, die neben dem deutschen Markt auch Österreich, die Schweiz und Skandinavien betreuen.

Im jüngsten Geschäftsbericht von EA Deutschland heißt es: „Die anhaltende Verlagerung von physischen Gütern hin zum digitalen Download wirkt sich weiterhin negativ auf die Umsatzentwicklung aus. Die Umsatzerlöse aus digitalen Downloads werden nicht über EA, sondern über ein verbundenes Unternehmen abgewickelt.“

Der Umsatz mit Games-Hardware und -Software in Deutschland ist 2021 auf fast 10 Milliarden € angestiegen (Stand: 11.4.2022)
Der Umsatz mit Games-Hardware und -Software in Deutschland ist 2021 auf fast 10 Milliarden € angestiegen (Stand: 11.4.2022)

Deshalb wurde eine „wirtschaftliche Umstrukturierung“ eingeleitet: Zum Mai 2022 seien bereits lokale Kundenverträge gekündigt worden – nach der Umstrukturierung werde die Electronic Arts GmbH „keine Umsätze mit verpackten Waren mehr erzielen“.

Die praktischen Auswirkungen sind in jedem Fall gewaltig: Die Kölner EA-Filiale hat 2021/22 „verpackte Waren“ – also PC- und Konsolenspiele auf Disc und Modulim Wert von mehr als 90 Millionen € an Amazon, MediaMarkt/Saturn, GameStop, Otto & Co. verkauft. Demzufolge plant EA im laufenden Geschäftsjahr 2022/23 mit einem „deutlichen Rückgang der Umsatzerlöse“. In der Bilanz wurden Rückstellungen in zweistelliger Millionenhöhe gebildet, sowohl fürs Personal als auch für Rücknahmeverpflichtungen und Preisnachlässe.

Die deutsche Electronic-Arts-Zentrale soll erhalten bleiben – auch deshalb, weil dort die Lokalisierung (also Übersetzung und Synchronisierung) vieler EA-Games koordiniert wird. Dieser Geschäftsbereich ist mit einem Volumen von rund 15 Mio. € allerdings vergleichsweise klein.

Nach dem Release von FIFA 23* am 30. September stehen bis Ende 2022 nur noch wenige EA-Neuheiten an: Am 4. November erscheint die Nintendo-Switch-Version des Koop-Knüllers It Takes Two* – am 2. Dezember folgt dann das Rennspiel Need for Speed Unbound* für PC, PlayStation 5 und Xbox Series X/S.

GamesWirtschaft hat Electronic Arts seit Anfang Oktober wiederholt um eine Einordnung gebeten, welche konkreten Konsequenzen sich aus dieser Entscheidung für den deutschen Standort, den Einzelhandel, die Belegschaft und natürlich für die Kunden ergeben – und ob gegebenenfalls ein externer Dienstleister die Distribution des Portfolios übernimmt. Das Unternehmen hat sich zu all diesen Fragen bislang nicht geäußert.

6 Kommentare

  1. Zitat: „Auch nach dem Ende des Vertriebs physischer Games durch die Electronic Arts GmbH will EA weiterhin Computerspiele auf Datenträgern anbieten.“

    Genau das hatte ich von Anfang an vermutet. 😀

  2. Das heißt doch erst einmal nur, dass Electronic Arts GmbH den Vertrieb von physischen Spielen aufgibt und nicht, dass es keine physischen Spiele von EA mehr auf dem deutschen Markt geben wird oder?

    Zwar wurde ja wohl kein Kommentar abgegeben, aber kann es nicht genauso gut sein, dass der Verkauf von Retail-Spielen von EA in Deutschland zukünftig ebenfalls über einen anderen Anbieter wie Plaion abgewickelt werden oder zentral von einem anderen Standort, der sich um ganz Europa kümmert?

    • Der Vertrieb physischer Games macht 90 % aller Einnahmen der deutschen GmbH aus – dieser Anteil mit „verpackten Waren“ fällt lt. Geschäftsbericht weg. Die Verträge mit den großen Retailern wurden im Sommer gekündigt.

      Zur naheliegenden Frage, ob ausgewählte Games ggf. via Dienstleister distribuiert werden, liegen keine Erkenntnisse vor. Natürlich wird weiter nachgebohrt – auf allen Ebenen, national und international.

  3. Hä? EA gibt den Vertrieb der Spiele auf und nutzt dafür andere Anbieter. Was soll sich daran groß für den Kunden ändern? Ist jetzt nicht so, das es gar keine EA Spiele auf Disc geben wird.

  4. EA ist seit vielen Jahren das mit grossem Abstand verbraucherunfreundlichste Unternehmen der Branche. Dieser Schritt ist nicht verwunderlich, da bereits seit Jahren deutlich mehr Gewinne aus Glücksspielen, ähm Verzeihung … aus kosmetischen, zufällig erspielten Gegenständen denn aus qualitativ hochwertigen Spielen erzielt werden. Es ist sehr schade, dass sich nicht mehr Staaten bzw. deren Aufsichtsbehörden gegen deren Praxis der Loot-Boxen aussprechen.
    Es werden mit hohen Preisen Lootboxen u.ä. Pakete an meist minderjährige verkauft, welche die Bedeutung, dass sie für viel Geld quasi nichts erhalten haben gar nicht bewusst wird.

    Es geht auch deutlich anders, siehe Sony mit der Horizon-Serie, welche Rekorde schlug aufgrund der Qualität der Produkte.

    Persönlich wünsche ich EA nich alles gute für die Zukunft. Die Branche stände ohne sie deutlich besser da.

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