Der GAME baut den Mitglieder-Service aus und will künftig verstärkt Kongresse und Events veranstalten (Foto: KoelnMesse, Montage: GamesWirtschaft).
Der GAME baut den Mitglieder-Service aus und will künftig verstärkt Kongresse und Events veranstalten (Foto: KoelnMesse, Montage: GamesWirtschaft).

Der GAME Bundesverband will das Events-Geschäft nicht allein dem Branchenverband BIU überlassen – und gründet in Berlin eine eigene Service-GmbH.

[toc]Spätestens seit den endgültig gescheiterten Fusions-Gesprächen im Februar 2014 ringen der GAME Bundesverband e. V. und der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU e. V.) um die Deutungshoheit und Vertretungsbefugnis der deutschen Spielebranche.

Der Wind wird rauer.

Jüngstes Beispiel: Der GAME gründet eine eigene Servicegesellschaft mbH mit Sitz in Berlin. Im Fußball würde man sagen: Ein Verein gliedert seine Profispieler-Abteilung aus. Laut offiziellen Angaben ist der kommerzielle Ableger des Verbands seit über einem Jahr in Vorbereitung, also just seit dem Zeitraum, als auch der BIU seine eigenen Netzwerke BIU.Net und BIU.Dev startete.

GAME Bundesverband: Servicegesellschaft soll Events organisieren

Die GmbH soll sich um die „Durchführung von Gemeinschaftsstandprojekten, Veranstaltungen und Publikationen“ kümmern. Los geht es bereits im November mit einer Entwicklerkonferenz in Berlin, die sich an „Toplevel-Entscheider der deutschen Gamesbranche“ richtet. Übersetzt: auch an die Geschäftsführer der BIU-Mitgliedsfirmen.

An der Spitze der frisch gegründeten GmbH stehen zwei bekannte Namen. Da wäre zum einen GAME-Vorstands-Chef Stefan Marcinek, der Anfang des Jahres seine Anteile am Publisher Kalypso verkauft hat und mit den German Dev Days ein eigenes Konferenzformat etablieren will. Zum anderen Thorsten Unger, der neben seiner Tätigkeit als GAME-Geschäftsführer an mehreren Firmen beteiligt ist und eine Unternehmensberatung betreibt. Beide sind also auf vielfältige Weise mit der hiesigen Branche verquickt.

Die Gesellschaft ist eine unmissverständliche Antwort auf die Umtriebigkeit des BIU. Zuletzt entstand dort unter anderem das Webinar-Angebot BIU Academy und ein eSports-Arbeitskreis. Darüber hinaus mischt der BIU seit langem im Messe-, Kongress- und Events-Geschäft mit, allem voran als Gamescom-Ausrichter und Organisator von Gemeinschaftsständen auf Messen im In- und Ausland.

Mit den Plattformen BIU.Dev und BIU.Net hat der BIU zudem sein Wirken auf Dienstleister, Entwickler, Freiberufler und Agenturen ausgeweitet. Der BIU fischt also mit zunehmender Intensität in den Gewässern des GAME – auch in Form vergünstigter Testmitgliedschaften. Im Unterschied zu einer BIU-Vollmitgliedschaft haben die Mitglieder dieser Netzwerke kein Stimmrecht, wenn es um Verbands-Entscheidungen geht – ein wesentlicher Unterschied zum GAME.

GAME Bundesverband: Duell mit dem BIU um  Mitglieder

Seit Jahren tobt zwischen beiden Verbänden ein Kampf um Mitglieder und damit um Mitgliedsbeiträge, wirtschaftliches Gewicht und politischen Einfluss. Kaum ein Monat vergeht, in dem beide Verbände nicht weitere Neuzugänge verkünden. Zum GAME stießen kürzlich Icebird Studios, Vire und Ovos, zu den BIU-Netzwerken BIU.Dev und BIU.Net gesellten sich bitComposer, Gentle Troll und Thera Bytes.

Auch wenn der GAME damit wirbt, den „mitgliederstärksten und ältesten Branchenverband“ zu stellen: Der BIU erhöht den Schwierigkeitsgrad zusehends. Zuletzt wurde mit Tencent der weltgrößte Spielehersteller angeworben. Indirekt mischen somit auch Supercell (Clash of Clans, Clash Royale) und Riot (League of Legends) beim BIU mit.

Der BIU positioniert sich also breiter und ist schon seit langem nicht mehr nur die Interessensvertretung der Majors wie Activision-Blizzard, Ubisoft, Electronic Arts, Koch Media, Zenimax, Take 2 und der drei relevanten Konsolenhersteller, also Nintendo, Microsoft und Sony.

Schmerzlich für den GAME: Weite Teile der Mitarbeiter- und Umsatz-starken Mobile-, Browser- und Online-Anbieter sind 2014 und 2015 zum BIU übergelaufen, darunter Gameforge, Wooga, Upjers, Innogames, Crytek und Goodgame Studios. Fast alle Unternehmen waren zuvor im GAME Bundesverband organisiert. Noch in seiner Amtszeit als Kalypso-Geschäftsführer hat sich die Firma des heutigen GAME-Vorstands-Chef Marcinek für den BIU – und gegen den GAME entschieden.

Selbst das Berliner Studio Yager (Dreadnought, Spec Ops: The Line) – immerhin eines der 16 GAME-Gründungsmitglieder – wird seit 2015 in der BIU-Mitgliederliste geführt.

Dem GAME treu geblieben sind in erster Linie Startups, Vertriebsfirmen, Bildungseinrichtungen und mittelständische Entwicklerstudios. Mitarbeiterstärkste Mitglieder: Chimera, Cipsoft, Daedalic, Piranha Bytes und Deck 13.

Das Berliner Studio YAGER (im Bild: Dreadnought) ist GAME-Gründungsmitglied, wechselte allerdings inzwischen zum BIU.
Das Berliner Studio YAGER (im Bild: Dreadnought) ist GAME-Gründungsmitglied, wechselte allerdings inzwischen zum BIU.

GAME Bundesverband: Neuer Vorstand gibt Gas

Seit April 2016 ist ein neuer GAME-Vorstand im Amt, der sich – wie schon die prominent besetzten Vorgängerregierungen – fest vorgenommen hat, den GAME zu neuer Blüte zu verhelfen. Dem Vorstand gehören neben dem Vorsitzenden Marcinek dessen Stellvertreterin Professor Dr. Linda Breitlauch von der Hochschule Trier, Mimimi-Productions-Gründer Johannes Roth und Ramak Molavi von Gameduell an.

Doch der ursprünglich gewählte Vorstand ist schon jetzt nicht mehr komplett: Erst vor wenigen Tagen legte Daedalic-Geschäftsführer Carsten Fichtelmann sein Vorstands-Amt nieder – auf eigenen Wunsch und nach nur vier Monaten. Er will sich wieder verstärkt den Aufgaben beim von ihm gegründeten Entwicklerstudio widmen. Noch ist Daedalic Mitglied beim GAME, Fichtelmann will sich weiterhin in den Arbeitskreisen engagieren. In der Pressemitteilung betont er die „hohe Bedeutung“, die der GAME für ihn habe.

Tatsächlich ist Daedalic ob seiner Größe und Bedeutung im Markt längst reif für eine Rolle im BIU.

Der Vorstand des GAME-Bundesverband: Johannes Roth, Carsten Fichtelmann (bis August 2016), Ramak Molavi, Stefan Marcinek, Prof. Linda Breitlauch (Foto: GAME Bundesverband).
Der Vorstand des GAME-Bundesverband: Johannes Roth, Carsten Fichtelmann (bis August 2016), Ramak Molavi, Stefan Marcinek, Prof. Linda Breitlauch (Foto: GAME Bundesverband).

GAME Bundesverband: Duell mit dem BIU

Beide Verbände sind in Berlin beheimatet, in bester Lage unweit des Gendarmenmarkts zwischen Anwaltskanzleien und Schönheits-Chirurgen, in unmittelbarer Nähe zum Zentrum der Macht – also insbesondere zum für die Gamesbranche zuständigen Verkehrsministerium. Die Büros beider Verbände trennen zwar nur wenige hundert Meter Luftlinie, doch in der Wahrnehmung sind es Welten.

Das machen schon alleine die Zentralen deutlich. Derweil die Geschäftsstelle des GAME aus einem einzigen Vollzeitmitarbeiter besteht, hat der BIU das Marketing-, PR-, Marktforschungs- und Referenten-Team kräftig aufgestockt.

Auch die Marke „gamescom“ gehört dem BIU ganz alleine, wie unter anderem aus den Daten des Deutschen Patent- und Markenamts hervorgeht. Der Verband ist somit Herr über eine der weltweit wichtigsten Veranstaltungen im Games-Segment. Das damit einhergehende Selbstbewusstsein lässt sich an vielen Details ablesen.

Beispiel: der traditionelle Eröffnungsrundgang am Gamescom-Mittwoch, zu dem der GAME nicht eingeladen wird. Auf den offiziellen Presse-Fotos sieht man daher die Frau Oberbürgermeisterin, den KoelnMesse-Vorsitzenden, die Staatssekretärin aus dem Verkehrsministerium und den BIU-Geschäftsführer – aber eben niemand vom GAME.

Der BIU ist alleiniger Ausrichter der Gamescom - der GAME ist einer von vielen Partnern der Spielemesse (Foto: KoelnMesse).
Der BIU ist alleiniger Ausrichter der Gamescom – der GAME ist einer von vielen Partnern der Spielemesse (Foto: KoelnMesse).

GAME Bundesverband: Auf der Suche nach Sinn

Trotz aller Unterschiede und Differenzen sind die zwei Verbände in vielfältiger Weise miteinander verbunden – und somit eine Art Schicksalsgesellschaft. Beide organisieren und finanzieren den Deutschen Computerspielpreis (natürlich in unterschiedlicher Gewichtung), veranstalten gemeinsame Pitching-Workshops, stehen hinter der Stiftung Digitale Spielekultur und sind Träger der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK).

Keine Frage: Die Gründung der Servicegesellschaft ist ein unmissverständliches Signal, dass sich der GAME trotz des Abgangs relevanter Mitglieder noch lange nicht geschlagen gibt. Die Entscheidung zur Gründung der GmbH fiel offenkundig einstimmig – auch das ein Indiz für die derzeit vorhandene, nicht selbstverständliche Geschlossenheit innerhalb des Verbands.

Klar ist auch: Will der GAME Bundesverband wachsen und seinem Anspruch als Vertreter der Gamesbranche gerecht werden, muss er für die zahlenden Mitglieder zählbare Vorteile herausarbeiten, gerade mit Blick auf die Konkurrenz durch BIU.Dev und BIU.Net.

Die Service-GmbH kann dafür nur ein Auftakt sein.

GAME und BIU richten gemeinsam den Deutschen Computerspielpreis aus - hier zuletzt bei der Preisverleihung in der BMW Welt in München (Photo by Gisela Schober/Getty Images for Quinke Networks)
GAME und BIU richten gemeinsam den Deutschen Computerspielpreis aus – hier zuletzt bei der Preisverleihung in der BMW Welt in München (Photo by Gisela Schober/Getty Images for Quinke Networks)