Start Wirtschaft Crytek-Grafiker sammelt Spenden für Klage

Crytek-Grafiker sammelt Spenden für Klage

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Seit Monaten kein Gehalt: Jetzt wagt sich erstmals ein Crytek-Grafiker aus der Deckung.
Seit Monaten kein Gehalt: Jetzt wagt sich erstmals ein Crytek-Grafiker aus der Deckung.

Am 8. Dezember hat er gekündigt, jetzt sammelt ein Crytek-Grafiker Spenden für eine Klage. Grund: Ausstehende Gehälter seit Oktober 2016.

Die Meldungen rund um das offenkundig angeschlagene Frankfurter Studio Crytek (The Climb, Crysis, CryEngine) treiben immer schrägere Blüten. Ludvig Lindqvist war seit März 2015 als Special-Effects-Grafiker im Frankfurter Hauptquartier angestellt und hat am 8. Dezember – also vor einer Woche – seine Kündigung eingereicht. Via Crowdfunding-Plattform GoFundMe.com bittet er um Unterstützung, um eine Klage gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber zu finanzieren.

Grund für sein Vorgehen: Ausstehende Gehälter für die Monate Oktober und November. Zum Stichtag 14. Dezember habe Crytek seit mittlerweile 58 Tagen keinen Cent mehr überwiesen. Die Gehälter für die Monate Mai, Juni, Juli, August und September seien zudem mit erheblicher Verspätung eingetroffen. Damit bestätigt er Meldungen, die seit mehreren Wochen kursieren und sich am Wochenende konkretisiert hatten.

Kein Gehalt seit September: Grafiker will Crytek verklagen

Kein Gehalt von Crytek seit September: Ludvig Lindqvist legt seinen Kontoauszug offen.
Kein Gehalt von Crytek seit September: Ludvig Lindqvist legt seinen Kontoauszug offen.

Lindqvist belegt seine Anschuldigungen mit Kontoauszügen: Demnach sei das Juni-Gehalt erst am 12. Juli überwiesen worden, das Juli-Gehalt am 16. August und das August-Gehalt am 13. September – also jeweils mit zweiwöchigem Verzug. Das September-Gehalt sei erst am 31. Oktober – also einen Monat später – eingetroffen.

Das Unglaubliche: Laut Lindqvist seien sämtliche seiner 390 Ex-Kollegen in der gleichen Situation – es handelt sich also nicht um einen Einzelfall. Auch diese Aussage deckt sich mit gleichlautenden Schilderungen anderer Mitarbeiter, die GamesWirtschaft vorliegen.

Einem Kotaku.com-Bericht zufolge ist der Schwede nicht der einzige Angestellte, der bei Crytek gekündigt hat: Die Belegschaft würde „in Scharen“ das Unternehmen verlassen. Dass die Mitarbeiter so lange ausgeharrt und nicht schon viel früher gekündigt hätten, habe einen einfachen Grund: Im Falle einer Crytek-Insolvenz zahlt die Agentur für Arbeit die Gehälter der letzten drei Monate.

Klage via Crowdfunding: Der Hilferuf des Crytek-Grafikers

Das LinkedIn-Profil von Ludvig Lindqvist weist Stationen bei Jagex und Crytek aus.
Das LinkedIn-Profil von Ludvig Lindqvist weist Stationen bei Jagex und Crytek aus.

Durch die ausstehenden Gehälter und mutmaßlich mangels Rechtsschutzversicherung sieht sich Lindqvist nicht in der Lage, die auflaufenden Kosten für den Anwalt vorzuschießen – daher hat er sich zur Crowdfunding-Kampagne entschieden.

Zwar sind in den ersten zehn Stunden von den angeblich benötigten 20.000 Euro nur 25 Euro von zwei Spendern zustande gekommen – und es erscheint fraglich, ob der Betrag jemals erreicht wird.

Andererseits ist Lindqvist der erste Crytek-Mitarbeiter, der sich aus der Deckung der Anonymität wagt und mit Klarnamen auf die Situation aufmerksam macht. Dem LinkedIn-Profil nach zu urteilen handelt es sich bei Lindqvist um eine „echte“ Person: Bei Crytek hat er unter anderem an den Virtual-Reality-Produktionen Robinson: The Journey und The Climb gearbeitet.

Vor März 2015 war er beim britischen Spiele-Hersteller Jagex beschäftigt und Teil des Entwicklerteams von Transformers Universe. Das Browsergame wurde Anfang 2015 eingestellt, danach wechselte der FX-Spezialist nach Frankfurt.

Weitere Informationen zur aktuellen Lage bei Crytek haben wir im Artikel „Am Abgrund: Ist Crytek noch zu retten“ zusammengefasst.

Update vom 16. Dezember 2016: Lindqvist hat die Crowdfundig-Kampagne vorzeitig beendet und will sich nun zunächst juristischen Beistand suchen, ehe er sich gegenüber der Öffentlichkeit äußert.