Die Verbände beklagen einen „Rückschlag“ beim Deutschen Computerspielpreis – jetzt spricht die Jury-Vorsitzende: BMVI-Staatssekretärin Dorothee Bär.

[no_toc]Knapp drei Wochen ist es her, dass der Deutsche Bundestag der Empfehlung des Haushaltsausschusses gefolgt ist und die Mittel für den Deutschen Computerspielpreis 2017 (DCP) eingefroren hat. Entgegen des Antrags des federführenden Bundesverkehrsministeriums (BMVI) stehen statt 950.000 Euro „nur“ 525.000 Euro für Preisgelder und Award-Büro zur Verfügung.

Zudem soll sich die Games-Branche – sprich: BIU e. V. und GAME e. V. – „mindestens zur Hälfte“ an der Finanzierung beteiligen – eine Entscheidung, die bei den Verbänden für mittelschweres Entsetzen gesorgt hat.

Zwar hat die Einreichungsphase für den DCP 2017 bereits begonnen, allerdings ist Stand heute unklar, welche Summen bei der Verleihung im April 2017 in Berlin überhaupt ausgeschüttet werden.

Deutscher Computerspielpreis 2017: Dorothee Bär (CSU) und Johannes Kahrs (SPD) nehmen Stellung

Im Nachgang zum überraschenden Bundestagsbeschluss haben wir die Berliner Entscheidungsträger um Stellungnahmen gebeten, die uns mittlerweile vorliegen.

  • Kein anderer Politiker steht so sehr für den Deutschen Computerspielpreis wie Dorothee Bär (CSU). Die Bundestagsabgeordnete aus dem unterfränkischen Wahlkreis Bad Kissingen und Staatssekretärin im Berliner Bundesverkehrsministerium ist seit mehreren Jahren treibende Kraft hinter der Auszeichnung und zugleich Vorsitzende der Hauptjury. Bekannt wurde Bär auch als Mitorganisatorin der „Bundestags-LAN“ unter der Reichstagskuppel im März 2011.
  • Johannes Kahrs (SPD) ist der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und gleichzeitig Mitglied des Ausschusses für Verkehr und Digitale Infrastruktur sowie im Ausschuss für Kultur und Medien. Noch wenige Tage vor der Entscheidung ließ sich Kahrs mit den Worten zitieren, die Schaffung der „Internationalen Computerspiele-Sammlung Berlin-Brandenburg“ sei ein „international beachteter Leuchtturm für das Kulturgut Computerspiele.“

Dorothee Bär: „In der Politik läuft es nicht nach dem Prinzip ‚Wünsch dir was‘.“

GamesWirtschaft: Frau Staatssekretärin, bei seiner DCP-2016-Ansprache hat Minister Alexander Dobrindt angekündigt, dass sich „Ihr Haus dafür einsetzt, dass auch in den nächsten Jahren die Preisgelder weiter anwachsen. Teilen Sie die Einschätzung des BIU e.V. und des GAME e.V., dass es sich bei der jüngsten Entwicklung um einen „Rückschlag“ handelt?

Bär: Leider hat die Entscheidung des Haushaltsausschusses gezeigt, dass die
Computerspielbranche noch nicht so etabliert ist, wie ich mir das wünschen würde.

Natürlich setzen wir uns weiter dafür ein, dass die Preisgelder weiter anwachsen. Aber leider läuft es in der Politik nicht nach dem Prinzip ‚Wünsch Dir was‘. Für 2017 haben wir unverzüglich Gespräche mit den Verbänden GAME und BIU zur Finanzierung des Preises aufgenommen. Ansonsten heißt es jetzt, den Weg, den wir mit der Neuausrichtung des DCP 2015 begonnen haben, weiter zu gehen.

Bei gleicher Gelegenheit wurde auch verkündet, dass der Deutsche Computerspielpreis „in die Liga der großen Medienpreise“ gehört. Gilt dieses Bekenntnis auch mit Blick für die Folgejahre?

Uneingeschränkt. Ich freue mich schon sehr auf die nächste Gala.

Dorothee Bär: „Die Entscheidung hatte sich in der Form nicht abgezeichnet.“

Ist aus Ihrer Sicht das Risiko gestiegen, dass es in den kommenden Monaten zu keiner Einigung zwischen BMVI und der Games-Branche kommt, was Finanzierung und Ausgestaltung der DCP-Vereinbarung 2018-2020 anbelangt?

Wir sind aktuell mit den Verbänden in guten Verhandlungen über eine Verlängerung der Vereinbarung über 2017 hinaus. Wir verhandeln gemeinsam und wir geben die Ergebnisse auch gemeinsam bekannt.

Kam die Entscheidung des Haushaltsausschusses für Sie und Ihr Haus überraschend oder hat sich bereits frühzeitig abgezeichnet, dass Ihrem Antrag nicht zugestimmt wird?

Die Entscheidung hatte sich in der Form nicht abgezeichnet. Aber ganz so finster, wie von einigen behauptet, ist die Lage nicht. Wir dürfen nicht vergessen, dass seit Übernahme des DCP durch das BMVI das Budget des Bundes für den Preis um mehr als 100 Prozent angewachsen ist. Und jetzt werden wir daran arbeiten, Skeptiker zu überzeugen. Politik ist leider nicht nur Gala, sondern auch Kärrnerarbeit.

Sie sind das politische Gesicht des DCP und gelten als leidenschaftliche Unterstützerin der Games-Branche. Wie sehr trifft Sie die Entscheidung des Haushaltsausschusses auch persönlich?

Die Entscheidung ist im Haushaltsausschuss einstimmig getroffen worden, also mit den Stimmen aller Parteien. Computerspiele sind ein typisches Thema, das nicht entlang der Parteilinien diskutiert wird, sondern vor allem innerhalb der Parteien. Deshalb freue ich mich, hier mit einer Koalition der Digitalpolitiker gemeinsam für den DCP zu kämpfen. Und nachdem die Digitalisierung inzwischen von einem Randthema im Unterausschuss ‚Neue Medien‘ zu einem Riesenthema in der Politik geworden ist, bin ich zuversichtlich, dass wir hierauch weiterkommen. Ich selbst jedenfalls werde mich weiter für die deutsche
Computerspielbranche einsetzen.“

Johannes Kahrs: „Computerspiele sind förderungswürdiges Kulturgut.“

Johannes Kahrs MdB ist haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag (Foto: Frank P. Wartenberg)
Johannes Kahrs MdB ist haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag (Foto: Frank P. Wartenberg)

GamesWirtschaft: Herr Kahrs, aus welchen Gründen haben Sie und Ihre Fraktionskollegen dem BMVI-Entwurf bezüglich des Deutschen Computerspielpreisses 2017 nicht zugestimmt und stattdessen die Deckelung der BMVI-Beteiligung sowie die paritätische Preisgeldverteilung befürwortet? Und wie beurteilen Sie die Entscheidung des Haushaltsausschusses mit Blick auf die Ausgestaltung des DCP 2017?

Kahrs: Als wir vor drei Wochen im Haushaltsausschuss 400.000 Euro für die Internationale Computerspiele-Sammlung Berlin-Brandenburg bewilligt hatten, haben die Haushaltspolitiker der Koalition damit eindrücklich demonstriert, dass wir Computerspiele als förderungswürdiges Kulturgut ansehen und bereit sind, dies mit Mitteln des Bundes zu unterstützen.

Auch das Engagement des Bundes für den Computerspielpreis ist in den vergangenen Jahren gewachsen: standen 2014 und 2015 noch jeweils 250.000 Euro zur Verfügung, sind es 2016 und 2017 jeweils 525.000 Euro, also mehr als das Doppelte.

Allerdings war es den Berichterstattern für den Haushalt des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur aus systematischen Gründen wichtig, dass die bisher geltende Regelung beibehalten wird, nach der sich die Wirtschaft (mindestens) zu 50 Prozent an den Kosten des Preises beteiligen soll – eine Vorgabe, die offenbar im Vollzug 2016 bereits verfehlt worden war.

Da das BMVI nach meinen Informationen geltend machte, dass man den Verbänden keine Steigerung ihres Beitrages zumuten wolle, wurde der Ansatz für 2017 wieder so angesetzt wie der für 2016. Damit kann auch 2017 wieder ein überzeugender Mix aus Preisgeldern und einer angemessenen Gala finanziert werden.