Start Marketing & PR PietSmiet: „Kennzeichnen lieber zu viel als zu wenig.“

PietSmiet: „Kennzeichnen lieber zu viel als zu wenig.“

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Jonathan Apelt, Dennis Brammen, Christian Stachelhaus, Sebastian Lenßen und Peter Smits von PietSmiet (Fotos: Andreas
Jonathan Apelt, Dennis Brammen, Christian Stachelhaus, Sebastian Lenßen und Peter Smits von PietSmiet (Fotos: Andreas "EOSAndy" Krupa)

Mehr Transparenz, deutlichere Hinweise auf Sponsorings: Letsplay-König Peter Smits von PietSmiet zeigt Verständnis für den Vorstoß von Electronic Arts – aber: „Gleichzeitig nervt es mich.“

[toc]Wer als Youtuber, Promi, Journalist oder anderweitiger Influencer mit Electronic Arts (Battlefield 1, FIFA 17, Mass Effect: Andromeda) zusammenarbeitet und dafür Geld oder anderweitige Leistungen erhält, muss dies ab sofort transparenter kenntlich machen. Dies gilt zum Beispiel dann, wenn EA das Testmuster zur Verfügung stellt, die Flugkosten zu einer Messe übernimmt oder für Unboxing-Videos zahlt. Denn geschieht dies nicht oder unzureichend, hätte man es mit verbotener Schleichwerbung zu tun – gelebter Alltag auf Youtube, bei Twitch, Snapchat oder Facebook.

Dass es sich hier keineswegs um Lappalien oder Kavaliersdelikte handelt, zeigt der Fall von PewDiePie: Der Youtube-Star hatte seine Fans im Unklaren gelassen, dass er und andere Influencer für die positive Besprechung von Spielen sechsstellige Beträge von Warner Bros. kassierten. Erst die US-Handelsaufsicht FTC hatte den Fall aufgedeckt und gegen ihn ermittelt. Nach Ansicht der FTC reicht es nicht aus, wenn auf die Bezahlung in Infoboxen hingewiesen wird, da dies zum Beispiel bei einer Video-Einbindung auf Facebook oder Websites nicht angezeigt wird.

Gesetzgeber fordert: Reklame muss „als solche leicht erkennbar sein.“

Auch in Deutschland gilt: Sobald Geld fließt oder ein Unternehmen geldwerte Leistungen gewährt, muss dies gekennzeichnet werden – egal ob es sich um ein Facebook-Posting, ein Instagram-Foto, einen Tweet oder ein Letsplay handelt. Gängige Formulierungen lauten „Unterstützt von…“, „Werbesendung“, „Unterstützt durch Produktplatzierung“, „Sponsored by“, „Powered by“ oder in entwaffender Ehrlichkeit schlicht „Werbung“ oder „Anzeige“.

Rapper Eko Fresh hat fast 1 Million Facebook-Fans und kennzeichnet Promo-Postings mit dem Hashtag #sponsored.
Rapper Eko Fresh hat fast 1 Million Facebook-Fans und kennzeichnet Promo-Postings mit dem Hashtag #sponsored.

Der Gesetzgeber fordert, dass Reklame „als solche leicht erkennbar“ und vom übrigen Inhalt abgesetzt sein muss. Es hat also Gründe, wenn Medienprofis wie der Rapper Eko Fresh mit Hashtags wie #sponsored darauf hinhweisen, dass Activision für Postings und Auftritte im Zusammenhang mit dem „Call of Duty Freundschaftsspiel“ bezahlt.

Reaktionen auf EA-Influencer-Regelung: „Ein Nicht-Problem“

Im Nachgang zur Ankündigung von Electronic Arts hat GamesWirtschaft die größten Spiele-Publisher des Landes kontaktiert und sie nach ihrer Einschätzung befragt.

Ergebnis: So gut wie alle Publisher haben eigene Richtlinien, unter welchen Voraussetzungen Letsplays und deren Monetarisierung (= Werbe-Einblendungen) zulässig sind. Darin ist zum Beispiel geregelt, dass die Musik nicht herausgelöst und für andere Zwecke verwendet werden darf. Oder dass keine Spielszenen vor dem amtlichen Release-Termin ohne ausdrückliche Erlaubnis online gehen dürfen. Bei Zuwiderhandlung behalten sich Publisher wie Ubisoft vor, die Videos löschen zu lassen – und die Richtlinien jederzeit und aus beliebigem Grund zu ändern.

Bei bezahlten Promotions (hier ein Gears-of-War-4-Video von Lusor Koeffizient) lässt Microsoft den Hinweis "Werbevideo" integrieren.
Bei bezahlten Promotions (hier ein Gears-of-War-4-Video von Lusor Koeffizient) lässt Microsoft den Hinweis „Werbevideo“ integrieren.

Davon abgesehen halten 9 von 10 Herstellern die geltenden Bestimmungen für ausreichend und sehen keinen Handlungsbedarf mit Blick auf die Kennzeichnung von gesponsorten Inhalten. Dies liege in der Verantwortung von Youtubern und Influencern – wer sich unsicher sei, wird auf die Flyer der Landesmedienanstalten verwiesen.

Mehrfach war gar von einem „Nicht-Problem“ die Rede, da die Kennzeichnung ja ohnehin gesetzlich geregelt sei. O-Ton: „BMW sagt seinen Kunden ja auch nicht, dass man an roten Ampeln anhalten muss.“

Mitarbeiter internationaler, börsennotierter Konzerne wie Microsoft legen darüber hinaus von Haus aus großen Wert auf die Einhaltung sogenannter Compliance-Regelungen. Diese meist sehr strengen firmen-internen Vorgaben dienen dazu, bereits den Anschein der Bestechung von Geschäftspartnern, Politikern, Journalisten oder Youtubern zu vermeiden – und sei es in Form von Kleinigkeiten wie einer Komm-lass-stecken-die-Currywurst-zahl-ich-Gefälligkeit. Im Einzelfall werden Influencer darauf hingewiesen, falls eine Kennzeichnung nicht ausreicht.

Peter Smits von PietSmiet (Foto: Andreas "EOSAndy" Krupa)
Peter Smits von PietSmiet (Foto: Andreas „EOSAndy“ Krupa)

Peter Smits von PietSmiet: „Publisher-Vorgaben sind sehr unüblich.“

Tagtäglich mit dem Themenkomplex „Kennzeichnung“ zu tun hat das PietSmiet-Quintett, bestehend aus Peter Smits, Jonathan „Jay“ Apelt, Dennis Brammen, Christian Stachelhaus und Sebastian Lenßen. Die fünf jungen Männer gehören zu den bekanntesten und einflussreichsten Influencern in Deutschland (allein über 2 Millionen Youtube-Abonnenten) und sind demnächst live im Rahmen der Spendenaktion Friendly Fire 2 und im April auf der Bühne der Arcade One in Dortmund zu erleben ist. Ihre Spezialität: Letsplays.

Im GamesWirtschaft-Interview erklärt PietSmiet-Geschäftsführer Peter Smits, wie er und seine Kollegen die Kennzeichnung in der Praxis handhaben.

GamesWirtschaft: Peter, ihr ladet Tag für Tag im Schnitt ein halbes Dutzend Videos hoch und streamt darüber hinaus live. Ist es üblich, dass Kooperationspartner oder Publisher konkrete Vorgaben oder zumindest lose Empfehlungen aussprechen, wie Letsplay, Vlogs, Behind-the-scenes oder Gastauftritte gekennzeichnet werden müssen? Oder bleibt das komplett euch überlassen?

Smits: Es ist sehr unüblich, dass Publisher mit solch konkreten Vorgaben der Kennzeichnung auf uns zu kommen wie jetzt Electronic Arts. Manche Kunden wünschen explizit eine Kennzeichnung, überlassen die Form aber uns. Die Verantwortung für eine korrekte Kennzeichnung liegt ja auch bei uns, weshalb das Thema nicht häufig zur Sprache kommt. Es ist noch nie vorgekommen, dass sich ein Kunde wegen unserer Form der Kennzeichnung beschwert hätte oder gar verlangte, komplett auf die Kennzeichnung zu verzichten.

PietSmiet: „Kann das verstehen, gleichzeitig nervt es mich.“

GamesWirtschaft: Geht ihr davon aus, dass der Initiative von EA weitere Hersteller folgen oder vertretet ihr die Auffassung, dass die gesetzlichen Vorgaben reichen?

In Infoboxen und im Video selbst weist PietSmiet darauf hin, wenn ein Hersteller Hardware kostenlos zur Verfügung stellt.
In Infoboxen und im Video selbst weist PietSmiet darauf hin, wenn ein Hersteller Hardware kostenlos zur Verfügung stellt.

Smits: Die gesetzlichen Vorgaben sollten eigentlich absolut ausreichen, jedoch wird die Durchsetzung nicht ernst genug genommen. Der Grund für die Initiative von Electronic Arts ist ja, dass zu viel Schindluder betrieben wurde.

EA hat verständlicherweise keine Lust, mit falsch gekennzeichneten Produktplatzierungen in Verbindung gebracht zu werden und sieht sich durch die fehlende Durchsetzung gesetzlicher Vorgaben dazu gezwungen den eigenen Namen durch diese Initiative zu schützen.

Ich persönlich kann das verstehen, aber gleichzeitig nervt es mich. Wenn andere Publisher dem Beispiel folgen, haben wir demnächst bei jeder Zusammenarbeit eine andere Kennzeichnung – was Mehraufwand bedeutet und Zuschauer verwirren könnte. Und das alles nur, weil einige schwarze Schafe der Meinung sind, sie stünden über dem Gesetz.

PietSmiet: „Wir kennzeichnen lieber zu viel als zu wenig.“

GamesWirtschaft: Wie regelt ihr das eurerseits? Gibt es eine Art Guide, wie ihr eure Beiträge kennzeichnet – insbesondere solche, bei denen ein Kooperationspartner Auftritte, Flüge und Hotel vergütet, also im Rahmen von Messen, Events, Anspielterminen, Galas, Preisverleihungen, Filmpremieren etc.?

Smits: Wir kennzeichnen mittlerweile lieber zu viel als zu wenig. Leider gibt es in vielen Punkten noch sehr viel Unsicherheit. So sind wir laut Landesmedienanstalten dazu verpflichtet, darauf hinzuweisen, wenn uns ein Spiel vom Hersteller gestellt wird. Das machen wir auch mittlerweile, gehören damit aber zur Ausnahme auf Youtube und fragen uns, warum selbiges nicht auch für Spiele-Magazine gilt.

Unsere Community hat aber großes Verständnis, wenn wir zum Beispiel auf Kosten eines Publishers zur E3 fliegen: Natürlich ist es unwirtschaftlich, für drei Videos von der Messe nach Los Angeles zu fliegen. Ohne Partner würden viele Videos nicht zustande kommen und die Zuschauer freuen sich über exklusive Inhalte. Das schafft eine große Akzeptanz gegenüber Produktplatzierungen, weshalb wir auch kein Problem haben, Kooperationspartner offen zu kommunizieren. Ein „Guide“ ist in so einem kleinen Team aber nicht nötig. Da weiß jeder, was wie zu kennzeichnen ist.

GamesWirtschaft: Ist die fehlende/unzureichende Kennzeichnung aus eurer Sicht überhaupt ein „Problem“? Oder geht es hier im Wesentlichen um das Thema Vertrauen, das die Community einem Youtuber/Streamer entgegenbringt?

Smits: Jedes Mal, wenn es einen neuen „Skandal“ rund um Kennzeichnung und Youtube gibt, steigt das Misstrauen. Das erleben auch wir direkt. Es wurde uns schon vereinzelt fehlende Kennzeichnung bei Videos vorgeworfen, bei denen wir mit niemandem zusammen gearbeitet haben. Das ist schon bescheuert. Deswegen hoffen wir auf einheitliche Vorgaben, die tatsächlich durchgesetzt werden – dann profitieren der Kunde, YouTuber und die Community.

GamesWirtschaft: Vielen Dank, Peter.