Deck-13-Gründer Florian Stadlbauer wechselt von der Games- in die Finanzwelt (Foto: Deutscher Computerspielpreis, Montage: GamesWirtschaft).
Deck-13-Gründer Florian Stadlbauer wechselt von der Games- in die Finanzwelt (Foto: Deutscher Computerspielpreis, Montage: GamesWirtschaft).

„Ich will ein neues Abenteuer erleben“ – sagt Florian Stadlbauer im GamesWirtschaft-Interview. Der Gründer und langjährige Chef von Deck 13 wechselt in die Finanzbranche.

[no_toc]Ankh, Jack Keane, Venetica, TransOcean, Lords of the Fallen, demnächst The Surge: Mit Adventures und Action-Rollenspielen hat sich Deck 13 über Deutschland hinaus einen Namen gemacht. Das ist auch ein Verdienst von Florian Stadlbauer, der das Frankfurter Studio zusammen mit Jan Klose vor 15 Jahren gegründet und aufgebaut hat. Klose ist es auch, der zusammen mit Mathias Reichert ab sofort die Geschäfte führt.

Zwar bleibt Stadlbauer Deck-13-Gesellschafter, doch von der Games-Branche wird er sich zügig abnabeln. Seine Vorstandsposten in den Verbänden hat der promovierte Betriebswirt bereits aufgegeben. Über sieben Jahre lenkte er die Standortinitiative Gamearea Frankfurt Rhein-Main, fast vier Jahre trug er Verantwortung im Vorstand des GAME Bundesverbands.

GamesWirtschaft sprach mit Dr. Florian Stadlbauer über seine Beweggründe und beruflichen Pläne.

Update vom 22. September 2016: Die Commerz Real AG in Wiesbaden hat offiziell bestätigt, dass Stadlbauer die neu geschaffene Stelle des Head of Digitalization übernommen hat.

Florian Stadlbauer im Interview: „Ich wollte ein neues Abenteuer erleben.“

GamesWirtschaft: Florian, du hast zum 1. September den Geschäftsführer-Posten bei Deck 13 abgegeben. Womit befasst du dich zukünftig?

Stadlbauer: Ich bin ab sofort bei einem der größten Player aus der Banken-/Finanzbranche tätig und befasse mich dort in verantwortlicher Position mit dem Themenfeld der sogenannten Digitalisierung. Es geht zum Beispiel darum, einen barrierefreien Zugang auf jedwedem Endgerät zu schaffen. Und da dreht sich zunächst mal alles um die Frage: Was sind denn überhaupt Endgeräte der Zukunft und was muss heute in der Software und Infrastruktur getan werden, um sowas zu unterstützen? Ich denke da zum Beispiel an Dinge wie Virtual Reality oder Virtual Assistence.

Das sind Fragestellungen, mit denen wir uns beschäftigen – also schon sehr stark in die Zukunft gedacht, aber immer vor dem Hintergrund: Was bedeutet das für heute? Was muss heute geändert werden, um das möglich zu machen? Und was sind möglicherweise technologische Entwicklungen, die außerhalb des Unternehmens passieren und auf die man sich einstellen muss – Stichwort: disruptive Veränderungen, die ganze Branchen verändern. Und hier geht es darum, wie wir das vorantreiben können, anstatt dass sie andere vorantreiben.

GamesWirtschaft: Wie genau kam es zu diesem Schritt? Denn mit Spielen hat die neue Branche ja nur noch am Rande zu tun, richtig?

Stadlbauer: Die Branche ist nur bedingt was komplett Anderes. Denn auch bei Deck 13 hatten wir ja schon mit Branchen Kontakt, die nicht direkt aus der Videospielentwicklung kamen. Bei mir ist dadurch auch das Interesse entstanden, außerhalb der Videospielbranche an Projekten zu arbeiten.

Im Laufe des letzten Jahres habe ich mich entschlossen, mal einen Schritt nach außen zu wagen, neue Sachen kennen zu lernen, ein neues Abenteuer zu erleben. Das hat mich schlussendlich zu meiner neuen Aufgabe gebracht, wo ich zusammen mit einem zehnköpfigen Team den Aufbau einer sogenannten Digital Unit verantworte. Hier spielen auch Themen wie User-Experience und agile Software-Entwicklung eine große Rolle. Viele Dinge, die auch schon in meiner vorherigen Arbeit relevant und wichtig waren, stehen jetzt noch mehr im Fokus – allerdings eben nicht mehr im Bereich der Unterhaltungssoftware, sondern um die Produkte und Dienstleistungen bei meinem neuen Arbeitgeber weiter zu verbessern.

„Ich bleibe Deck 13 weiterhin sehr verbunden.“

GamesWirtschaft: Inwieweit bist du denn mit Deck 13 noch verbunden? Wie wir hören, bist du weiterhin als Gesellschafter dabei.

Stadlbauer: Genau. Ich bin als Gesellschafter noch an Bord. „Noch“ hört sich so an, als würde es kurzfristig eine andere Planung geben. Dies ist nicht der Fall. Ich bin dem Unternehmen weiterhin sehr, sehr verbunden.

Meine Entscheidung fußte nicht auf irgendwelchen Schwierigkeiten. Sondern weil ich für mich schon seit längerer Zeit gemerkt habe, dass ich mich in der Branche und auch in der Position nicht so weiter entwickle, wie ich mir das vorstelle. Daher habe ich für mich einen Entschluss gefasst und diesen vor einem Jahr mit Jan (Klose, Anm. d. Red.) besprochen. Wir haben dann im März den Mathias (Reichert, Anm. d. Red.) auch zum Geschäftsführer ernannt – das war natürlich alles vorbereitend für den jetzigen Schritt. Ich hab die Ämter der Verbandstätigkeiten niedergelegt – auch das hatte natürlich etwas direkt hiermit zu tun.

Ich bleibe Gesellschafter von Deck 13, bin aber nicht mehr operativ tätig. Jan und Mathias sind hervoragende Manager und haben ein ein sehr gutes Team. Meine Vorstellung geht eher dahin, den Leuten viele Freiheiten zu lassen, damit sie wirklich gut arbeiten können. Beide genießen mein absolutes Vertrauen.

„Ich gehe sehr schnell aus der Branche raus.“

GamesWirtschaft: Es wird also nicht mehr so sein, dass du dir Betas anschaust und sagst: „Also, diese Textur da hinten könnte nochmal überarbeitet werden…“

Stadlbauer: Nein, wie gesagt, ich bin aus dem Operativen komplett raus. Abgesehen davon habe ich mich mit diesen Dingen ohnehin nicht beschäftigt, denn ich war ja vor allem für die kaufmännischen Themen verantwortlich. Wenn es um strategische Fragestellungen geht, dann setzen wir uns zusammen und diskutieren darüber und finden dann eine gemeinsame Lösung.

Wobei ich mich da auch eher als denjeningen sehe, der informiert wird – und weniger als denjenigen, der maßgebliche Entscheidungen trifft. Ich gehe auch sehr schnell aus dem Markt und aus der Branche raus. Ich werde daher auch relativ schnell gar nicht mehr so das Verständnis dafür haben, ob ein Early-Access für einen bestimmten Titel die richtige Wahl oder ob man einen anderen Weg gehen sollte. Solche Fragen werde ich dann gar nicht mehr beantworten können, weil ich nicht eng dabei bin und deshalb überlasse ich das Operative ganz Jan und Mathias.

„Das ist eine rein persönliche Entscheidung.“

GamesWirtschaft: Gab es denn innerhalb der Games-Branche Entwicklungen, mit denen du dich nicht wohl gefühlt hast?

Stadlbauer: Nein, gar nicht. Ich bin der Games-Branche allein durch die Arbeit in den Verbänden extrem verbunden und hab da viel Freude daran. Nein, das ist eine rein persönliche Entscheidung.

Mich interessieren andere Themen, mich interessieren andere Branchen. Ich will weiterhin Abenteuer erleben. Ich hab jetzt 20 Jahre lang Videospiele entwickelt – und da waren viele Abenteuer dabei. Aber ich hab jetzt in den letzten vier, fünf Jahren gemerkt, dass sich einfach sehr viel für mich wiederholt – nach dem Projekt ist vor dem Projekt. Auch die Bedeutung der Projekte hat natürlich deutlich zugenommen, gerade mit Spielen wie Lords of the Fallen oder The Surge.

Ich möchte einfach ein paar andere Sachen kennenlernen, um frisch über Fragestellungen nachzudenken und weiter zu lernen. Das ist etwas, was ich in den vergangenen Jahren etwas vermisst habe.

Natürlich gab es auch die Überlegung, ob wir das innerhalb von Deck 13 aufbauen. Nur: Außer mir interessiert das da nicht so viele Leute – denn das Unternehmen umzukrempeln, obwohl es so gut dasteht, macht überhaupt gar keinen Sinn und dafür haben wir auch genug andere Themen auf der Agenda, wie zum Beispiel unseren Publisher-Zweig.

„Dass ich zur Gamescom 2017 komme, ist extrem wahrscheinlich.“

GamesWirtschaft: Es klingt so, als wäre das Kapitel Games für dich komplett abgeschlossen. Gab es dafür einen konkreten Auslöser oder ist die Erkenntnis eher im Lauf der Jahre gereift?

Stadlbauer: Einen Auslöser gab es da nicht. Das hat eher etwas mit meiner eigenen Lebensplanung und meinem universitären Hintergrund und meinen Vorstellungen vom Leben zu tun. Es hat sich eher so ergeben durch die Erfolge, die wir mit dem Unternehmen hatten.

Es war immer klar, dass mich auch andere Sachen interessieren. Schon während meiner Zeit in der Gamesbranche habe ich viele Dinge kennengelernt, die eben nicht explizit Games betrifft und die spannend und interessant sind. Bei meiner neuen Aufgabe gibt es natürlich trotzdem viele Themen, die mit Games verwandt sind. Und deshalb wird man mich auch hin und wieder bei Games-Veranstaltungen sehen – natürlich nicht so regelmäßig wie bisher.

Die GDC in San Francisco im nächsten Jahr ist nicht geplant. Dass ich zur Gamescom 2017 komme, halte ich hingegen für extrem wahrscheinlich. Zwar dann in anderer Funktion. Aber um das auch zu sagen: Ich habe hier eben eine Samsung Gear VR in der Hand, die neben mir hier auf dem Schreibtisch liegt – wir reden über Experience, wir reden darüber, wie der Nutzer begeistert werden kann. All das ist natürlich sehr nah zu dem, was in der Videospielbranche relevant ist.

Also: Es war ein total bewusster Schritt – und er hat auch was damit zu tun, dass Deck 13 einfach in einer Phase ist, wo das Unternehmen sehr reif ist, wo wir das Unternehmen sehr weit aufgebaut haben, so dass dieses „Baby“ auch ohne mich laufen kann.

GamesWirtschaft: Vielen Dank für das Gespräch – und toi toi toi für die künftigen Unternehmungen.