Start Politik Drogenbeauftragte Mortler: Scharfe Kritik an Games-Branche – Update

Drogenbeauftragte Mortler: Scharfe Kritik an Games-Branche – Update

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Marlene Mortler (CSU) ist die Drogenbeauftragte der Bundesregierung (Foto: BPA/Denzel)
Marlene Mortler (CSU) ist die Drogenbeauftragte der Bundesregierung (Foto: BPA/Denzel)

Zum Ende ihrer Amtszeit attestiert die Drogenbeauftragte Marlene Mortler der Games-Branche, die Unternehmen hätten kein Interesse am Schutz vor Suchtgefahren.

Seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2014 arbeitet sich die Bundesdrogenbeauftragte an der Games-Branche ab, bislang ohne zählbare Ergebnisse. Im Vorfeld der Gamescom 2017 und kurz vor der Bundestagswahl weist Marlene Mortler (CSU) darauf hin, dass sie die hiesigen Spiele-Hersteller schon 2016 „auf die suchtfördernden Elemente von Spielen“ aufmerksam gemacht habe.

Geschehen sei jedoch nichts: Die Resonanz sei „leider ziemlich enttäuschend“, auch Gegenvorschläge habe es nicht gegeben.

Ihr bitteres Resümee gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: Die Branche habe kein sonderliches Interesse daran, ihr Publikum wirkungsvoller vor Suchtgefahren zu schützen.

Update vom 1. September 2017: BIU-Geschäftsführer Felix Falk hat die Vorwürfe von Marlene Mortler zurückgewiesen. Vielmehr habe die Bundesdrogenbeauftragte nicht auf die Einladung zur Gamescom 2017 reagiert.

Drogenbeauftragte Marlene Mortler: Exzessive Nutzung von Medien und Computerspielen steigt

Mortler leitet den Handlungsbedarf aus mehreren Studien ab. Nach Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) hat sich der Anteil von Computerspiel- und internetbezogenen Störungen bei Kindern und Jugendlichen gegenüber 2011 glatt verdoppelt.

Eine Studie der Krankenkasse DAK bestätigt den Trend: Demzufolge zeigen mehr als 8 Prozent der männlichen Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen zwischen 12 und 25 Jahren eindeutige Symptome von Suchtverhalten – etwa in Form von Entzugserscheinungen wie Aggressivität und Rückzug vom Alltag. Der Anteil der Mädchen und Frauen liegt mit 3 Prozent deutlich darunter.

Schon bei der Vorstellung der Studie mit dem formschönen Titel „Game Over“ kündigte Mortler Konsequenzen an. Unter anderem unterstützt sie die Forderung nach „schärferen Altersfreigaben“ und die Berücksichtigung des Suchtpotenzials. Die USK-Kennzeichen würden den Eindruck erwecken, Spiele „ab 0 Jahren“ seien bereits für Kleinkinder geeignet. Gleichzeitig fordert sie eine feinere Abstufung, damit 6- und 11jährige nicht länger in einen Topf geworfen würden.

Bereits Ende 2016 wies der damalige USK- und heutige BIU-Geschäftsführer Felix Falk diese Überlegungen zurück: „Mit einer Veränderung könnte eher Schaden angerichtet werden, wenn man Eltern damit verunsichert“. Zu vielschichtig seien die Faktoren, als dass sich dies in Form einer solchen Kennzeichnung verarbeiten ließe. Auch Falks Vorgänger Maximilian Schenk hielt Mortlers Ideen für „nicht realistisch“.

Games-Branche setzt auf Stärkung der Medienkompetenz

Wo Mortler Recht hat: Von der Games-Branche wird das Thema Sucht routinemäßig mit dem Hinweis auf die Stärkung von „Medienkompetenz“ von Kindern und Eltern abgeräumt – übersetzt: Broschüren drucken.

Aus Sicht der Bundesdrogenbeauftragten könnten die Spielehersteller proaktiv mehr tun. Im aktuellen Drogenbericht schreibt Mortler: „Die Spielewirtschaft muss ihrer Verantwortung bei diesem Thema gerecht werden und Computerspiele suchtmindernd gestalten (zum Beispiel durch die transparente Ausweisung von Geldausgaben in Euro anstatt in fiktiven Spielwährungen oder den Verzicht auf den Verlust von Spielitems oder dem Spielstatus bei längerer Abwesenheit). Fazit: Jugendschutz per Design muss zum Standard werden.“

Ein Blick nach China zeigt, wie dies gelingen kann: Der weltgrößte Spielehersteller Tencent (Supercell, Riot Games) hat auf Druck der Regierung Mechanismen in mehrere Free2play-Apps integriert, die unter anderem die Spielzeit bei Jugendlichen serienmäßig auf zwei Stunden pro Tag begrenzen.