Köln ist die Deutschlands Spielehauptstadt – an 7 von 365 Tagen, während der Gamescom. Doch eine Studie zeigt: Der Games-Standort Köln fällt weiter zurück.

[no_toc]Allenthalben ist während der Gamescom-Woche zu hören, Köln sei die „Spielehauptstadt Deutschlands“, wenn nicht Europas. Doch sobald die Sperrholzplatten der Gamescom-Messestände abgebaut sind, ist Köln wieder eine halbwegs normale nordrhein-westfälische Großstadt. Abgesehen natürlich von kulturellen Spezialitäten wie den Höhnern, den Paveiern oder den Bläck Fööss, die auch in Nicht-Karnevalzeiten die Mehrzweckhallen der Stadt füllen.

Doch im Bereich Games ist Köln deutlich hinter Standorten wie Frankfurt, Berlin, München und erst recht Hamburg zurückgefallen, selbst Lieblings-Nachbar Düsseldorf zeigt sich dynamischer. Zuletzt entstanden dort Filialen von Innogames und Daedalic – und auch die Ubisoft-Tochter Blue Byte erfindet sich im Fünfjahres-Rhythmus neu.

Zwar residiert mit Electronic Arts seit Jahrzehnten die hiesige Niederlassung eines Weltmarktführers im Zollhafen. Mit der ESL ist auch der relevante eSports-Ausrichter zu Hause. Doch die Musik spielt in anderen Bundesländern und Städten. Dieses Bauchgefühl untermauert nun auch eine umfangreiche Studie von Professor Dr. Jörg Müller-Lietzkow von der Uni Paderborn, der von der Stadt Köln mit einer Standort-Studie beauftragt wurde.

Studie zum Games-Standort Köln: „Durchaus nüchternes Gesamtbild“

Damit am Games-Standort Köln nicht mittelfristig die Lichter ausgehen, empfiehlt die Standort-Studie konkrete Maßnahmen unter dem Dach des "Cologne Games Project". (Foto: KoelnMesse)
Damit am Games-Standort Köln nicht mittelfristig die Lichter ausgehen, empfiehlt die Standort-Studie konkrete Maßnahmen unter dem Dach des „Cologne Games Project“. (Foto: KoelnMesse)

Die über 120 Seiten starke Auswertung benennt nicht nur Punkt für Punkt die Versäumnisse der vergangenen Jahre, sondern liefert – viel wichtiger – ganz konkrete Vorschläge, wie Köln wieder Anschluss finden kann. Dabei geht es explizit nicht darum, nur stumpf mit Fördergeldern zu wedeln.“

Zusammengefasst für den Standort Köln ergibt sich auf Basis der Strukturanalyse ein durchaus nüchternes Gesamtbild“ – so lautet das Fazit von Müller-Lietzkow. Unter anderem hat er festgestellt, dass die Zahl der hier beheimateten Studios mit 21 „ebenso überschaubar wie deren Bedeutung im Gesamtmarkt“ ausfällt.
Dies ist umso bemerkenswerter, da Köln als wichtiger Medienstandort der Republik gilt, nicht zuletzt durch unzählige TV-Sender, Dienstleister und Produktionsfirmen.

Cologne Games Project: So soll Köln wieder Anschluss finden

Ziel des vorgeschlagenen Maßnahmenpakets unter dem Schlagwort „Cologne Games Project“ (CGP) ist es, sowohl Industrieunternehmen nach Köln zu locken als auch die Gründung von Startups zu forcieren. Das CGP fungiert als Koordinierungsstelle, wo alle Fäden zusammenlaufen. Daneben soll mit dem Cologne Games Hub (CGH) ein Startup-Inkubator geschaffen werden, der beispielsweise Co-Working-Flächen für junge und kleine Unternehmen anbietet.
Das CGH soll sich auch der Ansiedlung einer Niederlassung eines größeren Entwicklerstudios kümmern, wie es beispielsweise in Berlin mit Riot, King oder Epic Games der Fall ist. Auch ein nationaler Publisher soll neu entstehen oder aber seinen Sitz nach Köln verlagern.

Empfehlung der Studie: Köln soll zur Virtual-Reality-Hauptstadt werden

Unter dem Schlagwort „Cologne Games Events“ (CGE) soll die Bedeutung von Köln als Veranstaltungsstandort jenseits der Gamescom gestärkt werden, etwa durch Investorenkonferenzen oder eine auf das Boom-Thema Virtual Reality ausgerichtete Konferenz. In diesem Zusammenhang ist auch die Rolle des Cologne Game Lab an der Technischen Hochschule Köln zu sehen, die in vergangenen Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen hat. Auch hier sollen Virtual-Reality-Games und -Anwendungen im Mittelpunkt stehen, unter anderem im Rahmen einer jährlich zu vergebenden „Gamescom-Gastprofessur“.
Die Studie mit allen Erhebungen und den genannten Empfehlungen wurde im Vorfeld der Gamescom an Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker übergeben, die nicht nur in ihrer Funktion als Aufsichtsratvorsitzende der KoelnMesse ein vitales Interesse an der Stärkung des Standorts haben dürfte. In den kommenden Monaten wird zu beobachten sein, wie Politik und Wirtschaft die Studienergebnisse deuten und welche konkreten Weichen für die Umsetzung des Konzepts gestellt werden.
Ziel des Cologne Games Project (CGP) müsse es sein,  dass „spätestens 2021, wenn es bei den großen Konferenzen und bei Unternehmensentscheidungen um einen Standort europaweit geht, Köln immer als eine herausragende Alternative gesehen wird.“ Erst dann könne man guten Gewissens behaupten, Köln sei die Spielehauptstadt Europas, so Müller-Lietzkow.