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Glücksspiel-Verdacht: Landesmedienanstalten prüfen Lootbox-Verbot

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Mit gekauften "Losen" steigt die Wahrscheinlichkeit auf einen Volltreffer wie Ronaldo: Die Landesmedienanstalten prüfen, ob Lootboxen in Spielen wie "FIFA 18" dem Glücksspiel zuzuordnen sind.

Die Jugendschutzkommission der Landesmedienanstalten will bis Mitte März entscheiden, ob Glücksspiel-ähnliche Mechaniken in Computer-, Video- und Mobile-Spielen im Sinne der Suchtprävention verboten werden. Das meldet die „Welt am Sonntag“.

[no_toc]Der Prüfung liegt unter anderem eine Studie des Glücksspiel-Forschers Ingo Fiedler von der Universität Hamburg zugrunde, der die Geschäftsmodelle und Umsätze weitverbreiteter Computer-Spiele analysiert und mit dem Gambling-Markt verglichen hat.

Das Ergebnis: Games enthalten zunehmend Glücksspiel-Elemente. So stamme der größte Teil des Umsatzes von wenigen Spielern – ein typisches Merkmal von Glückspielmärkten, so die Wissenschaftler.

Für die Anbieter von Free2play-Spielen bestehe ein finanzieller Anreiz, insbesondere die spendierfreudigen Spieler im System zu halten. Aus aktuellen Investoren-Berichten von Hamburger Großstudios wie InnoGames und Goodgame Studios geht beispielsweise hervor, dass der Anteil zahlender Spieler zwar weiterhin nur bei wenigen Prozent liegt. Diese Intensivspieler geben gerade bei Mobilegames durchschnittlich annähernd dreistellige Euro-Beträge aus – pro Monat.

Goodgame Studios spricht in diesem Zusammenhang von „VIPs“, der Branchen-Fachbegriff für die Highroller lautet „Whales“, zu deutsch: Wale.

Glücksspiel-Mechaniken in Computerspielen: Landesmedienanstalten prüfen Verbot von Lootbox-Elementen

Die Landesmedienanstalten schließen darüber hinaus ein grundsätzliches Verbot von Lootboxen („Beutekisten“) nicht aus. Hinter diesem Phänomen verbergen sich kostenpflichtige digitale Wundertüten, die zufällig generierte virtuelle Gegenstände und Figuren enthalten. Vielfach handelt es sich lediglich um kosmetische Elemente – bei immer mehr Spielen sind hingegen auch seltene Ausrüstungsgegenstände und Waffen enthalten.

Ende 2017 beschäftigte die Neuheit „Star Wars Battlefront 2“ sowohl Spieler als auch Behörden und Parlamente. Die Kritik: Wer Star-Wars-Helden wie Darth Vader nutzen möchte, muss enorm viel Zeit investieren – oder eben Beutekisten erwerben, die den Spielfortschritt beschleunigen oder die Fähigkeiten der Spielfigur nachhaltig verbessern. Je mehr „Lose“ der Spieler erwirbt, desto höher die Wahrscheinlichkeit für einen Treffer. Wer Pech hat, erhält unbrauchbare und somit „wertlose“ Inhalte.

Nach massiven Protesten entfernte Hersteller Electronic Arts einen Tag vor Verkaufsstart jene Echtgeld-Währung, die für den Kauf von Lootboxen erforderlich ist. In Kürze soll die Mechanik in abgewandelter Form allerdings ins Spiel zurückkehren.

Sammelpäckchen in „FIFA 18“: Jeder dritte Spieler gibt Geld aus

Im Modus „FIFA Ultimate Team“ (FUT) des meistverkauften PC- und Konsolenspiels „FIFA 18“ vom selben Anbieter ist der Kauf von Sammelkarten-Päckchen möglich, in denen mit etwas Glück Fußball-Stars wie Ronaldo, Bale oder Messi zu finden sind – oder aber „Nieten“. Ganze Youtube-Kanäle beschäftigen sich ausschließlich mit dem Öffnen solcher Sammelkarten-Päckchen. Laut EA-Finanz-Chef Blake Jorgensen investiert mehr als ein Drittel der „FIFA“-Spieler zusätzliches Geld in Form von FUT-Points.

Gerade Kinder und Jugendliche seien in besonderem Maße betroffen. Der Vorsitzende der Jugendschutzkommission Wolfgang Kreißig wird von der WamS mit den Worten zitiert, er halte es für denkbar, „dass Lootboxen gegen das Verbot von Kaufappellen an Kinder und Jugendliche verstoßen könnten.“ Die Kommission für Jugendschutz (KJM) hatte Anfang Dezember 2017 ein Gutachten in Auftrag gegeben, das solche Kaufappelle an Kinder untersuchen soll. Noch im März will die Kommission entscheiden, ob es zu einem Verbot sowie Bußgeldbescheiden bei Zuwiderhandlung kommt.

Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) sieht bislang keinen gesetzlichen Auftrag, Lootboxen bei der Alterseinstufung zu berücksichtigen. Gesellschafter der USK sind die Lobbyverbände BIU und GAME, die sich vor wenigen Tagen zum neuen Game-Verband zusammengeschlossen haben.

CDU-Digital-Experte Thomas Jarzombek: „Lootboxen sind 1A Glücksspielmechaniken“

Zu den Kritikern des kommerziell überaus erfolgreichen Geschäftsmodells gehört der CDU-Abgeordnete Thomas Jarzombek, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Digitale Agenda und Juror des Deutschen Computerspielpreises. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung sprach Jarzombek von „1A Glücksspielmechaniken“.

Aufsichtsbehörden einzelner Länder sowie Lobbyverbände wie der Game-Verband haben in diesem Punkt naturgemäß eine unterschiedliche Auffassung. Umstritten ist zum Beispiel die Frage, ob die ausgeschütteten Gewinne einen Vermögenswert darstellen. Nach einem Dringlichkeitsantrag der Freien Wähler beschäftigte sich auch der Bayerische Landtag mit der Thematik – und forderte die Landesregierung auf, den Sachverhalt zu prüfen.

Zuletzt hat Apple die Appstore-Richtlinien erweitert: Demnach müssen App-Hersteller offenlegen, wenn ein Free2play-Spiel Lootbox-Elemente enthält – inklusive der Gewinnwahrscheinlichkeit.

Weitere Informationen über die Funktionsweise von Lootboxen finden Sie in diesem Beitrag.

2 Kommentare

  1. Kurze Frage:
    Auf welche Studie von Ingo Fiedler wird da genau Bezug genommen? Gibt es dazu einen Link?

    „Der Prüfung liegt unter anderem eine Studie des Glücksspiel-Forschers Ingo Fiedler von der Universität Hamburg zugrunde, der die Geschäftsmodelle und Umsätze weitverbreiteter Computer-Spiele analysiert und mit dem Gambling-Markt verglichen hat.“

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