Start Politik Lootbox-Debatte: Freie Wähler Bayern stellen Dringlichkeitsantrag – Update

Lootbox-Debatte: Freie Wähler Bayern stellen Dringlichkeitsantrag – Update

2
Lootbox-Debatte: Partei-Chef Hubert Aiwanger fordert eine Änderung des Jugendschutzgesetzes (Foto: Freie Wähler Bayern)
Lootbox-Debatte: Partei-Chef Hubert Aiwanger fordert eine Änderung des Jugendschutzgesetzes (Foto: Freie Wähler Bayern)

Die Landtagsfraktion der Freien Wähler in Bayern will eine Änderung des Jugendschutzgesetzes durchsetzen. Ziel: „Lootbox“-Spiele erst ab 18 Jahren.

Unter der Überschrift „Jugendschutz bei Computerspielen ausweiten“ bringen die Freien Wähler einen Dringlichkeitsantrag in den Bayerischen Landtag ein, der das Thema am heutigen Mittwoch (29. November) auf die Tagesordnung nimmt.

Damit erreicht die weltweit geführte Debatte um sogenannte „Lootboxes“ erstmals auch ein Parlament in Deutschland. Zuletzt hatten sich unter anderem Aufsichtsbehörden, Politiker und Ministerien in Großbritannien, in den USA und in Belgien mit dem Thema beschäftigt. Auch die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) hat eine Stellungnahme abgegeben.

In dem bemerkenswert sachkundig ausformulierten Antrag verweisen die Freien Wähler auf den derzeitigen Trend, „bei dem spielwesentliche Inhalte über sogenannte Beuteboxen zum Kauf angeboten werden“. Konkret wird die Electronic-Arts-Neuheit „Star Wars Battlefront 2“ aufgeführt – hier hatte sich der Publisher aufgrund des massiven Protests in letzter Minute dazu entschieden, alle Lootbox-Elemente mit Echtgeld-Einsatz vorerst aus dem Spiel zu entfernen.

Kostenpflichtige Lootboxes enthalten zufallsgesteuerte Aufwertungen für Spielfiguren, Deko-Elemente oder Funktionen, die innerhalb des Spiels schnellere Fortschritte versprechen. Mit dem Geldeinsatz steigen auch die Chancen auf besonders begehrte Spielfiguren oder Ausrüstungsgegenstände. Derartige Mechaniken sind beispielsweise im enorm erfolgreichen Fußballspiel „FIFA 18“ (USK 0) oder im Blizzard-Multiplayer-Shooter „Overwatch“ (USK 16) verbaut – jeweils in unterschiedlichen Ausprägungen.

Freie Wähler in Bayern: Lootboxes sind Glücksspiel

Die Freien Wähler kritisieren, dass Spielehersteller „gezielt glücksspielähnliche Funktionen und psychologische Tricks einsetzen“, um auch über den reinen Kaufpreis hinaus dauerhafte Einnahmen zu erzielen.

Aus Sicht des medienpolitischen Fraktionssprechers Michael Piazolo sind diese Beuteboxen eindeutig im Bereich Glücksspiel zu verorten. Die Partei fordert daher eine Änderung des Jugendschutzgesetzes inklusive klarer Vorgaben für die USK und die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM). Spiele mit kostenpflichtigen Lootboxes sollen demnach ein Mindestalter von 18 Jahren voraussetzen, um insbesondere Kinder und Jugendliche vor dem „starken emotionalen Druck“ zu schützen.

„Damit muss sofort Schluss sein, zumindest bei Jugendlichen unter 18 Jahren – und eigentlich sollten solche Elemente, die lediglich das Glücksspiel befördern, gar nicht gegen Geld in Computerspielen vorkommen“, so Piazolo.

Update vom 29. November 2017: CSU und SPD mit eigenen Eilanträgen

Nach einer Debatte im Bayerischen Landtag inklusive Stellungnahmen aller vier Fraktionen wurde der ursprüngliche Antrag der Freien Wähler abgelehnt. Gleichwohl wurde den Freien Wählern durchweg attestiert, eine wichtige Debatte in Gang gebracht zu haben.

Zustimmung fanden die nachgereichten Dringlichkeitsanträge von CSU und SPD. Konkret heißt es im Dokument der bayerischen Sozialdemokraten:

„Die Staatsregierung wird aufgefordert, dem Landtag schriftlich und mündlich zu berichten, wie sie den zunehmenden Einsatz von offensichtlichen Glücksspielelementen in Computerspielen jugendschutzrechtlich bewertet, welche konkreten Suchtgefährdungen von Kindern und Jugendlichen sie erkennt und welche gesetzgeberischen Handlungsmöglichkeiten und Handlungsaufträge sie sieht: mit Blick auf das Jugend- schutzgesetz, auf die Leitlinien für die Prüfung und Altersfreigabe durch die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) und die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) und mit Blick auf den Glücksspiel-Staatsvertrag (GlüStV).“

Im deutlich ebenfalls durchgewunkenen Antrag der CSU klingen die Forderungen deutlich defensiver:

„Die Staatsregierung wird aufgefordert, 1. sich weiterhin für einen zeitgemäßen Jugend- schutz bei Online-Computerspielen einzusetzen und 2. die Problematik der sog. loot boxen verstärkt bei den Maßnahmen zur Förderung der Medienkompetenz in Bayern zu berücksichtigen.“

Der Ball liegt nun im Spielfeld der CSU-geführten Landesregierung, die infolge des SPD-Antrags eine Stellungnahme erarbeiten wird.

Update vom 8. Dezember 2017: Stellungnahme von Games Bavaria Munich e. V.

Von „Hektik, Populismus und Verwirrung“ im Zusammenhang mit der Lootbox-Debatte spricht der Verein Games Bavaria Munich e. V. (GBM), dem unter anderem Chimera Entertainment, Mimimi Productions, Realmforge und Remote Control Productions angehören.

Der Entwickler-Zusammenschluss hält es für richtig, dass der bayerische Landtag den ursprünglichen Antrag der Freien Wähler abgelehnt und sich stattdessen für die beiden Gegenanträge von CSU und SPD entschieden hat. GBM-Geschäftsführer Hendrik Lesser mahnt, die Auswirkungen neuer Modelle in der Praxis kritisch zu begleiten. „Dies muss allerdings mit Bedacht passieren, damit die Innovationskraft der Branche nicht unter einem Berg an Überregulierung begraben wird.“

Die pauschale Einstufung von Lootboxes als „jugendgefährdend“ werde der Komplexität des Themas nicht gerecht – vielmehr sei Sorgfalt angebracht. Die bestehenden Jugendschutz-Rahmenbedingungen müssten bei Bedarf überprüft und angepasst werden. Wie berichtet, wurde die Staatsregierung aufgefordert, den Sachverhalt zu prüfen und eine Stellungnahme abzugeben – hierbei hat der GBM Unterstützung signalisiert.

2 Kommentare

Kommentarfunktion ist geschlossen.